Vogel wünscht sich mehr Unterstützung der Kirche für die CDU

"Das 'C' hängt nicht allein am Kirchenbesuch"

Der Ehrenvorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel (CDU), wünscht sich für die Unions-Parteien mehr Rückendeckung von den Kirchen. Es sei bedauerlich, dass die Bischöfe keine Hirtenbriefe mit konkreten politischen Wahlempfehlungen mehr schreiben würden, meint Vogel im Interview.

 (DR)

KNA: Herr Vogel, immer wieder hat die CDU in den zurückliegenden Jahren über das christliche Profil diskutiert. Zuletzt hat Erwin Teufel eine "C"-Debatte angestoßen. Ist das "C" die offene Wunde der Partei geworden?

Bernhard Vogel: Diese Diskussionen sind nicht schädlich, sondern außerordentlich nützlich. Dass man sich immer wieder mit dem "C" befasst, zeigt, wie wichtig es ist. Das "C" ist für uns ein Stein des Anstoßes, und das soll es auch sein. Die Äußerungen meines Freundes Erwin Teufel begrüße ich. Doch es reicht nicht, sich nur über das christliche Menschenbild zu verständigen. Wir müssen auch begreifen, dass sich die Zeit verändert hat. Wir können uns nicht in vergangene Zeiten zurückträumen. Neue Fragen brauchen neue Antworten. Dazu gehört ein Grundsatzprogramm, aber auch Pragmatismus.



KNA: Ist die CDU konservativ oder nicht?

Vogel: Konservativ allein reicht nicht. Wir sind wertkonservativ, aber nicht reaktionär. Reaktionär heißt, an Altem bedingungslos festzuhalten. Wertkonservativ heißt, zu prüfen, ob das Neue besser ist als das Alte.



KNA: Ist der CDU etwa beim Thema Lebensschutz das "C" nicht längst verloren gegangen?

Vogel: Keineswegs, das "C" darf uns nicht verloren gehen, das ist unser Fundament. Konkret hat im Bundestag die Mehrheit der Unionsabgeordneten etwa gegen Präimplantationsdiagnostik (PID) votiert. Auch beim Parteitag gab es eine, wenn auch knappe, Mehrheit gegen PID. Selbstverständlich darf es in der Volkspartei CDU auch andere Stimmen geben.



KNA: Sie sind persönlich auch über die Kirche in die Politik gekommen. Heute spricht in der Union kaum einer vom Glauben, sondern es ist allenfalls von einem abstrakten christlichen Menschenbild die Rede. Fehlt da inzwischen etwas?

Vogel: Das ist leider eine schlichte Realität. Es gab eine Zeit, als 50 Prozent der Katholiken sonntags in die Kirche gingen. Diese 50 Prozent waren gleichzeitig ein wesentlicher Wählerstamm der Union. Jetzt gehen nur noch zehn oder 15 Prozent in den Gottesdienst. Und Hirtenbriefe, die sagen, was man zu wählen hat, gibt es auch nicht mehr.



KNA: Bedauern sie das? Hätte die CDU gerne mehr Rückendeckung von den Kirchen?

Vogel: Natürlich bedauere ich das. Aber ich bin Realist und muss es zur Kenntnis nehmen. Ich wünsche mir, dass wir Christen mehr auf die Kirche hören und dass die Kirche ihre christlichen Laien ernster nimmt.



KNA: Das "C" ist sperrig geworden. Taugt es in der säkularisierten Gesellschaft noch als Markenzeichen?

Vogel: Das "C" ist nur dann sperrig, wenn wir meinen, es hinge allein am Kirchenbesuch. Die Botschaft der christlichen Soziallehre ist wesentlich breiter angelegt. Beispiel dafür ist eben auch unser Engagement für ein Europa, das insbesondere vom Christentum geprägt ist.



KNA: Was kann denn der Besuch von Papst Benedikt XVI. für die deutsche Politik bedeuten?

Vogel: Das ist ein wichtiges Datum. Ich persönlich freue mich auf den Papst. Aber ich weiß auch, ein deutscher Papst in Deutschland hat es schwerer, als ein Papst aus einem anderen Herkunftsland. Ich wünsche mir, dass er Position bezieht, aber dass er auch ganz genau zuhört, was ihm die Deutschen zu sagen haben.



KNA: Glauben Sie, der Papst würde CDU wählen?

Vogel: Der Papst ist Oberhaupt eines souveränen Staates und wählt nicht anderswo. Deswegen kann ich ihm nichts raten. Aber solange er als Professor in Deutschland gelebt hat, so denke ich, dürfte er CDU beziehungsweise CSU gewählt haben.



Das Interview führte Volker Resing.