Warum wählen viele US-Katholiken Trump?

Rechte und Rechtgläubige

Im US-Wahlkampf schlagen sich immer mehr Katholikinnen und Katholiken auf die Seite von Donald Trump und sprechen sogar Empfehlungen aus, obwohl der Republikaner eigentlich all ihren Moralvorstellungen widerspricht. Warum ist das so?

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Donald Trump, US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner und ehemaliger US-Präsident, spricht am 30.10.2024 während einer Wahlkampfveranstaltung im Rocky Mount Event Center. / © Julia Demaree Nikhinson/AP (dpa)
Donald Trump, US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner und ehemaliger US-Präsident, spricht am 30.10.2024 während einer Wahlkampfveranstaltung im Rocky Mount Event Center. / © Julia Demaree Nikhinson/AP ( dpa )

In die Gruppe prominenter Trump-Unterstützer reiht sich jetzt auch Robert F. Kennedy Jr. – Neffe des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy – ein. In der vergangenen Woche rief er die katholische Wählerschaft in den USA dazu auf, am 5. November für Donald Trump zu stimmen. Im vergangenen Jahr war er noch als Präsidentschaftskandidat für die Demokraten ins Rennen gegangen, später dann als Parteiloser.

Jetzt wirbt er in einer Videobotschaft für Trump. Darin spricht er über seine Beziehung zu Gott, über Sünde, Vergebung und seine Nation, die nur eine Zukunft habe, wenn man sie jetzt Trump anvertraue, sagt er, denn er sei der Garant für wirtschaftlichen Aufschwung und eine restriktive Einwanderungspolitik. Das Video ist unterlegt mit spiritueller Musik und Marienbildern, gesponsort wurde es von der konservativen Gruppe "CatholicVote", die als katholische Mobilisierungskampagne in den Swing States fungiert. Robert F. Kennedy Jr. hatte erst kürzlich angekündigt, sich aus diesen Bundesstaaten zurückzuziehen.

Mehr Katholiken für Trump

Gleichzeitig heizt das Trump-Lager das Narrativ von der anti-katholischen demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris an. Gläubige Christen würden von den Demokraten politisch verfolgt und Harris wolle sie zu "Bürgern zweiter Klasse" machen, behauptet Trump regelmäßig. Sie zu wählen sei sogar moralisch verwerflich und eine schwere Sünde, schrieb der ehemalige Erzbischof und Vatikan-Botschafter Carlo Maria Viganò vergangene Woche in einem offenen Brief "an die amerikanischen Katholiken". Darin nennt er Harris ein "teuflisches Monster", das "von Satan gelenkt" sei und nichts weniger als die "Auslöschung der Christen in den USA" im Sinn habe. 

Sowohl Kennedy als auch Viganò hatten in der Vergangenheit mit abstrusen Äußerungen und Verschwörungstheorien von sich Reden gemacht. Seit Juli diesen Jahres ist Viganò exkommuniziert. Doch beide sind prominent und haben Einfluss auf die Meinungsbildung rechtskonservativer Kreise. Und die spielen bei den anstehenden US-Wahlen eine wichtige Rolle.

Trump, ein politischer Verbündeter?

Während die katholische Stimme bei den Wahlen vor vier Jahren annähernd gleichmäßig auf die Donald Trump und Joe Biden aufgeteilt war, haben sich die Gewichte jetzt zugunsten der Republikaner verschoben 52 Prozent der als Wähler registrierten Katholiken identifizieren sich derzeit mit der Trump-Partei. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Pew Research Centers in Washington. Die Frage, wer die Katholiken von sich überzeugen kann, wird also auch das Wahlergebnis beeinflussen.

