Warum Haustiere christlich bestattet werden können

"Lebewesen sind beseelt"

Christen glauben daran, nach ihrem Tod die Ewigkeit bei Gott zu verbringen. Aber werden sie dort auch ihre geliebten Haustiere wiedersehen? Was bedeutet es, wenn Tiere sterben und gibt es für sie so etwas wie eine Auferstehung?

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Symbolbild Trauer um verstorbenen Hund / © New Africa (shutterstock)
Symbolbild Trauer um verstorbenen Hund / © New Africa ( shutterstock )

Der Tierfriedhof "Sonnenblume" liegt in Mettmann, nahe Wuppertal und Düsseldorf: Zwischen Obstwiesen, Feldern und Pferdeweiden finden hier die geliebte Katze, das Meerschweinchen oder der Hund ihre letzte Ruhestätte. "Ein Ort der Erinnerung, wo Seele und Körper" ruhen, schreibt der Betreiber – ein Biobauer – auf seiner Seite. Ein Reihengrab kostet dort rund 500 Euro, Kleintiere sind günstiger. Für viele Menschen – egal ob Single oder in Familie – ist das Haustier wie ein Familienmitglied oder Lebenspartner, dementsprechend steigt das Angebot an Tierbestattungen und -friedhöfen. Aber wie steht der christliche Glaube dazu und kommen Tiere auch in den Himmel?

Seelsorge-Hund Greta mit Besitzer Peter Otten / © Johannes Schröer (DR)
Seelsorge-Hund Greta mit Besitzer Peter Otten / © Johannes Schröer ( DR )

"Auf jeden Fall wünsche ich es mir", sagt Peter Otten, dem diese Frage als Pastoralreferent im Erzbistum Köln immer wieder gestellt wird. Er antwortet dann mit dem 1. Johannesbrief, in dem es heißt: "Gott ist die Liebe". "Und wenn Sie Menschen kennen, die Liebe und Treue im Zusammenleben mit Tieren erfahren, dann ist das zutiefst berührend", sagt er. Das lasse keine Zweifel zu.

Thema in der Bibel

Otten ist selbst Herrchen einer sechs Jahre alten, weißen Pudeldame namens Greta, die nicht nur sein Leben und das seiner Familie verändert hat, sondern mittlerweile auch häufig bei Seelsorgegesprächen und Schulgottesdiensten mit von der Partie ist, weil sie die Kommunikation und den Kontakt zu Menschen erleichtert. Auch deswegen glaubt Otten: Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere kommen in den Himmel. "Ich kann es mit auch gar nicht anders vorstellen. Ein Himmel nur mit Menschen: Das wäre doch furchtbar", sagt er und grinst.
Auch in der Bibel wurde nicht zwischen Menschen und Tier getrennt, wenn es um das Himmelreich ging: Dort werden Wolf und Lamm, Löwe, Mensch und Schlange in Frieden leben, heißt es beim Propheten Jesaja. Der Apostel Paulus schreibt in seinem Römerbrief: "Die ganze Schöpfung wird zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangen." Und nicht nur Franz von Assisi war davon überzeugt, dass das auch Tiere mit meint; er bezeichnete Tiere als "Geschwister" des Menschen. 

Mensch im Mittelpunkt

Trotzdem setzte sich das im theologischen Denken nicht durch, die Theologie habe die Tiere lange Zeit schlicht vergessen, so Rainer Hagencord, der das Institut für Theologische Zoologie in Münster leitet. Schuld daran ist auch Augustinus, der behauptet hatte, dass nur diejenigen Lebewesen in den Himmel kommen, die Vernunft haben und denken können. 

Dr. Rainer Hagencord: Auch Tiere sind Bündnispartner Gottes (KNA)
Dr. Rainer Hagencord: Auch Tiere sind Bündnispartner Gottes / ( KNA )

Das hatte er allerdings nicht aus der Bibel, sondern von Platon und anderen griechischen Philosophen. Und bei Matthäus und Johannes heißt es, dass man Gott und Jesus kennenlernen, glauben und sich an Gottes Gebote halten müsse, um im Himmel ewig leben zu dürfen. 
Dass Tiere eine Seele haben – oder zumindest keine "gefühllosen Maschinen" sind, wie es René Descartes noch postulierte, darüber herrscht heute weitgehend Einigkeit. Tiere können Freude oder Angst empfinden, spezifische Gefühle und Bewusstseinslagen kann man ihnen nicht absprechen. Beim treuen Hund oder der Schmusekatze mag das noch einleuchten – aber gilt das auch für Steckmücken? Oder Zecken?

Geist Gottes weht

"Alles ist lebendig und alles steht miteinander in Beziehung", sagt der Pastoralreferent Otten und verweist auf Theologen, die von Abstufungen des Bewusstseins sprechen. Ein Schwein oder ein Affe ist demnach auf einer höheren Bewusstseinsstufe als ein Wurm, letzterer sei aber deswegen nicht seelenlos. Otten plädiert daher dafür, eher von "beseelt" als von "Seele" zu sprechen: "Lebewesen sind beseelt, das gefällt mir am besten, denn beseelt bedeutet im Alten Testament "ruach" – der Gottesatem, der durch alles, was lebt, hindurchfließt."
Papst Franziskus ist sogar der Ansicht, dass Tiere ihre eigene Art zu Beten haben: "Wir sind nicht die Einzigen, die beten in diesem gequälten Universum: Jedes Fragment der Schöpfung trägt die Sehnsucht nach Gott in sich geschrieben", sagte er in einer Generalaudienz im Jahr 2020; und in seiner 2015 Enzyklika "Laudato si" von 2015 bekundete er die Überzeugung, dass bei Gott jedes Geschöpf "in leuchtender Verklärung seinen Platz einnehmen" wird.

Unter den Papst-Äußerungen zählen Enzykliken zu den Höhepunkten. In ihnen verdichtet sich sein Denken, oft als Reaktion auf Fragen der Zeit. Am 5. Juli 2013 erschien die Enzyklika Laudato Si', die sich mit dem Thema Umwelt und Entwicklung beschäftigt. / © Cristian Gennari/Romano Siciliani  (KNA)
Unter den Papst-Äußerungen zählen Enzykliken zu den Höhepunkten. In ihnen verdichtet sich sein Denken, oft als Reaktion auf Fragen der Zeit. Am 5. Juli 2013 erschien die Enzyklika Laudato Si', die sich mit dem Thema Umwelt und Entwicklung beschäftigt. / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Christliches Begräbnis für Waldi?

Seit Peter Otten Hundebesitzer ist, macht er sich über die Frage, ob auch Tiere in den Himmel kommen, Gedanken – auch weil er an den Tag denkt, wo seine Pudeldame Greta nicht mehr bei ihm sein wird. Darum würde er auch niemandem den Wunsch nach einer christlichen Bestattung für das geliebte Haustier abschlagen: "Wenn jemand das Bedürfnis hat, sein Tier im Garten zu begraben und dabei ein Gebet zu sprechen, bin ich der erste, der dabei hilft", sagt der Pastoralreferent. Natürlich müsse man eine angemessene Form finden, "aber, dass Menschen sich ein spirituelles Format wünschen, um das für sich auch geistlich zu deuten, kann ich sehr gut nachvollziehen!" 
Ob es dann ein Wiedersehen im Himmel geben wird? Das ist am Ende natürlich eine Frage des Glaubens. Und wie kann man sich das vorstellen? "Ich lasse mich überraschen", so Otten. Auf jeden Fall aber müsse diese Haltung auch zu Konsequenzen im Umgang mit Tieren im Diesseits führen, findet er. "Wenn wir davon ausgehen, dass Tiere von Gott erzählen, wie es in den Psalmen heißt, können wir doch nicht unsere Augen vor der Massentierhaltung und den Schlachtfabriken verschließen", so Otten weiter. Bei ihm hat das zum Umdenken geführt: Fleisch kommt bei ihm fast gar nicht mehr auf den Tisch, seine Frau ist Vegetarierin: "Der größte Fleischesser", sagt er, "ist bei uns der Hund".

Quelle:
DR