"Die Synode ist kein Parlament" - unzählige Male haben Papst Franziskus und die Organisatoren des katholischen Reformprojekts Weltsynode dies betont. Doch mitunter irrlichternde Regierungsvertreter, mit Wahlversprechen angereiste Abgeordnete und unnachgiebige Lobbygruppen erinnern an einen regulären Politbetrieb.
Das theologische Tauziehen bei dem Event der Weltkirche dreht sich erstaunlich oft um die Frage, was Frauen in der katholischen Kirche dürfen und was nicht. Der Vatikan beharrt auf einem ausschließlich männlichen Klerus, während ein Teil der Synodalen und entsprechende Interessenvertretungen die Gleichberechtigung der Frau in der Kirche erst durch den Zugang zum Weiheamt bestätigt sehen.
Druck von außen und innen
Letztere Stimmen fallen mit zahlreichen Protesteingaben in Medien und rings um den Vatikan auf. Entsprechende Statements zur Frauenfrage laufen in Redaktionspostfächern ein, bei Begegnungen versucht man, auf Synodale und Medien Einfluss zu nehmen, es gibt Demonstrationen und Gegenveranstaltungen bis hin zu einer "katholischen" Priesterinnenweihe. Doch auch aus der Synodenhalle kommen unterstützende Wortmeldungen zum Frauen-Anliegen. Aus dem streng vertraulichen Austausch der Synodalen werden Informationen an Medien durchgestochen.
Damit treiben die Befürworter einer Frauenweihe immer wieder den Vatikan vor sich her. Dieser wollte die vorhersehbare Auseinandersetzung bereits vor der Versammlung vermeiden, lagerte das Thema in ein externes, im Glaubensdikasterium angesiedeltes Gremium aus. Es ist nicht die erste Vatikan-Kommission zu dieser Frage - wohl aber die erste, die nicht rein wissenschaftlich arbeitet, sondern nah an einem öffentlichen kirchlichen Debattenforum angesiedelt ist. Glaubenspräfekt Kardinal Victor Fernandez hatte zu Beginn der Veranstaltung zwar die Veröffentlichung eines lehramtlichen Schreibens über die Rolle der Frau angekündigt, darin aber eine zeitnahe positive Entscheidung zum Frauendiakonat so gut wie ausgeschlossen.
Kritik an intransparenter Gremien-Besetzung
In der Versammlung zu mehr Mitwirkungsmöglichkeiten aller Katholiken regte sich Widerstand: die Arbeit des Gremiums an der Glaubensbehörde sei zu intransparent, dessen Besetzung unbekannt. Ein Treffen wurde anberaumt, Erwartungen zu einem Austausch geweckt - und nicht erfüllt. Fernandez selbst blieb der Veranstaltung fern und reagierte anschließend eher getrieben als strukturiert - und spielte damit der Opposition in die Karten.
Deren Anliegen ist nun mit unfreiwilliger Unterstützung des Glaubenspräfekten ganz oben auf der Agenda und in den Medien. Synodale, die im Auftrag des Papstes Wochen ihrer Zeit für Beratungen aufgebracht haben, fühlen sich enttäuscht und nicht ernstgenommen. Das Bild einer harmonischen Kirche der Zukunft, in der man sich auf Augenhöhe austauscht, ist dahin.
Leitung in Maßen
Auch das vatikanische Presseamt und die Synodenleitung vermochten zunächst nicht, die Wogen zu glätten. Ordensfrau Natalie Becquart, erste stimmberechtigte Frau bei einer Bischofssynode und Unter-Sekretärin derselben, versuchte, den Fortschritt bei Frauen in kirchlichen Führungspositionen zu demonstrieren. So zählte die Französin zahlreiche Stellen auf, die aktuell in weiblicher Hand sind oder weitere "Leadership"-Möglichkeiten für Frauen böten. Dass die oberste Leitungsautorität der Kirche qua Weihe ausschließlich in Männerhand liegt, wurde vom Podium gar nicht problematisiert. Stattdessen wurde auf einen notwendigen gesellschaftlichen Mentalitätswechsel zur allgemeinen Gleichbehandlung der Frau hingewiesen.
Überraschende Aufklärung
Derweil gab Fernandez die Verantwortung für das missglückte Gruppentreffen an seinen koordinierenden Sekretär weiter. Dieser habe sich einem medizinischen Eingriff unterziehen müssen und das Treffen an zwei Mitarbeiter delegiert. Fernandez' eigene Anwesenheit sei von Beginn an nicht geplant gewesen. Ein Austausch mit ihm, dem Präfekten, sollte dann aber doch noch stattfinden - zwei Tage vor Schluss der Synodenberatungen und damit gerade noch früh genug, um vielleicht doch noch die eine oder andere Formulierung im Schlusspapier beeinflussen zu können.
In seiner jüngsten Mitteilung spezifizierte der Argentinier zudem noch einmal die Vatikan-Haltung zur Frauenordination und überraschte mit der Tatsache, dass sich - anders als angenommen - sein Anfang des Jahres eingerichtetes Gremium nicht mit dem Frauendiakonat befasst. "Wir wissen, dass der Heilige Vater geäußert hat, dass die Frage des weiblichen Diakonats zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht reif ist, und er hat darum gebeten, dass wir uns jetzt nicht mit dieser Möglichkeit aufhalten", schrieb der Argentinier am Montag.
Stattdessen beschäftige man sich mit bislang noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten anderer Frauenämter, etwa als nicht geweihte Gemeindeleiterin. Die bereits 2020 vom Papst mit der Frage des Weiheamts beauftragte Expertengruppe werde hingegen ihre Studien zur Frauenordination wieder aufnehmen - Vorschläge und Bedenken könnten eingereicht werden.
Wird der Endspurt zum Hindernislauf?
Ob das die Frauen bei der Weltsynode und außenstehende Interessenverbände genauso sehen, ist fraglich. Letztere dürften sich zum Finale der Vatikan-Versammlung noch einmal mobilisieren. Die Teilnehmerinnen selbst sind dem Vernehmen nach in diesem Jahr deutlich mutiger und selbstbewusster aufgetreten. Bei der Abstimmung zum Abschlusspapier am Samstag machen sie etwa ein Achtel der Stimmen aus. Auch sie werden ihre Erfahrungen von Teilhabe in Kirche und Vatikan nach der Synode in die Welt tragen.
Laut Papst Franziskus ist die Synode ein "Ort des Zuhörens", kein Parlament. Und so muss er als Monarch selbst bei einem unbefriedigenden Ausgang der Versammlung kein Misstrauensvotum fürchten. Doch werden viele Gläubige ihre Konsequenzen aus dem Ergebnis ziehen - aktiv oder passiv. Oder, wie es Franziskus' Vertrauter Fernandez selbst formuliert: "Was wirklich vom Heiligen Geist kommt, lässt sich nicht aufhalten".