Dass Trump ein gläubiger Mensch sei, nehmen ihm selbst die frommsten Amerikaner nicht ab, sagt Alan Cooperman, Direktor für Religionsforschung am Pew Research Center im Interview mit DOMRADIO.DE. Trumps persönlicher Lebenswandel widerspreche den Moralvorstellungen der Konservativen zutiefst. "Aber sie betrachten ihn als ihren politischen Verbündeten", so Cooperman. "In unseren Umfragen sagen sie, dass er sich für Menschen mit religiösen Überzeugungen einsetzt. Das scheint der Hauptgrund zu sein, weshalb sie ihn unterstützen."

Trump und die Pro-Life-Bewegung

Das bestätigt auch Clark Smith. Der überzeugte Katholik lebt in Texas und fühlt sich von den Republikanern besser vertreten, erklärt er im DOMRADIO.DE-Interview. "Zwar glaube ich nicht, dass Trump persönlich gegen Abtreibung ist. Natürlich hätte ich lieber einen Präsidenten, der spirituell und moralisch integer ist. Aber Trump hat in seiner letzten Amtszeit viel für die Pro-Life-Bewegung in den USA getan", sagt er und verweist auf die Ernennung der konservativen Richter am Obersten Gerichtshof der USA. Dieser hatte 2022 das landesweit geltende Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gekippt. Jetzt gelten wieder die Gesetze der einzelnen Bundesstaaten.

Der Bundesstaat Minnesota, wo Kamala Harris‘ Vize Tim Waltz Gouverneur ist, ist für Smith ein abschreckendes Beispiel: "Dort kann man die Kinder bis zur Geburt abtreiben", sagt er. Fakt ist, dass Walz die Beibehaltung der aktuellen Gesetzgebung befürwortet, der zufolge Abtreibungen grundsätzlich erlaubt sind. Im letzten Trimester der Schwangerschaft kommen diese allerdings Statistiken zufolge sehr selten vor und auch nur dann, wenn das Leben oder die Gesundheit der Mutter in Gefahr sind. Die Debatte um den Lebensschutz ist in den USA hochemotional und Trump weiß sie sich zu Nutze zu machen.

Wie hält es Kamala Harris mit der Religion?

Auch in Fragen der Wirtschaft und Einwanderung traut der Katholik Smith Trump mehr zu. Doch am Ende entscheidet für ihn seine Religion. Bei Kamala Harris finde er sich nicht wieder, sagt er, mehr noch: "Ich bin überzeugt, sie würde alle Kirchen schließen, wenn sie könnte und katholische Ärzte dazu zwingen, Abtreibungen vorzunehmen. Die Demokraten sind nicht nur säkular, sondern sie sind religionsfeindlich!" Hat sich Harris jemals entsprechend geäußert? Belegbar ist es nicht. 

Sie sei im Glauben an einen liebenden Gott erzogen worden und lebe ihren Glauben, indem sie anderen helfe. Dieser Grundsatz leite auch ihre Arbeit, sagte sie kürzlich in einer Bürgersprechstunde. "Kamala Harris wurde als Baptistin erzogen, ihr Vize Tim Walz ist Lutheraner. Ich denke, im größeren Kontext kann man sagen, dass sie die gleichen moralischen Werte und Prinzipien vertreten, wie Joe Biden als Katholik", sagt John P. Whelan, Gründer der "Catholic Democrats" und Mitglied der Aktion "Catholics for Kamala".

Geld für Narrative

Längst ist die Frage der vermeintlichen Rechtgläubigkeit eines der vielen Schlachtfelder im Wahlkampf. Auch Präsident Biden wurde als "schlechter Katholik" bezeichnet. Ähnlich erging es dem demokratischen Kandidaten John Kerry 2004. 

Das habe alles wenig mit Moral zu tun, so Whelan weiter: "Ein enormer Geldbetrag wird in konservativ-katholischen Kreisen genau in diese Botschaft gesteckt." Viele Katholiken in den USA sehen das durchaus kritisch, denn nicht alle sind Anhänger der religiösen Rechten, sagt er. Er beobachtet einen ideologischen Grabenkampf innerhalb der katholischen Kirche: "Ich würde sogar sagen, dass die Kirche in den USA im Moment in einer ordentlichen Krise steckt."

Quelle:
DR