Volles Programm für Papst Benedikt XVI. am letzten Tag seines Österreich-Besuchs

Stephansdom, Heiligenkreuz, Rom

Am letzten Tag seines Österreich-Besuchs hat Papst Benedikt XVI. bei einer Heiligen Messe im Stephansdom vor einem "Verrat" des Sonntags als christlicher Wochenfeiertag gewarnt: "Ohne den Herrn und ohne den Tag, der ihm gehört, gerät das Leben nicht." (Predigt zum Nachlesen und Nachhören) Am Nachmittag besuchte er die Zisterzienserabtei Heiligenkreuz, anschließend traf er Ehrenamtliche (Ansprache zum Nachhören). Am Abend wurde der Heilige Vater am Flughafen feierlich verabschiedet (Abschiedsrede zum Nachlesen und Nachhören).

 (DR)

Papst: Nächstenliebe ist nicht delegierbar
Papst Benedikt XVI. hat die letzte Station seiner Österreich-Reise für eine Begegnung mit Ehrenamtlichen genutzt. Im Wiener Konzerthaus lobte er am Sonntagabend vor rund 1.800 Repräsentanten kirchlicher und ziviler Organisationen "die ausgeprägte 'Kultur der Freiwilligkeit' in Österreich". Vor allem den Jugendlichen dankte er für ihr gesellschaftliches Engagement.

Menschen allen Alters leisteten mit ehrenamtlicher Arbeit einen "Beitrag zum Aufbau einer Zivilisation der Liebe, die allen dient und die Heimat schafft", betonte der Papst bei dem Festakt, an dem auch Staatspräsident Heinz Fischer mitwirkte. Ungerührtheit angesichts von fremder Not bezeichnete Benedikt XVI. als Teil der "Kälteströme der Gegenwart".

Papst bestärkt Klosterkultur Österreichs
Beim Besuch der österreichischen Zisterzienserabtei Heiligenkreuz hatte Benedikt zuvor die Ordensleute in ihrem Dienst bestärkt. Sie bezeugten in ihrem täglichen Beten, dass die urmenschliche Sehnsucht nach Sinn nicht ins Leere gehe, sagte der Papst am Sonntagnachmittag bei der halbstündigen Visite in der traditionsreichen Abtei südwestlich von Wien. Das Stift Heiligenkreuz wurde 1133 gegründet. Es ist das älteste durchgehend bestehende Zisterzienserkloster der Welt. In dem Kloster leben derzeit 78 Ordensleute, die höchste Zahl seit 200 Jahren.

Mehrere tausend Menschen erwarteten teils seit den Morgenstunden die Ankunft des Papstes. Abt Gregor Ulrich Henckel-Donnersmarck begrüßte Benedikt XVI. am Portal der Klosterkirche. Auf dem Weg in den Chorraum begrüßte das Kirchenoberhaupt auch den emeritierten Heidelberger Neutestamentler Klaus Berger, als er ihn unter den Anwesenden erblickte.

"Österreich ist, wie man doppelsinnig sagt, wahrhaft 'Klösterreich'", sagte der Papst. Die Christen des Landes rief er auf, die alten Stifte und Klöster als Orte geistlicher Kraft und Quellen der Nähe Gottes wahrzunehmen. Keinesfalls dürften Ordenshäuser auf "Kultur- und Traditionsträger oder gar bloße Wirtschaftsbetriebe" reduziert werden. "Struktur, Organisation und Ökonomie sind auch in der Kirche notwendig, aber sie sind nicht das Wesentliche", so das katholische Oberhaupt.

Benedikt XVI. legte den Ordensleuten, Priestern und Diakonen die pflichtgemäße Erfüllung des Breviergebets ans Herz. "Ich weiß, dass es Disziplin braucht, ja mitunter Überwindung kostet, das Brevier zu beten", sagte der Papst. Doch wo Gott gelobt und angebetet werde, bleibe sein Segen nicht aus.

