Vor 25 Jahren starb Mutter Teresa

Die Heilige mit der Telefonnummer von Reagan

Sie ging gebückt und wirkte demütig, doch sie war eine gewitzte und bestens vernetzte Ordensfrau. Für viele war Mutter Teresa schon zu Lebzeiten eine Heilige, obwohl es auch kritische Stimmen gab.

Autor/in:
Norbert Demuth
Ikone von Mutter Teresa (l.) neben anderen Ikonen im Mutter-Teresa-Gedenkhaus in Skopje / © Harald Oppitz (KNA)
Ikone von Mutter Teresa (l.) neben anderen Ikonen im Mutter-Teresa-Gedenkhaus in Skopje / © Harald Oppitz ( KNA )
Bald beide heilig: Mutter Teresa und Papst Johannes Paul II. / © epa_ansa_Vatikan (dpa)
Bald beide heilig: Mutter Teresa und Papst Johannes Paul II. / © epa_ansa_Vatikan ( dpa )

Eine kleine, gebückte Frau in weißblauem Gewand, die Hände gefaltet, das Gesicht zerfurcht. So haben viele Menschen Mutter Teresa in Erinnerung. Doch die 2016 heilig gesprochene Ordensfrau war auch unerschrocken, rastlos, viel unterwegs - und im Besitz der direkten Telefon-Durchwahl einiger mächtiger Politiker. Vor 25 Jahren, am 5. September 1997, ist die charismatische Ordensgründerin gestorben.

Ordensfrau mit gutem Netzwerk

Wer die umtriebige Katholikin persönlich traf, hatte danach meist eine gute Geschichte zu erzählen. So wie etwa der Pionier der Flughafenseelsorge in Deutschland, Pater Walter Maader. Während seiner Zeit als Pfarrer am Frankfurter Flughafen saß auch einmal Mutter Teresa bei ihm im Büro und sagte ihm, dass sie den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan anrufen wolle.

"Mir kam das sehr verwegen vor", erinnerte sich der 94-Jährige in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Ich wollte schon die US-Botschaft in Deutschland anrufen, weil ich natürlich die Nummer des US-Präsidenten nicht hatte - als Mutter Teresa plötzlich ein Büchlein zückte und mir eine Nummer nannte. Nach einigen Minuten hatte sie tatsächlich Reagan am Apparat." Mutter Teresa sei damals aus dem Südsudan gekommen, wo Kinder verhungerten. Sie bat den US-Präsidenten, drei Flugzeuge mit Hilfsgütern hinzuschicken. "Reagan stimmte sofort zu. Das Gespräch dauerte nicht lange", so Maader.

Papst Franziskus segnet ein Bild der verstorbenen Mutter Teresa in Tejgaon bei Dhaka / © Handout/L'osservatore Romano (dpa)
Papst Franziskus segnet ein Bild der verstorbenen Mutter Teresa in Tejgaon bei Dhaka / © Handout/L'osservatore Romano ( dpa )

Mutter Teresa sei sehr gut vernetzt gewesen, "sie hatte die Telefonnummer von vielen bekannten Leuten, auch von Helmut Kohl", erinnert sich Maader. Sie hätte am Flughafen jederzeit eine VIP-Betreuung erhalten. "Das wollte sie aber nicht, sie wollte auch nicht in der 1. Klasse sitzen." Viele Menschen hatten den "Engel von Kalkutta" schon zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt. 2016 wurde die berühmte Missionsschwester dann heiliggesprochen, 19 Jahre nach ihrem Tod.

Auch Zweifel und Einsamkeit prägten sie

Auch wenn das überlebensgroße Bild der Ordensschwester in den vergangenen zehn Jahren ein paar Kratzer bekam: Mutter Teresas Strahlkraft blieb ungebrochen. Das zeigte sich etwa im September 2015, als der "Spiegel" die damalige Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise als "Mutter Angela" auf den Titel brachte.

Mutter Teresa wurde am 26. August 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje im heutigen Mazedonien geboren. Schon mit 18 Jahren ging sie als Missionsschwester nach Indien und arbeitete dort als Lehrerin. Ihr Weg bis hin zur Direktorin einer Mädchenschule schien vorgezeichnet. Doch täglich begegneten ihr in Kalkutta Bettler, ausgemergelte und kranke Menschen. Sie sah Kinder, die ausgesetzt wurden. Bewegt vom Elend in den Slums von Kalkutta verließ sie 1948 ihr Kloster und gründete eine Ordensgemeinschaft. "Gott rief mich", sagte sie später.

Dabei war ihre Frömmigkeit offenbar nicht unerschütterlich, wie private Notizen und vertrauliche Briefwechsel offenbarten, die erst 2007 veröffentlicht wurden. Ein ganzes Jahrzehnt lang durchlitt die Ordensfrau demnach quälende seelische Einsamkeit und schmerzhafte Zweifel an ihrer Mission.

Bild von Mutter Teresa an der Fassade des Petersdoms / © Paul Haring (KNA)
Bild von Mutter Teresa an der Fassade des Petersdoms / © Paul Haring ( KNA )

Die "Missionarinnen der Nächstenliebe" widmeten sich den Ärmsten, den Findelkindern und den Sterbenden auf der Straße, zunächst in Indien und später auf allen Kontinenten. 1979 wurde Mutter Teresa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Ihre Tracht steht unter Markenschutz

2013 veröffentlichten dann deutsche Medien wie die "Zeit", die "Süddeutsche Zeitung" oder die "Welt" kritische Berichte. Anlass war eine Studie zum Leben der berühmten Missionsschwester. Drei kanadische Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, in den Armenhäusern des Ordens hätten schlechte hygienische Zustände geherrscht. Sterbenden seien teilweise Schmerzmittel verweigert worden.

Dennoch: Bei Mutter Teresas Tod im Alter von 87 Jahren war die Trauer weltweit groß. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) nannte sie "ein Geschenk an die Kirche und an die Welt". Die Nonnentracht Mutter Teresas - der weiße Sari mit dunkelblauen Saumstreifen - steht inzwischen sogar unter Markenschutz. Laut dem indischen Anwalt Biswajit Sarkar wurde damit erstmals überhaupt "eine Uniform als 'geistiges Eigentum' geschützt". Mutter Teresa hätte darüber vielleicht auch geschmunzelt.

Missionarinnen der Nächstenliebe

Die Gemeinschaft "Missionarinnen der Nächstenliebe" ist eine der erfolgreichsten Ordensgründungen des 20. Jahrhunderts. Die von der seligen Mutter Teresa von Kalkutta (Agnes Bojaxhiu, 1910-1997) in Indien gegründete Gemeinschaft erhielt 1950 vom Vatikan als Einrichtung diözesanen Rechts die offizielle Anerkennung. Ordenstracht ist der weiße Sari mit dem blauen Band.

Missionarinnen der Nächstenliebe in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Missionarinnen der Nächstenliebe in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA