Was ein Pastor mit seinen Friedensmenüs erreichen will

"Meine Kirche wird zur Küche"

Mauricio Da Silva Carvalho ist überzeugt, dass auch die Liebe zu Gott durch den Magen geht. Als "kochender Pastor" bringt er unterschiedliche Menschen an einem Tisch zusammen. Besonderen Appetit will er auf den Frieden machen. 

Autor/in:
Hilde Regeniter
Der kochende Pastor Mauricio Da Silva Carvalho predigt beim Essen über den Frieden. / © Mauricio Da Silva Carvalho (privat)
Der kochende Pastor Mauricio Da Silva Carvalho predigt beim Essen über den Frieden. / © Mauricio Da Silva Carvalho ( privat )

DOMRADIO.DE: Was gefällt Ihnen eigentlich am Kochen?

Mauricio Da Silva Carvalho ist "Der kochende Pastor". (DR)
Mauricio Da Silva Carvalho ist "Der kochende Pastor". / ( DR )

Mauricio Da Silva Carvalho (Pastor der Josua Gemeinde Hamburg-Ottensen und (Link ist extern)„Der kochende Pastor“): Kochen ist der beste Weg, um Komplimente zu bekommen. Es ist einfach fantastisch wenn jemand dein Essen probiert und sagt ‚Oh wie lecker!‘ Dann denke ich: ‚Klasse, ich habe dem Anderen eine Freude bereitet.‘ 

Mauricio Da silva Carvalho

"Die Pharisäer haben Jesus vorgeworfen, dass er den ganzen Tag mit Sündern herumhängt, mit ihnen isst und trinkt. Ich wollte das tun, was Jesus getan hat"

DOMRADIO.DE: Warum sind das Kochen und das Essen-Servieren in Ihren Augen außerordentlich gute Möglichkeiten, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen? 

Da Silva Carvalho: Weil das der Weg Jesu war! Was hat Jesus gemacht? Er hat sich mit den Leuten an einen Tisch gesetzt und gemeinsam mit ihnen gegessen und getrunken. Die Pharisäer haben ihm damals vorgeworfen, dass er den ganzen Tag mit Sündern herumhängt, dass er mit ihnen isst und trinkt. Ich wollte das tun, was Jesus getan hat. 

Wie Jesus trifft sich der kochende Pastor Mauricio Da Silva Carvalho mit den Menschen zum Essen. / © Mauricio Da Silva Carvalho (privat)
Wie Jesus trifft sich der kochende Pastor Mauricio Da Silva Carvalho mit den Menschen zum Essen. / © Mauricio Da Silva Carvalho ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie sagen, dass Ihre Kirche zur Küche wird, Ihre Gemeindemitglieder und Nachbarn zu Gästen. Was ist das Rezept, damit das funktioniert? 

Da Silva Carvalho: Erstens braucht es dazu natürlich gutes Essen - und dann Freundlichkeit. Wir müssen die Türen aufmachen, Menschen einladen, ihnen sagen 'Hey, kommt! Es gibt leckeres Essen, wir kochen zusammen.' Außerdem lade ich zu Soulfood-Gottesdiensten ein. Da frühstücken die Gäste erst einmal und als Hauptspeise bereite ich, anstatt zu predigen, an meinem Kochtisch eine warme Mahlzeit zu. Dabei deute ich das jeweilige Essen, die einzelnen Zutaten, die einzelnen Geschmäcker. Ich spreche dabei vom Frieden und darüber, wie der Frieden wohl schmecken würde. 

DOMRADIO.DE: Sie sehen also einen engen Zusammenhang zwischen dem Kochen, dem Essen und dem Frieden. Inwiefern? 

Da Silva Carvalho: Frieden ist erst einmal etwas Abstraktes, ein Wort. Wenn die Leute aber an meinen Kochtisch kommen, frage ich sie, wie für sie der Frieden denn schmecken würde. Dadurch pflanze ich eine Idee in ihren Kopf. Indem ich im Zusammenhang mit Geschmäckern vom Frieden spreche, bekommen sie ein Bild vor ihrem inneren Auge. Ich sage immer, dass jeder und jede mehrere unterschiedliche Zutaten braucht, um seinen oder ihren Frieden zu erreichen. Es gibt viele Dinge, die zum Frieden beitragen können. So deute ich auch das Essen. 

Mauricio Da silva Carvalho

"Mein Frieden schmeckt so wie mein Frischkäse"

DOMRADIO.DE: Wie schmeckt Frieden denn für Sie persönlich? 

Da Silva Carvalho: Mein Frieden schmeckt so wie mein Frischkäse. Ich schmecke eine gewisse Säure und etwas Schärfe, ich schmecke die Milch als Grundlage und einen Hauch von Zitrone, den Zusammenklang all dieser Aromen. Wenn ich mir diesen Frischkäse aufs Brot schmiere denke ich: 'Oh, das ist ein friedenvoller Tag'. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie darüber hinaus ein allgemeines Rezept, wie Frieden gelingen kann?