Kritik an zu viel liturgischem Gestaltungswillen
Nachdrücklich wandte sich Benedikt XVI. gegen übertriebene Gestaltungsfreude im Gottesdienst: "Wo immer man bei liturgischen Besinnungen nur darüber nachdenkt, wie man Liturgie attraktiv, interessant, schön machen kann, ist Liturgie schon verfallen." Der Stil des gottesdienstlichen Feierns müsse auf Gott konzentrieren und "Ausdruck der Schönheit und Erhabenheit" Gottes sein, so der Papst.

Mit Blick auf die Theologische Hochschule des Stifts verlangte Benedikt XVI. mehr "kniende Theologie". Das Bemühen um die Zuerkennung von Wissenschaftlichkeit dürfe nicht dazu führen, dass der Theologie der "Atem des Glaubens" ausgehe. "So wie die Liturgie, die den Blick auf Gott vergisst, als Liturgie am Ende ist, so hört auch eine Theologie, die nicht mehr im Raum des Glaubens atmet, auf, Theologie zu sein", warnte er. Gott sei nie nur Objekt der Theologie, sondern immer auch ihr lebendiges Subjekt. Daher gehöre zur wissenschaftlichen Intellektualität auch gelebte Frömmigkeit.

Die Philosophisch-Theologische Hochschule für die Priesterausbildung wurde 1802 bei der Abtei eingerichtet. Im Januar 2007 erhielt sie den Rang einer Päpstlichen Hochschule und trägt künftig den Namen von Benedikt XVI. An dem Institut sind derzeit mehr als 160 Studierende eingeschrieben.

Gottesdienst am Morgen
Beim Gottesdienst am Morgen kritisierte der Papst, der Sonntag habe sich in den westlichen Gesellschaften zum Wochenende und zur bloßen Freizeit gewandelt. "Wenn die freie Zeit nicht eine innere Mitte hat, von der Orientierung fürs Ganze ausgeht, dann wird sie schließlich zur leeren Zeit."

Benedikt XVI. unterstrich auch die ökologische und soziale Dimension des Sonntags. Christen sähen im Auferstehungstag Christi den ersten Tag der Schöpfung und damit das "wöchentliche Schöpfungsfest der Kirche". Angesichts der menschlichen Bedrohung der Umwelt sollten sie diese Dimension bewusst aufnehmen. Der Sonntag im religiösen Sinn lasse auch die "Freiheit und Gleichheit aller Geschöpfe Gottes" spüren, sagte der Papst und erinnerte auch an die Tradition des jüdischen Sabbat als strikter Ruhetag.

"Gib der Seele ihren Sonntag"
Die Teilnahme an der Sonntagsmesse sei für Christen "nicht ein Gebot, sondern eine innere Notwendigkeit", so der Papst. Er erinnerte an frühkirchliche Glaubenszeugen, die für die Feier des Sonntags in den Tod gegangen seien. "Wir brauchen diese Begegnung, die uns zusammenführt, die uns einen Raum der Freiheit schenkt, uns über das Getriebe des Alltags hinausschauen lässt auf die schöpferische Liebe Gottes, aus der wir kommen und zu der wir gehen."

Benedikt XVI. betonte, Freizeit sei "gerade in der Hetze der modernen Welt gewiss etwas Schönes und Notwendiges". Auf den Gottesdienst als Mitte des Sonntag zu verzichten, würde aber "dem Leben selbst seinen Grund nehmen, seine innere Würde und seine Schönheit". Der Papst zitierte ein Wort des Münchener Kardinals Michael von Faulhaber (1869-1952): "Gib der Seele ihren Sonntag, gib dem Sonntag seine Seele."

Auch Kardinal Christoph warb für den Sonntagsschutz. Es gelte, den Wochenfeiertag "gegen verschiedene Aushöhlungstendenzen zu verteidigen". So hätten sich der Österreichische Gewerkschaftsbund, Vertreter aus Wirtschaftskreisen und katholische Organisationen und Verbände zu einer "Allianz für den Sonntag" zusammengeschlossen.

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