Pat Cash feiert in diesem Jahr nicht den "Australia Day". Der Tennislegende ist es "peinlich", ein Australier zu sein.
"Für mich als Australier, der zweimal den Davis Cup nach Hause gebracht hat, der sein Land repräsentiert hat, ist der 26. Januar kein Tag zum Feiern. Es ist ein Invasionstag, an dem das weiße England, die Ankunft der Engländer, gefeiert wird", sagte Cash diesen Monat in einem Interview des TV-Senders Nine.
Diesen Bewusstseinswandel erfuhr Cash durch den Kontakt mit "Children's Ground", einer Organisation, die im Norden Australiens Kindern und Familien der Aborigines hilft. "Ich schämte mich, ein Australier zu sein, ich war schockiert, die Armut und die Situation der Menschen dort zu sehen", so der Sportstar.
"Erste Flotte"
Der Widerstand gegen das offizielle Nationalfeiertags-Datum ist nichts Neues in Down Under. Ureinwohner, Bürgerrechtler und Grüne fordern seit langem ein Ende der Feierlichkeiten am 26. Januar, an dem vor 230 Jahren die "Erste Flotte" mit britischen Häftlingen in Sydney landete und die Unterdrückung der australischen Ureinwohner begann.
Cash, Wimbledonsieger von 1987, ist die Symbolfigur dafür, dass die Debatte den australischen Mainstream erreicht hat. Historiker, Zeitungskommentatoren, Politiker und ganze Städte beschäftigen sich in diesem Jahr leidenschaftlich mit dem Pro und Contra des umstrittenen Datums.
Absage der Feiern
Die Städte Yarra und Darebin, die zur Metropolenregion Melbourne gehören, haben die aktuellen Feiern zum Australia Day abgesagt. Die "Strafe" folgte auf dem Fuß: Den beiden Kommunen wurde von den zuständigen Regierungsstellen die Abhaltung der zum Australia Day obligatorischen Zeremonien zur Einbürgerung von Einwanderern untersagt.
Lidia Thorpe erlebt in diesen Wochen hautnah, wie hart die Diskussion über den Termin des Nationalfeiertags geführt wird. Die erste Aborigine im Parlament des Bundesstaates Victoria erhielt für ihren Aufruf, zum 26. Januar die Beflaggung öffentlicher Gebäude auf Halbmast zu setzen, Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. Sie lässt sich aber nicht zum Schweigen bringen. "Wir müssen uns der wahren Geschichte dieses Landes stellen", fordert sie.
Kirchenkritik
Zur wahren Geschichte gehört auch, dass der 26. Januar 1935 zum Nationalfeiertag erklärt wurde und in seiner jetzigen patriotischen Form erst seit 1994 begangen wird. Australiens Regierung verteidigt das Datum vehement. Nigel Scullion, Minister für indigene Angelegenheiten, behauptete vor kurzem, außer Chris Sarra habe kein einziger Aborigine jemals den Wunsch nach einer Änderung des Datums an ihn herangetragen. Der Wissenschaftler Sarra ist Ko-Vorsitzender des Beratergremiums für indigene Angelegenheiten von Premierminister Malcolm Turnbull.
Auch unter Australiens Katholiken regt sich Kritik am 26. Januar. "Für eine moderne demokratische Nation wie die unsere ist es unpassend, den Nationalfeiertag an einem Datum zu feiern, an dem Konflikte, Gewalt, Enteignung und Völkermord begannen", mahnte der Katholik und Bürgerrechtler Phil Glendenning, der sich für die Rechte der Aborigines einsetzt.
Australia-Day-Plakat
Andere Kritiker betonen, die Erinnerung an den Beginn der englisch-irisch-schottischen Besiedelung Australiens habe für spätere Einwanderer aus Asien, aus kontinentaleuropäischen Ländern wie Italien, für Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien oder Bootsflüchtlinge aus Vietnam keine Bedeutung.
2017 liefen ultrarechte Gruppierungen Sturm gegen ein Australia-Day-Plakat, auf dem ein lachendes muslimisches Mädchen zu sehen war. "Dieser Vorfall zeigt, dass die Debatte über den Australia Day weit über das Datum hinausgeht und es letztlich darum geht, wer dazugehört", hieß es in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe des Eureka Magazins der australischen Jesuiten. Das sei eine "fundamentale politische Frage".