Flavius Valerius Constantinus konnte zufrieden sein - sehr sogar. Von Trier aus kommend hatten er und seine Truppen den Konkurrenten Maxentius besiegt. Nun war Konstantin der Große, wie er später genannt wurde, alleiniger Kaiser im Westen des Römischen Reiches. In der entscheidenden Schlacht an der Milvischen Brücke im Norden Roms am 28. Oktober 312 soll er der Legende nach den Beistand des von ihm geschätzten Christengottes gehabt haben.
Erster Kirchenbau eines römischen Kaisers
Wie fast alle römischen Herrscher nahm auch Konstantin dies zum Anlass, sich mit einem monumentalen Bauwerk ein Denkmal zu setzen und seinem Volk eine Wohltat zu erweisen. Als erster römischer Kaiser entschied er sich für eine Kirche. Als Standort wählte er das Hügelareal des Lateran, wo die Kaserne der Elite-Kavalerie des von ihm besiegten Maxentius stand. Die ließ Konstantin schleifen und dort ab 313 eine Kirche errichten, als Geschenk für die Christen.
Der Lateranhügel, heute mehrspuriger Verkehrsknotenpunkt, war auch deshalb geeignet, weil er nahe der Stadtmauern lag und nicht im Zentrum. Immerhin musste der Kaiser Rücksicht nehmen auf die mehrheitlich heidnische Bevölkerung. Dennoch erhielt Roms christliche Community mit der Basilica Constantiniana eine öffentliche Sichtbarkeit und Anerkennung, die wenige Jahre zuvor noch undenkbar gewesen war.
Edelmetall für den Bischof von Rom
Weil eine Tempel-Architektur heidnisch belastet war, wählte Konstantin die religiös unverdächtige Form einer Gerichts- und Markthalle, Basilika genannt. Eine solche aber mit gewaltigen Dimensionen: knapp 100 Meter lang, 55 Meter breit und fünfschiffig. Für den Bischof von Rom ließ der Kaiser neben dem Gotteshaus eine Residenz errichten, außerdem ein Baptisterium. Die ursprünglich runde, später achteckig umgebaute Taufkapelle gilt als älteste der Christenheit. Für ihre Ausschmückung spendete Konstantin unter anderem fast 300 Kilogramm Silber und gut 30 Kilogramm Gold.
Wann genau die neue Kathedrale des Bischofs von Rom fertiggestellt wurde, ist nicht ganz sicher. Es muss spätestens 324 gewesen sein, bevor Konstantin auch im Osten des Reiches Alleinherrscher wurde. Überlieferungen zufolge war es ein 9. November. Bis heute ist der Weihetag der Lateranbasilika ein Festtag der katholischen Kirche. Geweiht wurde das Gotteshaus von Silvester I., der seit 314 Bischof von Rom war - die Bezeichnung "Papst" wurde erst 50 Jahre später verwendet. Über den Mann, nach dessen Todestag am 31. Dezember 335 der letzte Tag des Jahres benannt ist, und seine fast 21 Jahre Amtszeit berichten historisch verlässliche Quellen kaum etwas.
Legendärer, aber schwacher Papst
Silvester, so schreibt der Historiker Volker Reinhardt, erscheine "als einer der bislang schwächsten Inhaber des römischen Bischofsstuhls, der vom 'Pontifikat' eines der stärksten und erfolgreichsten Kaiser der Geschichte fast völlig in den Schatten gestellt wird". Über den ersten Bischof von Rom, der nicht mehr unter der Christenverfolgung zu leiden hatte, entstehen erst ab dem 5. Jahrhundert zahlreiche Legenden, die ihn so berühmt machten.
Silvester weihte die Kirche auf den Namen des Erlösers Jesus Christus. Erst später kamen die Patronate Johannes des Täufers und Johannes des Evangelisten hinzu. So lautet ihr voller heutiger Name: "Erzbasilika des allerheiligsten Erlösers, des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Johannes des Evangelisten im Lateran". Dazu gesellt sich der Ehrentitel "Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt Rom und des Erdkreises".
Zentrum der westlichen Kirche
Die Türen des Hauptportals stammen von der antiken Versammlungshalle des Senats auf dem Forum Romanum und demonstrieren so quasi den Übergang der Herrschaft in Rom vom Senat zum Papsttum. Wenngleich zwei Mal geplündert, beschädigt und restauriert waren Lateranbasilika und Lateranpalast über 1.000 Jahre lang das Zentrum der westlichen Kirche. Von dort aus entsandte Gregor der Große Ende des 6. Jahrhunderts 40 Benediktinermönche zur Christianisierung Britanniens, Gregor II. schickte 719 Bonifatius ins Gebiet des heutigen Deutschlands.
Karl der Große verhandelte dort Ende des 8. Jahrhunderts mit dem bedrängten Papst Leo III., der dem Frankenkönig darauf den Titel des römischen Kaisers verlieh. Gut 400 Jahre später erhielten im Lateran die Ordensgründer Franziskus, Dominikus und Norbert ihre jeweiligen Ordensregeln bestätigt. Weitere 100 Jahre später war es vorbei mit dem Machtzentrum Lateran. Unter dem Druck des französischen Königs zog Papst Clemens V. nach Avignon.
Niedergang und Auferstehung
Erst als Anfang des 15. Jahrhunderts die Päpste nach Rom zurückkehrten, wurde der Vatikan Sitz des katholischen Kirchenoberhaupts. Und während dort der neue Petersdom entstand, verfiel die Lateranbasilika zusehends. Weswegen sich Papst Innozenz X. ab 1640 zu einer umfassenden Erneuerung entschloss. Unter dem bekannten Architekten und Steinmetz Francesco Borromini wurde die Basilika von 1646 bis 1650 stabilisiert und erhielt ihre heutige barock geprägte Gestalt. Immer aber blieb die Lateranbasilika die Kathedrale, also Sitz des Bischofs von Rom. Weswegen Papst Franziskus etliche seiner Dokumente mit der Ortsmarke unterzeichnet: "Rom, Sankt Johannes im Lateran, den ..."
Zum Heiligen Jahr 2025 wird der bislang eher langweilige, großflächige Platz vor der Kathedrale neu angelegt und verschönert. Bei den Bauarbeiten wurden im Sommer die Überreste der ersten, unter Konstantin errichteten römischen Bischofs- und Papstresidenz wiederentdeckt. Übrigens: Das erste Heilige Jahr 1300 hatte Papst Bonifaz VIII. ausgerufen - in der Lateranbasilika, dort zu sehen bis heute auf einem zeitgenössischen Fresko.