Warum die Landtagspräsidentin das Gebetsfrühstück schätzt

Für ein besseres Miteinander

Heike Winzent nimmt regelmäßig am Gebetsfrühstück im saarländischen Landtag teil. Sie fühlt sich durch das Treffen im "geschützten Raum" gestärkt, sagt sie im Interview. Zudem verbessere es den Umgang der Abgeordneten untereinander.

Reichhaltiges Frühstück  (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Seit der vergangenen Wahlperiode gibt es im Saarländischen Landtag ein Gebetsfrühstück. Wie kam es dazu - und warum in dieser Form?

Heike Winzent (SPD-Politikerin und Präsidentin des saarländischen Landtags): Das Format ist im Oktober 2019 auf Initiative zweier Abgeordneter bei uns im Haus ins Leben gerufen worden - Eugen Roth von der SPD- und Hermann-Josef Scharf von der CDU-Landtagsfraktion. Auch die Form des Gebetsfrühstücks geht auf die Initiative dieser beiden Kollegen zurück.

Landtagspräsidentin Heike Winzent  / © Fionn Grosse (privat)
Landtagspräsidentin Heike Winzent / © Fionn Grosse ( privat )

DOMRADIO.DE: Wie läuft so ein Gebetsfrühstück ab?

Winzent: Wir treffen uns regelmäßig in überkonfessioneller und parteiübergreifender Runde, bei der sich die Teilnehmenden fernab des politischen Tagesgeschäfts austauschen können. Wir treffen uns immer am Tag nach der Plenarsitzung zwischen 8:30 und 9:30 Uhr. 

Das ist aus unserer Sicht ein guter Termin, um kurz innezuhalten, bevor wir uns wieder in die nächste Runde an Terminen und Ausschusssitzungen begeben. 

Heike Winzent

"Wir kommen dort über Dinge ins Gespräch, die uns persönlich bewegen. Das schafft etwas Verbindendes, ein Miteinander."

Am Tag der Plenarsitzungen pflegen wir ja eine lebendige Debattenkultur und führen auch lang andauernde Diskussionen. Da tut es gut, am Tag danach gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen in dieser einen Stunde zur Ruhe zu kommen. 

Wir kommen dort über Dinge ins Gespräch, die uns persönlich bewegen. Das schafft etwas Verbindendes, ein Miteinander. Bei jedem Gebetsfrühstück gibt es auch einen Impuls, der von einem der Teilnehmenden vorbereitet und vorgetragen wird.

Jeder soll einmal die Rolle des Impulsgebers oder der Impulsgeberin übernehmen, damit auch wirklich jeder die Möglichkeit hat, die eigenen Eindrücke mit einfließen zu lassen. Diese Impulse empfinde ich als sehr bereichernd, weil sie in einem Moment des Innehaltens zur Reflexion anregen.

DOMRADIO.DE: Was haben diese Impulse für Themen?

Winzent: Das ist oft etwas ganz Persönliches, das gerne mit Erlebtem wiedergespiegelt wird. Oder aber es geht um Wünsche und Anregungen, die im Nachgang gemeinsam besprochen werden. In dem vertrauten Rahmen kann dann jeder Teilnehmer, jede Teilnehmerin, die eigene Sicht mit einbringen.

DOMRADIO.DE: Sie haben sicher auch schon einen solchen Impuls gehalten?

Winzent: Ja, beim ersten Gebetsfrühstück in der neuen Legislaturperiode hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, den Impuls zu übernehmen. Demnächst bin ich wieder dran und habe auch schon ein Thema, das mich umtreibt und das ich einbringen will: Ich möchte über die Vielfalt und die Stärkung unserer Demokratie sprechen.

Darüber, wie jeder einzelne von uns in seiner oder ihrer Rolle einen ganz wichtigen Beitrag dazu leisten kann. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen dafür gewinnen, dass wir uns auch im Rahmen dieses Formates im Sinne unserer Demokratie aktiv mit einbringen.

DOMRADIO.DE: Miteinander beten ist etwas anderes, als miteinander politische Angelegenheiten zu diskutieren. Schafft das Gebetsfrühstück in Ihren Augen vielleicht auch eine andere Grundlage für den Umgang der Abgeordneten untereinander?

