DOMRADIO.DE: Was feiert die Kirche am dritten Adventssonntag?
Jan Hendrik Stens (Theologe und DOMRADIO.DE-Redakteur): Das ist der Freudensonntag, der Gaudete-Sonntag. Der dritte Adventssonntag hebt sich in besonderer Weise hervor. Warum? Weil wir Bergfest haben. Wir haben ja vier Adventssonntage. Das heißt, am dritten Adventssonntag sind zwei Wochen des Advents vorbei.
Auch wenn die Adventszeit in diesem Jahr nur dreieinhalb Wochen dauert, da der 25. Dezember auf einen Mittwoch fällt, kann man den dritten Adventssonntag als symbolische Mitte der Adventszeit betrachten. Deswegen keimt hier schon so etwas wie Vorfreude auf Weihnachten auf.
Der Wortlaut ist dem Eröffnungsvers der Heiligen Messe entnommen. "Gaudete in Domino semper" heißt es im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi, wenn man ihn auf Latein liest. Damit fordert Paulus die Gemeinde auf sich zu freuen, da die Wiederkunft des Herrn nahe ist.
DOMRADIO.DE: Was die liturgische Farbe betrifft, da gibt es an diesem Sonntag eine Besonderheit. Welche ist das?
Stens: Es besteht heute die Möglichkeit, anstelle Violett die Farbe Rosa zu verwenden.
Die liturgischen Farben sind erst relativ spät festgelegt worden, nämlich im Konzil von Trient. Doch davor gab es bereits Traditionen. Zum Teil werden auch heute noch bläuliche Messgewänder zu Marienfesten getragen. Weiß ist die Festtagsfarbe, grün ist vom Jahreskreis, die Farbe des sich erneuernden Lebens und der Hoffnung. Violett ist die Farbe der Buße, der Läuterung.
Heute schimmert durch dieses Violett der Buße bereits das freudige Weiß. Violett und Weiß ergeben zusammen diese rosa Farbe. Das Violett wird also aufgehellt. Daher können alternativ zum Violett am dritten Adventssonntag rosafarbene Paramente verwendet werden. Das ist mit dem Freudensonntag gemeint.
Analog gilt das auch für den vierten Fastensonntag, der den Namen Laetare-Sonntag trägt. Auch hier ist der Eröffnungsvers der Heiligen Messe namensgebend, der diesmal aus dem Buch Jesaja entnommen ist.
DOMRADIO.DE: Unterscheidet sich die Liturgie am Gaudete-Sonntag sonst noch außer bei der Wahl der liturgischen Farbe?
Stens: Nicht wesentlich. Man merkt es in der Fastenzeit etwas stärker, da die Adventszeit im Gegensatz zur Fastenzeit nicht mehr diesen strengen Bußcharakter hat. In der Fastenzeit haben wir bekanntlich die Fast- und Abstinenzgebote. Das schlägt sich auch in der Liturgie nieder, nämlich im Optischen: Kein Blumenschmuck, reduzierte Anzahl der Kerzen. Aber auch im Akustischen: Die Orgel soll nur zur Gemeindebegleitung eingesetzt werden. Alles ist also etwas spärlicher. Das ist in der Adventszeit so nicht vorgeschrieben. Man kann natürlich ein bisschen zurückfahren, ein bisschen schlichter, ein bisschen dezenter, aber nicht ganz so puristisch.
In der Fastenzeit wird das deutlicher, wenn am Laetare-Sonntag plötzlich doch wieder etwas mehr Musik zu hören ist oder wenn doch plötzlich wieder Blumenschmuck vor dem Altar steht. Das fällt jetzt in der Adventszeit nicht ganz so auf, weil der Kontrast hier nicht so stark ist. Aber im Wesentlichen hat dieser dritte Adventssonntag Gaudete eine ähnliche Bedeutung wie Laetare in der Fastenzeit.
Das Interview führte Martin Mölder.
Dieser Artikel erschien erstmalig am 11.12.2022 und wurde aktualisiert.