Ich bin kein Mann für faule Kompromisse. Beim Schutz des menschlichen Lebens, da gibt es für mich überhaupt keine Kompromisse. Ganz egal, ob am Beginn oder am Ende des Lebens. Für mich steht fest: Wir dürfen dem Schöpfer unseres Lebens nicht ins Handwerk pfuschen. Und dann höre ich: "Aber Herr Kardinal, bei den Präna-Tests, da können wir doch mit höchster Zuverlässigkeit vorhersagen, ob die Kinder genetische Abweichungen haben. Die Eltern wollen doch wissen, ob ihr Kind Trisomie hat!"
Ja, unsere Fortschritte bei der genetischen Früh-Diagnostik in der Schwangerschaft, die sind bewundernswert. Gerade dann, wenn sie helfen, das Leben von Mutter und Kind zu schützen. Aber zur Wahrheit gehört doch auch, dass immer mehr Eltern enorm unter Druck geraten, wenn sie solchen Präna-Tests bewusst eine Absage erteilen. Auf Kinder mit Behinderung möchte man in unserer "schönen neuen Welt" doch am liebsten ganz verzichten. Immer mehr scheint medizin-technisch möglich. Schon bald wird es bei Eltern vielleicht nicht mehr nur den "Wunsch nach Kindern" geben. Wer es sich finanziell leisten kann, der lässt sich zukünftig vielleicht einfach sein "Wunschkind" machen?
Nein – ich hab nichts gegen Fortschritte in der Medizin, ganz im Gegenteil! Aber ich möchte nicht ein einer Welt leben, in der wir Menschen nur noch optimiert werden. In einer Welt, wo zwischen lebenswertem und lebensunwertem menschlichen Leben unterschieden wird. "Euer Ja sei ein Ja", so lautet die eindeutige Aufforderung Jesu. Und ich sage "Ja" zum Leben. Vom Beginn an bis zum Tod am Ende. In diesem Sinne bin ich gerne ein radikaler Lebensschützer. Denn wir müssen jedes menschliche Leben schützen. Das sind wir dem Schöpfer unseres Lebens schuldig!
Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln