DOMRADIO.DE: Oma kocht Extrawürste und Papa kriegt darüber die Krise. Ist das so eine Sache?
Nora Klar (Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberaterin in Wuppertal): Ich glaube, das kann durchaus vorkommen, weil Omas und Opas häufig die Rolle haben, dass sie verwöhnen dürfen und das auch machen. Das ist aber auch die Rolle von Großeltern, dass sie auch verwöhnen dürfen.
DOMRADIO.DE: Woher kommt das?
Klar: Großeltern können bei den Enkeln eine ganz besondere Rolle einnehmen und das ist auch wichtig. Großeltern bringen meist viel mehr Zeit mit als die eigenen Eltern und das kann für Kinder total vom Vorteil sein, weil die Großeltern die Möglichkeit haben, an ganz viele Themen viel geduldiger heranzugehen. Sie haben häufig Zeit dafür, stundenlang mit Lego und Duplo zu spielen oder zum zehnten Mal den Ausflug in den Zoo zu machen, wo Eltern im Alltag, gerade wenn auch beide berufstätig sind, viel organisieren, und dann nicht den vollen Fokus auf das Kind haben.
Das ist bei Großeltern häufig anders. Die haben einfach den kompletten Fokus auf das Kind und das fühlt sich für ein Kind natürlich ganz wunderbar an und dadurch leisten Großeltern einfach was, was Eltern in der Form gar nicht leisten können.
DOMRADIO.DE: Möglicherweise ist es ja auch entspannt, wenn man nicht die Aufgabe hat, die Kinder in die Schule oder in den Kindergarten zu bekommen. Das sind ja diese Alltagsstress-Sachen, mit denen haben Oma und Opa in der Regel gar nichts zu tun haben, oder?
Klar: Ich sage immer, das ist ein bisschen Intimität mit Distanz. Meistens haben Großeltern eine ganz besondere Verbindung, sie kennen das Kind sehr gut und sind dem Kind sehr nah. Gleichzeitig gibt es die gewisse Distanz und man hat das Glück, dass man nicht alle alltäglichen Dinge mit dem Kind machen muss.
Wenn es dann vielleicht auch mal unangenehm wird, zum Beispiel so Sachen wie das frühe Aufstehen oder nächtliche Aufstehen, dann sind das Dinge der Eltern und die Großeltern haben das Glück, die schönen Dinge mit dem Kind zu erleben. Davon profitieren alle Seiten sehr.
DOMRADIO.DE: Aber es gibt ja auch eine andere Seite, wenn das Kind dann mal zu sagt Mama: "Ich will das hier auch und wieso kriege ich bei dir nicht den warmen Schlafanzug nach der Badewanne?"
Klar: Der warme Schlafanzug nach der Badewanne hört sich auf jeden Fall gut. Es kann natürlich dazu kommen, dass Kinder das versuchen, diese Extrawürste auch bei ihren Eltern zu bekommen und dass es vielleicht auch zu Streit zwischen Großeltern und Eltern kommt, weil es unterschiedliche Vorstellungen gibt. Aber meistens ist es schon so, dass Kinder das ganz gut können, zwischen unterschiedlichen Bezugspersonen zu unterscheiden.
Im Familienalltag macht ja meistens der Papa Dinge anders als die Mama. Und in meiner Beratung sage ich auch den Eltern häufig, dass das wichtig und richtig so ist, weil das Kind davon nur lernen kann, dass es auch unterschiedliche Regeln gibt bei unterschiedlichen Personen. Meistens wissen die Kinder, dass es bei der Oma Extrawürste gibt, die es zu Hause vielleicht nicht gibt und das ist auch das Besondere, dass Kinder lernen, dass es unterschiedliche Haushalte gibt, in denen unterschiedliche Regeln gelten.
DOMRADIO.DE: Gibt es denn auch mal Kritik dann von den Eltern an die Großeltern, oder auch umgekehrt, dass die eine Seite diesen Umgang mit den Extrawürsten nicht mag?
Klar: Auf jeden Fall. Es ist auch nicht so, dass es in allen Familien zwischen den Eltern und Großeltern die Beziehung besonders gut und harmonisch ist. Das kann auch sein, dass das nicht die beste Beziehung ist und die Kinder trotzdem Kontakt zu den Großeltern haben. Da kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, die vielleicht nicht alleine gelöst werden können. Und da ist es ganz wichtig, dass beide Parteien offen miteinander kommunizieren.
Ich habe gerade noch mal unterstrichen, dass es wichtig ist, dass es zwischen unterschiedlichen Personen unterschiedliche Regeln gibt. Aber es gibt ja Hauptregeln oder Werte und Normen, die einer Familie besonders wichtig sind. Und dann gibt es No-Gos, die Großeltern einfach nicht überschreiten dürfen. Da gibt es Grenzen.
Das zu benennen, zu sagen, das sind unsere Hauptregeln und uns ist wichtig, dass das auch bei den Großeltern durchgeführt wird, in allen anderen Dingen habt ihr Handlungsspielraum, weil das ist auch schön, aber die Hauptregeln werden eingehalten. Da ist es wichtig zu schauen, dass die Grenze gewahrt wird. Und wenn das nicht so ist, dass man auch guckt, wie man damit umgeht.
Das Interview führte Uta Vorbordt.