Stephen Cottrell wird Nummer zwei der Anglikaner

Wachablösung für den ersten schwarzen Erzbischof Englands

Der Erzbischof von York ist Nummer zwei der anglikanischen Staatskirche. John Sentamu war der erste Schwarze in dieser Position, trat auch medienwirksam in Erscheinung. Demnächst gibt es eine neue "Stimme für den Norden".

Stephen Cottrell, künftiger Erzbischof von York, steht bei einem Fototermin vor dem Yorker Münster / © Danny Lawson (dpa)
Stephen Cottrell, künftiger Erzbischof von York, steht bei einem Fototermin vor dem Yorker Münster / © Danny Lawson ( dpa )

Stabwechsel in York: Stephen Cottrell (61), bislang Bischof von Chelmsford, wird neue Nummer zwei unter den Bischöfen der anglikanischen Staatskirche von England. Er tritt die Nachfolge von John Sentamu an, wenn dieser am 7. Juni, wenige Tage vor seinem 71. Geburtstag (10. Juni), in den Ruhestand tritt.

Cottrell, Vater dreier Kinder, wird dann der 98. Bischof von York und freut sich laut Medienberichten schon darauf, "eine Stimme für den Norden zu sein". Auch wolle er der Kirche helfen, das Evangelium mit "mehr Freude und mehr Effizienz" zu verbreiten.

Erster schwarzer anglikanischer Erzbischof Englands

Dabei hat genau das auch John Tucker Mugabi Sentamu getan, der erste schwarze anglikanische Erzbischof Englands. Als Teil des evangelikalen Kirchenflügels befürwortete er sowohl das umkämpfte Frauenpriestertum als auch den Einsatz moderner Medien wie des sprachgesteuerten Lautsprechers Alexa für die Missionierung. Seine Fähigkeiten als einer der besten Kenner des anglikanischen Kirchenrechts waren in Zeiten drohender Spaltung wertvoll.

Der 1949 in Kampala, Uganda, als sechstes von 13 Kindern geborene Sentamu scheut auch plakative Auftritte nicht. 2008 sprang der Erzbischof am Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie aus 3.600 Metern Höhe mit dem Fallschirm ab, um Spenden für in Afghanistan verwundete Soldaten aufzubringen. 2006 campierte er aus Solidarität mit den Opfern des Nahost-Konflikts für eine Woche in seiner Kathedrale. 2007 zerschnitt er im Fernsehen seinen Priesterkragen, um gegen das Regime von Simbabwes Langzeitpräsident Robert Mugabe zu protestieren.

Als früherer Richter in Uganda hatte Sentamu in den 70er Jahren vor der Folter Idi Amins fliehen müssen, weil er sich weigerte, einen Vetter des Diktators freizusprechen. Mit bunten Gewändern im Gottesdienst verkörpert er auch die Lebensfreude seiner afrikanischen Heimat.

Direkte Ansprache der Gläubigen

Seit 2005 ist Sentamu Erzbischof von York. Im Sommer 2012 galt er sogar als Favorit für das Amt des Primas und Erzbischofs von Canterbury. Den Zuschlag erhielt damals jedoch der frühere Öl-Manager Justin Welby (63). Trotz seiner Freude am großen Auftritt blieb Sentamu stets loyal im Schatten des Primas.

Anfang 2015 weihte Sentamu Libby Lane (53) in einer so ernsten wie farbenprächtigen Zeremonie in der Kathedrale von York zur ersten Bischöfin der englischen Kirchengeschichte. Aus seiner afrikanischen Heimat hat die charismatische "Nummer zwei" die direkte Ansprache an die Gläubigen mitgebracht; und so fragte Sentamu die Menge: "Wollt ihr, dass sie geweiht wird?" Und es ertönte ein nachdrückliches "Yeah!" aus allen Kehlen, wie man es sonst aus britischen Unterhausdebatten kennt.

Im Dezember 2017 rückte mit Sarah Mullally (57) erstmals eine Frau in die höchsten Ränge der Kirchenhierarchie vor: Die vormalige Krankenschwester und Bischöfin von Exeter wurde Hauptstadtbischöfin in London und damit die Nummer drei der Kirche von England. Nun also setzt sich - auch auf Wunsch Sentamus selbst - im Juni der Generationenwechsel in der anglikanischen Führungsspitze fort.

Große Herausforderungen

Über die neue Nummer zwei ist über seine bisherigen Bistumsgrenzen hinaus noch nicht allzu viel bekannt. Am 31. August 1958 in Leigh-on-Sea geboren, war Cottrell von 2004 bis 2010 Bischof von Reading; seither leitet er die Diözese Chelmsford in der ostenglischen Grafschaft Essex. Primas Welby lobte ihn am Dienstag als einen Geistlichen, "der wunderschön schreibt, tief denkt und hervorragend kommuniziert".

Nun hat Cottrell zumindest einige wenige Monate Zeit, sich auf die beiden kommenden großen Herausforderungen vorzubereiten: sein hohes Amt in York - und die anstehende Lambeth-Konferenz, die anglikanische Weltvollversammlung aller Bischöfe Ende Juli 2020. Dieses nur alle zehn Jahre stattfindende Treffen ist das höchste Beschlussgremium der anglikanischen Weltgemeinschaft. Hier wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder innerkirchliche Streitthemen kontrovers diskutiert, so die Frauenweihe oder der Umgang mit Homosexualität. Womöglich wird schon bei der Lambeth Conference erwartet, dass "York" in bewegter politischer Lage Weichen stellt und Akzente setzt.

 

John Sentamu, anglikanischer Erzbischof von York  / ©  Pressestelle/Kippa Matthews (KNA)
John Sentamu, anglikanischer Erzbischof von York / © Pressestelle/Kippa Matthews ( KNA )
Quelle:
KNA