Der Präsident oder die Präsidentin des Bundestags leiten die Plenarsitzungen im Parlament. Dabei kann er oder sie Ordnungsrufe oder Rügen aussprechen, wenn gegen die "Würde des Bundestages" verstoßen wird.
Die amtierende Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erklärt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass sie damit für die parlamentarische Ordnung sorge. Dieser Aufgabe gerecht zu werden, erfordere "Konzentration, Entschlossenheit und Fingerspitzengefühl".
Die wichtigste Eigenschaft sei ein "gelassenes, entspanntes Selbstbewusstsein", meint der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Mit dem Parlamentsvorsitz ruhe die Parteimitgliedschaft zwar nicht, die Aufgabe ist aber ebenso überparteilich wie die des Bundespräsidenten. Dabei sei es umso leichter, glaubhaft überparteilich aufzutreten, "je geringer die eigenen politischen Ambitionen sind", analysiert der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
Einziges direkt gewähltes Verfassungsorgan
Dabei gehe es nicht darum, Streit zu unterbinden, mahnt Lammert. Zwar sei "die Solidarität der Demokraten" bei großen Herausforderungen wichtig. Die Demokratie sei aber kein System zur Vermeidung von Streit, "sie ist dazu da, unvermeidlichen Streit in einer zivilisierten Weise auszutragen. Deshalb müssen Parlamente stören - auch in Zukunft."
Die Bundestagspräsidentin oder der -präsident steht dem einzigen direkt gewählten Verfassungsorgan auf Bundesebene in Deutschland vor.
Das Parlament stehe damit etwa auf einer Stufe mit der Bundesregierung und sei deshalb nicht ihr "verlängerter Arm", so Lammert: "Wenn überhaupt, ist es umgekehrt."
Seit der ersten Bundestagssitzung am 7. September 1949 hatten elf Männer und drei Frauen den Vorsitz inne. Annemarie Renger (1919-2008, SPD) war von 1972 bis 1976 weltweit die erste Präsidentin eines demokratisch gewählten Parlaments. Anschließend gehörte sie dem Präsidium bis 1990 als Vizepräsidentin an.
Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen
Keine Frau, sondern der wichtigste Mann innerhalb der katholischen Kirche war am 22. September 2011 zu Gast im Bundestag. Der Katholik Lammert nahm damals Papst Benedikt XVI. in Empfang: "Aus meiner Zeit als Bundestagspräsident war der erste und wohl auch einzige Besuch eines deutschen Papstes im Deutschen Bundestag sicherlich ein besonders eindrucksvolles Ereignis."
Lammert sieht den Bundestag auch für die kommenden Jahrzehnte gut aufgestellt. Es gebe weltweit "nur wenige Parlamente, die rechtlich wie technisch ähnlich gut oder gar besser ausgestattet sind". Bas sieht eine "echte Gleichstellung" und die Digitalisierung des Parlaments als Herausforderungen.
Aktuell vermisse sie Kompromissbereitschaft in der Gesellschaft und im Bundestag: "Das müssen wir ändern, damit unsere parlamentarische Demokratie nicht gefährdet wird." Es habe sie ermutigt, "wie viele Menschen Anfang des Jahres bei Wind und Wetter in ganz Deutschland für unsere Demokratie auf die Straße gegangen sind". Thierse schlägt hier die Verbindung von der Straße ins Reichstagsgebäude in Berlin: "Der Bundestag braucht Abgeordnete, die sich an die Werte und Regeln der Demokratie halten, sie praktizieren und gegen deren Feinde verteidigen!"