DOMRADIO.DE: Es soll auch mal ein Billiard-Zimmer im Vatikan gegeben haben. Stimmt das?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Nicht im Vatikan, sondern im Apostolischen Palast von Castel Gandolfo. Da haben wir im 19. Jahrhundert wirklich fast fanatische Billiardspieler unter den Päpsten gehabt. Wir wissen sicher, dass Pius VII. (1800-1823) das Billiardspielen nach Castel Gandolfo gebracht hat.
Es gibt dort im Palast ein eigenes Billardzimmer mit einem Billardtisch. Und wir wissen aus Berichten, dass der Papst ein begeisterter Billardspieler war und auch Gäste und die Prälaten, die ihn umgaben, einlud. Zum Beispiel der Botschafter des Königreichs Sardinien, Cesare D'Azeglio, der war mit seinen Söhnen da und dann hat man fast mehr Zeit im Billardzimmer verbracht als im Gespräch um politische Angelegenheiten.
Der Sohn Massimo D'Azeglio, ein berühmter Politiker und Maler, hat später berichtet, dass der Papst mit seinem sehr langen schwarzen Haar, dem weißen Käppi und dann mit dem Queue auf dem Billardtisch sehr beeindruckend, aber auch sehr nah gewesen sei.
Einer seiner Nachfolger, Gregor XVI., ein sehr strenger Papst, ein Mönch, hat dann einmal dieses Zimmer betreten, hat den Billardtisch gesehen und gefragt, was das eigentlich sei. Dann hat man ihm das gezeigt und dann war auch dieser strenge Papst auf einmal ein Billardspieler.
Aber der größte Billiardspieler in Castel Gandolfo war Pius IX. Der hat das wirklich zu einer Leidenschaft gemacht und hat alle, die kamen, dazu eingeladen mit ihm zu spielen. Ein Nobelgardist - damals hatten wir ja nicht nur die Schweizergarde da, sondern auch die Nobelgarde - hatte so ganz nebenbei erzählt, dass er ein ganz guter Billardspieler sei.
Das war natürlich ein Fehler. Denn den hat sich dann der Papst direkt geschnappt und der hat dann mehr mit dem Papst Billiard gespielt als Dienst gemacht. Der hat natürlich auch gesehen, dass der Papst sehr engagiert war und das es auch für ihn sehr anstrengend war. Und er hat dann - das wissen wir aus den Berichten der Nobelgarde - seinen Kommandanten gebeten, ihn nicht allzu oft nach Castel Gandolfo zu schicken.
DOMRADIO.DE: Aber jetzt, wo sich das päpstliche Billardspiel ein bisschen gelegt haben, könnte doch auch eigentlich im Billardzimmer der Fußballkicker, den Papst Franziskus jetzt bekommen hat, aufgebaut werden.
Nersinger: Da Papst Franziskus ja nicht nach Castel Gandolfo reist, wird wohl das Kickerspiel dort nicht landen. Aber ich ich würde mir wünschen, dass es in der Umgebung des Papstes Leute gibt, die den Mut haben, dieses Kickerspiel vielleicht einmal in Santa Marta und in dem Appartement des Heiligen Vaters unterzubringen.
DOMRADIO.DE: Johannes Paul II. war ja nicht nur ein leidenschaftlicher Skifahrer, sondern er hat auch gerne geschwommen. Gibt es im Vatikan auch ein Schwimmbad?
Nersinger: Wiederum nicht direkt im Vatikan, sondern in Castel Gandolfo hat man so etwas mit Hilfe von Spenden eingerichtet. Man hat damals dem Vatikan den Vorwurf gemacht, dass das doch eine sehr teure Angelegenheit sei, die viel Geld verschlinge.
Dann hat der Papst sehr klug geantwortet - er war eh ein begeisterter Schwimmer, aber er musste sich ja auch nach dem Attentat sportlich betätigen -, das sei doch eine gute Anlage und auch ein Gewinn für den Vatikan, denn das sei immerhin noch billiger als ein neues Konklave.
DOMRADIO.DE: Weiß man denn, ob Franziskus irgendwas spielt, vielleicht Skat oder oder ob er tanzt, weil er aus Argentinien kommt?
Nersinger: Darüber ist man weniger informiert. Aber man weiß, dass er natürlich ein begeisterter Fußballfan ist. In seiner Heimatstadt war er ja Mitglied des örtlichen Fußballclubs, er hatte sogar eine Mitgliedskarte und er interessiert sich für Fußball.
Von daher wäre das gar keine schlechte Idee, wenn man diese Miniform des Fußballs vielleicht einmal in Santa Marta einführt und ich denke, es gibt bestimmt Leute, die mit ihm auch gerne spielen würden.
Das Interview führte Florian Helbig.