Es war einer der schwersten Angriffe auf die Stadt Köln im Zweiten Weltkrieg. In der Nacht zum 29. Juni 1943 warfen 500 britische Bomber in drei Angriffswellen Spreng- und Brandbomben sowie schwere Luftminen auf die Großstadt am Rhein ab. Beim sogenannten "Peter-und-Paul-Angriff" – der 29. Juni ist der Festtag der beiden Apostel Petrus und Paulus - starben 4.300 Menschen. 230.000 wurden obdachlos.
Militärschlag übertraf "1.000-Bomber-Angriff" von 1942
"Köln ist nicht mehr", schrieb eine Bewohnerin an ihren Bruder. Der Dom überstand diesen Angriff wie viele davor und danach, allerdings mit erheblichen Beschädigungen.
Beim "Peter-und-Paul-Angriff" explodierte eine Bombe über dem Dach des nördlichen Querschiffs und brachte alle vier Gewölbefelder zum Einsturz. Die Schuttmassen zerstörten die Domorgel, deren älteste Teile noch aus dem 16. Jahrhundert stammten. Eine am Südturm abgeprallte Bombe ging erst ein paar Stunden später hoch und vernichtete die gerade erst provisorisch wieder aufgebauten Gebäude der Dombauhütte auf der Domsüdseite und teils auch die Werkstätten auf der Nordseite. Sämtliche zuvor nicht ausgebauten Fensterscheiben gingen zu Bruch.
Der Militärschlag übertraf noch den "1.000-Bomber-Angriff", den die Stadt im Jahr davor erlebt hatte, als "nur" 468 Kölner umkamen und 45.000 Menschen ihr Dach über dem Kopf verloren. Auch damals blieb die Kathedrale nicht verschont, hatte aber im Vergleich zu anderen Kirchen nur relativ geringe Schäden. 42 Brände - davon sieben auf dem Dach - konnten die Brandwachen löschen.
Nazis wollten Alliierten Zerstörung in die Schuhe schieben
Beide Angriffe nutzte die NS-Propaganda dazu, den Alliierten eine bewusste Strategie der Zerstörung alter Kulturdenkmäler zu unterstellen, wie Niklas Möhring in seinem Buch "Der Kölner Dom im Zweiten Weltkrieg" beschreibt. Die habe es indes genauso wenig gegeben wie die Vorgabe, die Kathedrale als Gotteshaus bewusst zu verschonen – ein in der Bevölkerung kursierendes Gerücht.
Zwar sei nicht auszuschließen, dass einzelne Piloten sich darum bemüht hätten. Die Zielgenauigkeit sei aber damals zu gering gewesen, um bei Nacht oder Bewölkung den Dom nicht zu treffen. Im Übrigen war die NS-Propaganda scheinheilig, denn die deutschen Angriffe machten vor der Kathedrale von Coventry nicht halt.
Verhängnisvoll für den Dom wirkte sich seine Nähe zum strategisch wichtigen Hauptbahnhof aus. Vier Monate nach dem "Peter-und-Paul-Angriff" -am 3. November 1943- verfehlte eine Sprengbombe den Bahnhof und riss ein fast 83 Quadratmeter großes Loch in den statisch wichtigen Eckpfeiler des Nordturms.
"Domplombe" rettete die Kathedrale vor dem Einsturz
Um einem Einsturz vorzubeugen, ließ der damalige Dombaumeister Hans Güldenpfennig eine "Domplombe" aus 27.500 Ziegelsteinen fertigen. Für die Arbeiten seien neben den fünf Stammarbeitern der beauftragten Baufirma auch "etwa 10 Kriegsgefangene und 15 KZ-Leute" nötig, schrieb Güldenpfennig. In den 1990er Jahren entbrannte eine Diskussion, ob die provisorisch geschlossene Fehlstelle wiederhergestellt werden sollte oder ob die "Domplombe" als Mahnmal zu erhalten sei. 1996 entschied die Dombaukommission, das alte Bild wieder herzustellen: Bis 1997 wurden die unteren Bereiche sowie 2004/2005 die oberen Bereiche der Plombe mit Obernkirchener Sandstein verblendet.
Im und nach dem Krieg machte der Dom mit seinen beiden Türmen aus der Ferne den Eindruck, als sei er völlig unversehrt geblieben. Eine Täuschung. Unter anderem waren von den 22 großen Gewölben neun zerstört und sechs beschädigt. Betroffen waren neben dem Nordturm und dem nördlichen Seitenschiff auch West- und Südwand, Fialen und Kreuzblumen. Das gotische Strebewerk hielt trotz teilweise starker Schäden den Zerstörungen stand.
Dass nicht noch mehr passierte, lag auch an Schutzmaßnahmen. Ohne dass darüber offen gesprochen werden durfte, wurden schon 1936 und damit deutlich vor Kriegsbeginn Holzkisten angeschafft. Mit Kriegsbeginn drei Jahre später verschwanden darin transportable Kunstwerke; die unbeweglichen wurden eingehaust.
Fenster wurden ausgelagert
Zudem baute die Dombauhütte die mittelalterlichen Bleiglasfenster aus, die erst im erzbischöflichen Palais und später in einem Bunker am Dom eingelagert wurden. Die damals als weniger wertvoll eingeschätzten Fenster aus dem 19. Jahrhundert sollten bleiben, mussten auf Druck des Reichskirchenministers aber auch gesichert werden. Die Umsetzung gelang nur teilweise. Beim "Peter-und-Paul-Angriff" ging der größte Teil der Fenster verloren.
Forcierte Schutzmaßnahmen provozierte der "1.000-Bomber-Angriff". Es war deutlich geworden, dass Brandbomben Kunstwerke mehr bedrohten als Sprengbomben. Deshalb ließ das Domkapitel das Chorgestühl abbauen und den Dreikönigenschrein in Sicherheit bringen.
Vor allem aber erfüllten 2.000-Liter-Druckwasserbehälter auf dem Domdach ihren Zweck, mit denen die Brandwache zahlreiche Feuer löschen konnte. Ihr Wirken und der Umstand, dass die großen Domfenster den Luftminen weniger Angriffsflächen boten, trugen dazu bei, dass der Dom und ein Großteil seiner Ausstattung den "Peter-und-Paul-Angriff" und die anderen Militärschläge im Zweiten Weltkrieg überstanden.