Franziskus, der Jesuit - die Schlagzeile ging nach der Papstwahl im März 2013 um die Welt. Dabei hat es das durchaus schon mal gegeben: ein Franz an der Spitze der Gesellschaft Jesu. Der heilige Francisco de Borja (1510-1572) war der dritte General des Jesuitenordens - und sozusagen das "weiße Schaf" seiner Familie. Vor 450 Jahren, am 30. September oder 1. Oktober 1572, starb er in Rom.
Die Borgia (oder Borja nach ihrer spanischen Herkunft) sind so etwas wie die "bad guys" der Kirchengeschichte: Rodrigo, der aus seinem Ämterkauf keinen Hehl machte und dessen Amtszeit als Alexander VI. (1492-1503) zu den dunkelsten der Papsthistorie zählt. Dessen leiblicher Sohn Cesare (1475-1507), der in Rom ein Schreckensregiment führte, militärisch halb Italien unterwarf und so gewaltsam starb, wie er lebte. Und Papsttochter Lucrezia (1480-1519), deren Name bis heute mit dem Zerrbild einer Ränkeschmiedin und Giftmischerin belegt ist.
Ganz anders Francisco: Geboren mitten in diesen turbulenten Zeiten am 28. Oktober 1510, ist ihm die Anlage zur Menschenführung gleichsam in die Wiege gelegt; ist er doch mütterlicherseits ein Urenkel König Ferdinands II. von Aragon. Erzogen wurde der fromme wie begabte Francisco bei seinem Onkel Juan von Aragon, Erzbischof von Saragossa. Mit noch nicht einmal 18 Jahren trat er in den Dienst Kaiser Karls V. - und machte bei der Begleitung mehrerer Feldzüge schon früh auf sich aufmerksam. 1529 heiratete er eine portugiesische Adlige, mit der er acht Kinder zeugte.
Der Wendepunkt
Zum Wendepunkt seines Lebens wurde 1539 der Auftrag, die Leiche der Kaiserin Isabella von Portugal zu ihrem Begräbnisort Granada zu begleiten. Der körperliche Verfall ihrer Schönheit im Tod weckte in ihm den drängenden Wunsch, "nie wieder einem sterblichen Herren zu dienen". Gleichwohl ernannte ihn Karl V. bald darauf zum Vizekönig von Katalonien. Wider Willen regierte Francisco die Provinz - mit politischer Umsicht, auch wenn seine Interessen inzwischen längst geistlicher Natur waren. In dieser Zeit begann ein intensiver Briefwechsel mit Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens.
Franciscos Chance kam, als 1543 sein Vater starb. Er trat dessen Nachfolge als Herzog von Gandia in der Provinz Valencia an und durfte - nach vielen Absagen - endlich die Dienste des Kaisers verlassen. Als Herzog führte er ein zurückgezogenes, religiös geprägtes Leben und förderte den jungen Jesuitenorden. Im März 1546 schließlich starb auch seine Ehefrau Eleonore, und Francisco entschied sich für das langersehnte geistliche Amt. Er verzichtete zugunsten seines ältesten Sohnes auf alle weltlichen Titel und trat in die Gesellschaft Jesu ein. Viele junge Adlige folgten später seinem Beispiel.
Zum Priester geweiht
Kaum hatte Francisco 1551 die Priesterweihe erhalten, sollte ihm aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner hohen Geburt der Kardinalshut angetragen werden. War er selbst es oder seine Mitbrüder, die dies ablehnten? Francisco jedenfalls verließ Rom und führte in Spanien und Portugal das Leben eines Wanderpredigers, bis er 1554 die Leitung des Ordens in Spanien übernahm. 1558 wurde ihm dort eine letzte politische Ehre zuteil: die des Leichenredners und Testamentsvollstreckers Kaiser Karls V.
Als schließlich 1565 der zweite Ordensgeneral Diego Lainez starb, fiel die Wahl für die Nachfolge auf Francisco. Er drückte dem expandierenden Orden seinen Stempel auf - wobei er selbst ein heiligmäßiges Leben führte. Francisco gründete das Collegium Romanum, aus dem später die Päpstliche Universität Gregoriana erwuchs. Er entsandte Missionare in die entlegensten Regionen der Neuen Welt und setzte so das bis heute wichtige Standbein der Jesuiten nach Mittel- und Südamerika.
Heiligsprechung 1671
Francisco de Borja wurde 1671 heiliggesprochen; seit 1901 liegen seine Reliquien in der Jesuitenkirche von Madrid. In späteren Jahrhunderten nannte man die Generäle des Jesuitenordens wegen ihres großen politischen Einflusses auch die "schwarzen Päpste". In diesem Sinne hätte am Ende selbst Francisco, das "weiße Schaf" der Borgias, zum "schwarzen" Ruf der Familie beigetragen.