Htar Htet Htet hat Glitter und Glamour mit Tarnanzug und Sturmgewehr vertauscht. Die 32 Jahre alte ehemalige Schönheitskönigin aus Myanmar ist in die Gebiete der ethnischen Minderheiten an der Grenze zu Thailand geflohen, wo sie sich dem bewaffneten Widerstand gegen die Junta angeschlossen hat. "Es ist an der Zeit, zurückzuschlagen", schreibt die Fitnesstrainerin auf Facebook."
Eine Revolution
Die "Bewegung für zivilen Ungehorsam" (CDM) hatte vor einem Monat zum Neujahrsfest in Myanmar die "Frühlingsrevolution" ausgerufen. Das war mehr als nur eine weitere euphemistische Bezeichnung für eine der vielen friedlichen und kreativen Protestaktionen der Bevölkerung von in dem südostasiatischen Staat gegen den Sturz der demokratischen Regierung von Aung San Suu Kyi durch das Militär am 1. Februar.
"International ist es noch nicht klar geworden, dass es längst nicht mehr um Widerstand geht. Sondern es geht um eine Revolution, um ein für allemal die Herrschaft des Militärs zu beenden", kommentiert ein westlicher Diplomat in der Hauptstadt Yangon das Geschehen in einem Telefonat mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Revolten gegen die Herrschaft des Militärs
Revolten gegen die Militärherrschaft hat es in Myanmar seit dem Putsch von General Ne Win 1962 mehrfach gegeben. Doch der Studentenaufstand von 1988 wurde von den Soldaten ebenso blutig niedergeschlagen wie 2007 die "Safran-Revolution" buddhistischer Mönche. Nach dem Putsch 1962 formierten die unterdrückten ethnischen Minderheiten eigene Kampfverbände; nach 1988 gründeten Tausende junge Menschen die bewaffnete "All-Burma Students' Democratic Front" (ABSDF). Keine dieser Bewegungen und Milizen gelang jedoch der Sieg über die Armee von Myanmar.
Jetzt scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Wie Htar Htet Htet haben sich Tausende Regimegegner in die von den Milizen der ethnischen Minderheiten kontrollierten Gebiete begeben, um gegen das Militärregime zu kämpfen. Die Ära der Verständigung sei vorbei, umschrieb Beobachter Naing Kit Ende April die Lage in einer Analyse für das unabhängige Portal Irrawaddy. Das Ziel eines Dialogs mit dem Militär werde von vielen nicht mehr geteilt.
Täglich Nachrichten über Gewalt
Denn täglich gibt es neue Nachrichten über Gewalt: friedliche Demonstranten werden erschossen, Demokratieaktivisten bei Nacht und Nebel gewaltsam aus ihren Wohnungen verschleppt. Tausende Menschen wurden seit dem Putsch verhaftet. Gleichzeitig befindet sich die Wirtschaft im freien Fall, das Bankensystem steht vor dem Kollaps, immer mehr Bürger des Landes hungern. Trotzdem gehen die Demonstrationen und Proteste weiter.
Das Zentrum des Landes, Heimat der ethnischen Mehrheit der Bama, ist im Osten, Norden und Westen von Gebieten umgeben, die unter Kontrolle der "Ethnischen Bewaffneten Organisationen" (EAOs) der Karen, der Kachin und der Shan stehen. Zehntausende Flüchtlingen suchen im Dschungel, in Tempeln und Kirchen Schutz vor den Kämpfen zwischen den Milizen und der Armee.
"Es geht um alles oder nichts"
"Die Armee kämpft einen Mehrfrontenkrieg. Der Widerstand setzt auf eine Zermürbungstaktik", sagt der westliche Diplomat, der aus Sicherheitsgründen ungenannt bleiben will, der KNA. Derweil würden die in die ethnischen Gebiete geflohenen jungen Leute für den asymmetrischen Kampf, also Anschläge und Guerillaeinsätze, ausgebildet. "Die Junta sitzt noch am längeren Hebel, keinesfalls aber fest im Sattel."
Dieser "asymmetrische Kampf" hat längst begonnen. Immer wieder explodieren seit einigen Wochen in Yangon vor Gebäuden von Behörden Sprengkörper. Attentate auf Anhänger der Junta nehmen zu, während die EAOs dem Militär einige empfindliche Verluste beibringen konnten. Flankiert wird der bewaffnete Kampf durch Streiks sowie eine Kampagne der Nichtregierungsorganisation "Justice for Myanmar" gegen Joint Ventures internationaler Konzerne mit den Unternehmenskonglomeraten MEHL und MEC der Armee. "Damit soll die Junta finanziell ausgehungert werden", so der Diplomat. Zum Nachgeben sei keiner der Konfliktparteien bereit: "Es geht um alles oder nichts."