Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, begrüßt den Vorstoß von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Umgang mit Religion.
"Wir begrüßen, dass der Innenminister am Grundgesetz entlang argumentiert und somit einen guten Geist in die Debatte wirft, der besser ist als der aus den vergangenen Diskussionen", sagte Mazyek der "Passauer Neuen Presse" (Freitag).
Reden wir über Religion
Seehofer hatte sich in einem am Donnerstag erschienenen Gastbeitrag für die "Die Welt" für eine gesellschaftliche Debatte über die Rolle der Religion und ihr Verhältnis zum Staat ausgesprochen. Er kündigte zugleich an, er werde das Gespräch mit allen relevanten religiösen Gemeinschaften suchen.
"Die Zuwanderung von Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsstaaten, mit unterschiedlicher religiöser und kultureller Prägung, hat zu erheblichen Herausforderungen geführt, die auch das Verhältnis zwischen Religion und Staat betreffen", schrieb der CSU-Politiker.
Muslime gehören zu Deutschland
Seehofers Betonung, dass das Grundgesetz allgemein von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften spreche und nicht nur von den Kirchen, die bei der Entstehung der Weimarer Verfassung dominiert hätten, sei "wichtig und bemerkenswert, denn es ist das Gegenteil von Ausgrenzung", sagte Mazyek.
"Es ist zu hoffen, dass die skurrile Islamdebatte nun der Vergangenheit angehört." Muslime seien "selbstverständlich mit ihrem Glauben ein Teil Deutschlands".
Lob von den Kirchen
Auch Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche reagierten positiv auf den Vorstoß: "Das interreligiöse Gespräch und der gesellschaftliche Diskurs gehören zur guten Tradition des Landes", sagte eine Sprecherin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der Katholischen Nachrichten-Agenur (KNA).
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern erklärte, "sich an einer breiten gesellschaftlichen Debatte" beteiligen zu wollen.
Seehofer: Vom Saulus zum Paulus?
SPD-Vize Ralf Stegner hält den Vorstoß von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zu einem gesellschaftlichen Diskurs über das Verhältnis von Religion und Staat für wenig nachhaltig. "Die Wandlung vom Saulus zum Paulus ist im Falle von Horst Seehofer denkbar unglaubwürdig", sagte SPD-Vize Ralf Stegner der "Passauer Neuen Presse". "Erst eine Debatte anstoßen, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, und dann den Dialog propagieren, das passt schlecht."
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der ""Passauer Neuen Presse": "Für mich liest sich sein Beitrag so, als ob er persönlich enttäuscht ist, dass seine privaten Überzeugungen nicht mehr die der Mehrheit inklusive der Kirchenleitungen sind. Man hat schon in der Kreuz-Debatte gespürt, dass die alten Herren der CSU nicht mehr den richtigen Ton treffen." Seehofer verkünde einen Dialog, "den er erst ins Stocken gebracht" habe.
"Für mich passt da nichts zusammen", so Göring-Eckardt. Seehofer spreche die Muslime allenfalls indirekt an und auch über die vielen anderen Religionsgemeinschaften Deutschlands "lese man wenig bis nichts". Nach ihrer Einschätzung merke Seehofer, "dass seine Politik der Konfrontation scheitert".
Kauder hält zu Seehofer
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte sich hinter Seehofers Vorstoß. "Wir haben die Diskussion über den Rang der Religionen lange noch nicht ausreichend geführt", sagte er am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Seehofer greife "ein ganz zentrales gesellschaftliches Thema auf, das von großer Bedeutung für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist".
Kauder sagte, nicht nur die führenden Repräsentanten der Religionsgemeinschaften müssten sich austauschen. "Es müssen die Gläubigen selbst noch mehr ins Gespräch kommen, um einander besser zu verstehen. Ich kann nur sagen: Es lohnt sich." Seit Jahren treffe er sich immer wieder mit führenden Vertretern des Islam wie dem Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmed al-Tajib. In diesen Begegnungen habe er viel über den Islam erfahren, "auch wenn wir am Ende in vielen Punkten nicht einer Meinung waren".