Im Juli 1505 geriet der Jurastudent Martin Luther bei Stotternheim in der Nähe von Erfurt in ein Gewitter. Er rief die heilige Anna um Hilfe an und gelobte, Mönch zu werden, sollte er das Unwetter überleben. Rund zwei Wochen später trat der junge Mann in das Kloster der Erfurter Augustiner-Eremiten ein - nicht zur Freude seiner Eltern, die für ihn eine andere Zukunft planten mit einer Familie und einer möglichst guten Position in der Welt.
Das Ende seiner Ordenslaufbahn war dagegen eher unspektakulär. Knapp 20 Jahre später, am 9. Oktober 1524, legte der Reformator sein Ordenskleid ab und trug fortan weltliche Kleidung. Mit dem Wechsel seiner Kleidung gab Luther nach außen zu verstehen, dass er sich nicht mehr als Mönch betrachtete. Warum Luther ausgerechnet diesen Tag für ein solches Statement aussuchte, ist nicht bekannt.
Tatsächlich vollzog sich Luthers Ausstieg aus dem Ordensleben in mehreren Etappen. Nachdem er 1517 mit seinen Thesen zum Ablasswesen bekannt und berühmt wurde, hatte er in vielen weiteren Schriften sein neues Verständnis von Kirche dargelegt. 1521 - während seines Aufenthalts auf der Wartburg bei Eisenach - schrieb er über die Gelübde, die Mönche und Nonnen ablegen, und erklärte sie für unvereinbar mit der neuen evangelischen Freiheit.
Martin Luther kehrte ins Kloster zurück
Die meisten Mönche und Nonnen, die - wie viele andere Menschen damals auch - Martin Luther als inspirierenden, innovativen Seelsorger für die Nation betrachteten, verließen in Folge ihre Klöster. Das traf allerdings nicht auf alle zu. Die Nürnberger Nonne Caritas Pirckheimer wehrte sich dagegen, als ihr Klarissenkloster 1525 im Zuge der Reformation aufgelöst wurde. Und sie war kein Einzelfall.
Auch in Wittenberg leerte sich das Kloster der Augustiner-Eremiten, zu denen Luther gehörte. Und was tat der Reformator? Genau das Gegenteil. Er nahm wieder Wohnung in seinem Kloster, legte sein Ordenskleid an und ließ sich eine Tonsur scheren, als er von der Wartburg im März 1522 nach Wittenberg zurückkehrte.
Dort hatte er nämlich für ein knappes Jahr keine Ordenskleidung getragen, weil dies für sein Überleben wichtig war. Auf dem Reichstag von Worms wurde er im April 1521 wegen seiner Schriften als vogelfrei erklärt. Sein Landesherr, der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise, ließ ihn deshalb auf der Rückreise kidnappen und zu seiner Sicherheit auf der Wartburg verstecken. Dort lebte Luther dann ein Jahr als Junker Jörg in Kleidung, die seinem Stand angemessen war. Er ließ sich einen Bart und das Haupthaar wachsen, damit er nicht als Mönch zu erkennen war.
Viel Platz für ein neues Leben
Auch nachdem Martin Luther über den Kleidungswechsel mitgeteilt hatte, das er sich nicht mehr dem Ordensstand zugehörig fühlte, blieb er nun in dem Kloster wohnen. Die anderen Mönche waren bereits ausgezogen. So war, nach seiner Hochzeit mit Katharina von Bora im Juni 1525, viel Platz für Luthers neues Leben als Ehemann und Familienvater.
Der Orden der Augustiner-Eremiten geriet durch die Reformation in eine schwere Krise, konnte sich aber gegen Ende des 16. Jahrhunderts wieder stabilisieren und wachsen. Dennoch ist der Augustinerorden noch immer nicht gut auf Luther zu sprechen. Das zeigt etwa ein Beitrag des amtierenden Generalpriors des Augustinerordens, Alejandro Moral Anton, in der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" im Oktober 2017. Anton äußerte sich kurz vor dem Gedenken an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren.
"Enormer Schaden"
Luther habe sich nicht nur persönlich von den Augustinern abgewandt, sondern das Ordensleben an sich "mit aller Kraft verdammt" und eine Massenflucht aus den Klöstern mitbefördert. "Der Schaden für den Orden und das religiöse Leben in Deutschland war enorm", konstatierte der Generalprior.