Winzent: Selbstverständlich. Das sehen wir alle so, dass dieses überparteiliche und überkonfessionelle Miteinander beim Gebetsfrühstück tatsächlich das Miteinander an sich verbindlicher regelt. 

Und wie gesagt, gerade die Impulse geben die Möglichkeit, eigene Eindrücke einzubringen und sich in einem geschützten Raum darüber auszutauschen.

Heike Winzent

"Jedes Gebetsfrühstück endet damit, dass wir gemeinsam das Vaterunser sprechen."

DOMRADIO.DE: Sie frühstücken also zusammen, hören den Impuls und tauschen sich darüber aus. Beten Sie denn auch gemeinsam?

Winzent: Ja, jedes Gebetsfrühstück endet damit, dass wir gemeinsam das Vaterunser sprechen. Dieser Abschluss ist für uns ein ganz wichtiger wichtiger Bestandteil.

DOMRADIO.DE: Das Gebetsfrühstück ist überkonfessionell. Können denn auch Angehöriger anderer Religionen teilnehmen?

Winzent: Unser Treffen steht allen interessierten Abgeordneten des Saarländischen Landtages zur Verfügung, das Format steht jedem offen.

DOMRADIO.DE: Warum gehen Sie persönlich gerne zu diesem Gebetsfrühstück? Was gibt Ihnen das?

Winzent: Es gibt mir etwas, wenn wir uns in diesem vertrauten und verbindlichen Rahmen mit den Kolleginnen und Kollegen über persönlich Erlebtes austauschen. Das kann etwas sein, das unsere parlamentarische Arbeit anbelangt, aber auch etwas, das wir privat erlebt haben. 

Sich da gemeinsam in den Austausch zu begeben, das stärkt mich und das stärkt für mich eben auch das gute Miteinander bei uns hier im hohen Hause des saarländischen Landtags.

DOMRADIO.DE: Welche religiösen Traditionen pflegen Sie im saarländischen Landtag noch?

Heike Winzent

"Ich fühlte mich durch den Gottesdienst gestärkt, gut aufgestellt und gefestigt."

Winzent: Wir beginnen jede neue Legislaturperiode mit einem gemeinsamen Gottesdienst. Gerade als ich die große Aufgabe übernommen habe, als erste Landtagspräsidentin überhaupt vor diesem Parlament zu stehen, hat mir dieser gemeinsame Gottesdienst vor Beginn der Landtagssitzung richtig Kraft gegeben. 

Ich fühlte mich durch ihn gestärkt, gut aufgestellt und gefestigt, um die neue Aufgabe zu übernehmen. Ich glaube, das geht vielen Abgeordneten bei uns im Hause so; ich glaube, sie versuchen, das Signal des gemeinsamen Gottesdienstes mit in den Alltag zu nehmen. 

Außerdem haben wir in Abstimmung mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Gebetsfrühstücks beschlossen, einen Raum der Stille herzurichten. Noch sind wir in der Findungsphase, wie wir diesen Raum gestalten wollen. Ich gehe aber davon aus, dass wir das in Bälde auch gemeinsam umsetzen können. 

Gerade wenn das Plenum tagt, wäre so ein Raum wichtig, damit sich die Angeordneten auch einmal zurückziehen können, um sich vielleicht auf eine Rede zu einem ganz schwierigen, sensiblen Thema vorzubereiten, das einen auch emotional selbst ergreift. Deshalb ist es gut, dass wir beim Gebetsfrühstück diesen Konsens erreicht haben.

Heike Winzent

"Es ist einfach ein tolles Format."

DOMRADIO.DE: Würden Sie Abgeordneten anderer Landtage ein solches Gebetsfrühstück weiterempfehlen?

Winzent: Auf jeden Fall! Ich weiß nicht explizit, wie das anderswo gelebt wird, aber ich würde unser Gebetsfrühstück auf jeden Fall empfehlen. Wenn mich andere Kolleginnen und Kollegen darauf ansprechen, erwähne ich es immer gerne. Es ist einfach ein tolles Format. 

Es bietet überkonfessionell und parteiübergreifend die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum auch zu sensiblen Themen und Themen, die einen persönlich bewegen, auszutauschen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR