DOMRADIO.DE: Was genau feiert die Kirche an Fronleichnam?
Jan Hendrik Stens (Theologie-Redaktion): Fronleichnam ist eine Ausdeutung des Gründonnerstagsereignisses nach dem Ende der Osterzeit. Daher feiern wir Fronleichnam auch an einem Donnerstag. Während am Gründonnerstag das Abendmahl mit der Einsetzung der Eucharistie im Mittelpunkt steht, feiern wir an Fronleichnam die bleibende Gegenwart Jesu Christi in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein. Zum Zeichen dafür tragen wir die Monstranz, also die geweihte Hostie, in einem Schaugefäß durch die Dörfer und Städte, um zu zeigen, dass Jesus Christus auch wahrhaft sakramental bleibend gegenwärtig unter uns ist.
DOMRADIO.DE: Fronleichnam ist in Regionen mit überwiegend katholischer Bevölkerung sogar ein gesetzlicher Feiertag, auch hier in NRW. Evangelische Christen feiern also nicht Fronleichnam. Warum nicht?
Stens: Weil sie die bleibende Gegenwart Jesu Christi in den eucharistischen Gestalten ablehnen. Man muss bei "evangelisch" zwischen den einzelnen Bekenntnissen unterschieden. Während das Abendmahl bei reformierten Christen ein reines Gedächtnismahl ist, glauben Lutheraner durchaus an die Gegenwart Jesu Christi in der Gestalt von Brot und Wein, aber nur während des Abendmahls selbst. Danach ist es wieder gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Wein. Deshalb gibt es in evangelischen Kirchen auch keinen Tabernakel. Insofern ist Fronleichnam ein wirklich rein katholisches Fest.
DOMRADIO.DE: In Köln fand erstmals in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Prozession statt. Das Fronleichnamsfest hat hier also eine lange Tradition. Wie wird denn am Kölner Dom Fronleichnam gefeiert?
Stens: Am Vormittag versammeln sich alle Gemeinden der Innenstadt auf dem Roncalliplatz auf der Südseite des Doms, um gemeinsam mit dem Erzbischof die Heilige Messe zu feiern. Die gibt ein insgesamt sehr buntes Bild ab, weil auch Mitglieder der Gemeinden anderer Sprachen und Nationen dabei sind. Deshalb werden auch einige Texte in der Liturgie nicht auf Deutsch verlesen. Nach der Messe ziehen dann alle Beteiligten in einer langen Prozession durch die Kölner Altstadt, bevor es in in den Dom geht, wo der sakramentale Segen erteilt wird.
DOMRADIO.DE: Aber nicht nur in der Kölner Innenstadt gibt es eine große Prozession. Wie sieht es an anderen Orten des Erzbistums aus?
Stens: Am bekanntesten ist hier sicherlich die Mülheimer Gottestracht, die seit über 400 Jahren im heutigen Kölner Stadtteil Mülheim stattfindet. Dort gibt es nach der Heiligen Messe in der Liebfrauenkirche und der anschließenden Prozession durch den Stadtteil auch eine Schiffsprozession entlang der ehemaligen Stadtgrenzen. Hierfür wird sogar für einige Stunden der gesamte Schiffsverkehr auf dem Rhein gesperrt. Höhepunkt ist dann schließlich der "Segen über Strom und Land", der vom Schiff aus erteilt wird. Aber auch in Düsseldorf gibt es eine große Prozession durch die Altstadt, nachdem vorher die Heilige Messe auf dem Marktplatz gefeiert worden ist. In Bonn hingegen will man neue Zeichen und Signale setzen. Dort will man die Innenstadtprozession als Demonstration für Einheit und Frieden begehen und auch Ökumene und fremdsprachige Gemeinden beteiligen. Es gibt aber noch viele andere Gottesdienste und Prozessionen mit besonderen Akzenten, oftmals auch am eigenen Wohnort. Ein Blick in den Gottesdienstplan der eigenen Pfarrgemeinde gibt da schon die passenden Informationen.
Das Interview führte Florian Helbig.