Da Silva Carvalho: Frieden entsteht, wo wir Nächstenliebe in unserem Leben freisetzen. Er entsteht, wenn wir den Anderen so sehen, wie er ist. Wenn wir in ihm oder ihr den Menschen erkennen, der vielleicht nicht perfekt, aber doch unendlich geliebt ist. Frieden entsteht auch, wenn wir die Dinge in Ordnung bringen, die Unruhe in unseren Leben verursachen. Wir können damit beginnen, Menschen zu vergeben oder sie auch loszulassen. Solche Schritte helfen, Frieden in unsere Herzen zu bringen. 

Da Silva Carvalho kocht Gerichte, die nach Frieden schmecken.  / © Mauricio Da Silva Carvalho (privat)
Da Silva Carvalho kocht Gerichte, die nach Frieden schmecken. / © Mauricio Da Silva Carvalho ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie kochen auch immer wieder sogenannte Friedensmenüs. Was verstehen Sie unter Friedensmenüs? 

Da Silva Carvalho: Ein Friedensmenü ist die Kombination von Gerichten zweier Länder, die miteinander zerstritten sind, auf einem Teller. So habe ich zum Beispiel schon viele Friedensmenüs für Ukrainer und Russen gekocht. Die Explosion der Aromen, die dabei entstehen, bringt einen besonders guten Geschmack des Friedens hervor. Für die Ukraine habe ich einen Rote-Bete-Salat mit Nüssen, Mayonnaise und Kräutern zubereitet, für Russland mit Fleisch gefüllte Teigtaschen. Das war einfach sehr lecker. 

DOMRADIO.DE: Wie haben die Leute reagiert? 

Da Silva Carvalho:  Viele fanden das interessant und sind miteinander ins Gespräch gekommen. Aber es gab durchaus unterschiedliche Meinungen; daraus habe ich auch gelernt. Eine Frau aus der Ukraine hat mir zum Beispiel gesagt: 'Ich weiß, Sie meinen das gut, aber Sie setzen unser Essen mit dem des Aggressors auf einen Teller!' Ich habe mich entschuldigt und ihr gesagt, dass ich ihre Gefühle nicht verletzen wollte. Mir ist sehr wichtig, die Gefühle der Menschen zu achten und zu respektieren. 

Statt einfach zu predigen lädt der Pastor zu einer Brunch-Gottesdiensten ein. / © Mauricio Da Silva Carvalho (privat)
Statt einfach zu predigen lädt der Pastor zu einer Brunch-Gottesdiensten ein. / © Mauricio Da Silva Carvalho ( privat )

DOMRADIO.DE: Haben Sie auch schon israelisch-palästinensische Friedensmenüs gekocht? 

Da Silva Carvalho: Na klar, ich habe ganz unterschiedliche Speisen aus der Region miteinander kombiniert. Gerade die Israelis und die Palästinenser haben sehr ähnliche Rezepte, deshalb ist die Variation kleiner. Aber diese Gerichte aus dem Nahen Osten schmecken einfach fantastisch. 

DOMRADIO.DE: "(Link ist extern)Jesus, meine Küche und unser Appetit auf Frieden" heißt das Buch, das Sie gerade geschrieben haben. Ist es ein Rezepte-Buch? 

Da Silva Carvalho: Nein. Es geht um den Geschmack des Friedens. Es sind nur drei Rezepte darin, die ich auf den Frieden hindeute. Das ist nichts anderes als das, was ich auch bei Soulfood mache, also meinen Brunch-Gottesdiensten. Ich will die Menschen dazu ermuntern, sich Gedanken über den Geschmack ihres persönlichen Friedens zu machen. Dazu erzähle ich meine eigene Geschichte und von den schwierigen Jahren, in denen ich überhaupt keinen Frieden hatte. Als ich sechzehn wurde, habe ich zum Beispiel in mein Schulheft geschrieben: 'Ich liebe meine Mutter nicht'. Damals habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich so vieles in meinem Herzen trage, aber keinen Frieden. 

Mauricio Da silva Carvalho

"Wir werden nur dann wirklich satt werden, wenn wir das erleben, was Gott für uns vorbereitet hat"

DOMRADIO.DE: Der Untertitel Ihres Buches lautet "Wie du wirklich satt wirst". Wie werden wir denn wirklich satt? 

Da Silva Carvalho: Wir werden wirklich satt, indem wir unsere Geschichte reflektieren und dabei die Frage beantworten, warum wir überhaupt auf dieser Erde sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott einen Plan für jedes Leben hat. Wir werden nur dann wirklich satt werden, wenn wir diesen Plan leben, wenn wir das erleben, was er für uns vorbereitet hat. 

DOMRADIO.DE: Sie stammen aus Brasilien. Inwieweit haben die brasilianische Küche und die Geschmäcker Brasiliens Sie geprägt? 

Da Silva Carvalho: Sie sind immer dabei! Die vielen Gewürze und Kräuter zum Beispiel. Und alles muss immer frisch sein und voller Freude - so wie in Brasilien. Wenn ein Brasilianer in die Küche geht, um zu kochen, hat er Freude, er singt und tanzt dabei. Das mache ich auch. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR

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