Weihbischof König über deutsche Waffen, die Kriege schaffen

Bürgerkrieg und Terrorismus "made in Germany"

Deutsche Waffen sollen im Nordirak den bedrohten Kurden helfen. Weihbischof Matthias König ist Mitglied der Friedenskommission "Justitia et pax" und beobachtet die Entwicklung mit großer Sorge: Zu oft hätten Waffen "made in Germany" für Unheil gesorgt.

Made in Germany: Panzerabwehrwaffe Milan (dpa)
Made in Germany: Panzerabwehrwaffe Milan / ( dpa )

domradio.de: Wie groß ist ihre Sorge wenn Sie die Berichte aus dem Irak sehen?

Weihbischof König: Ja, die Sorge ist groß und ich teile sie mit all den Menschen die dort eben Verwandte haben oder Bezüge. Ich durfte jetzt bei der Liborifeier einer ganzen Reihe von Chaldäern und syrisch-orthodoxen Christen begegnen, die dort ihre Verwandtschaft hatten und die dann hier in Gütersloh und Paderborn dafür eingetreten sind, auf die Lage der verfolgten Christen und der anderen unterdrückten und verfolgten Minderheiten hinzuweisen.

domradio.de: Nun wurde von den Islamisten ein amerikanischer Journalist enthauptet als Racheakt für die Luftangriffe der Amerikaner. Haben Sie auch die Sorge, dass sich dieser Konflikt noch weiter ausdehnen könnte?

Weihbischof König: Die ISIS scheint ja im Grunde die Weltherrschaft anzustreben und das aus dieser Zelle ihres selbsternannten Kalifates heraus. Die schreckliche Hinrichtung dieses amerikanischen Journalisten macht ja deutlich, dass diese Menschen keine Skrupel haben. Sie sind in einer Weise verblendet, wie wir das nicht mehr nachvollziehen können.

domradio.de: Die Bundesregierung will nun Waffen an die Kurden im Nord-Irak liefern, wie sehen Sie das?

Weihbischof König: Es ist ja eine der traurigen Tatsachen, dass die Bundesrepublik Deutschland der dritt- oder viertgrößte Waffenproduzent der Welt ist. Wir tragen also indirekt, ohne dass uns das in der Öffentlichkeit so bewusst ist, mit dazu bei, diese Konflikte im buchstäblichen Sinne zu befeuern. Auch die ISIS-Kämpfer haben Waffen, die sicherlich zum Teil hier bei uns hergestellt worden sind, wie immer sie sie auch erworben haben mögen. Auch in anderen Teilen der Welt, in denen gekämpft und gemordet wird und uns Bürgerkrieg und Terrorismus Sorge machen, muss man sich ja fragen, wo die Waffen herkommen? Irgendjemand muss sie ja den Terroristen und den Kämpfern verkaufen. Dieses Unheil ist eine Schande für uns in Deutschland, dass wir da sagen müssen: auch wenn es vielleicht nicht drauf steht, steckt doch "Made in Germany" dahinter.

domradio.de: Sie sind also dagegen, jetzt die kurdischen Kämpfer mit Waffen aus Deutschland auszurüsten, damit sie den ISIS-Truppen entgegentreten können?

Weihbischof König: Ich will es mir nicht so leicht machen, aber dass muss tatsächlich die Politik entscheiden. Ich vertraue immer noch darauf, dass unsere Politiker durch die Informationen, die sie haben, eine Kenntnis haben, die ich nicht habe. Waffenlieferungen sind immer problematisch weil damit das Töten und Morden weiter befördert wird. Die Frage ist immer, und da ist in der Theologie ja auch immer drüber gestritten worden, ob es einen gerechten Krieg gibt. Muss man sich manchmal eben auf eine Seite schlagen, um größeres Unrecht zu vermeiden? Das wird diskutiert, ich will da keine letzte Stellung zu beziehen.

domradio.de: Der Papst hat gesagt, er sei prinzipiell gegen Waffenlieferungen, es gäbe aber auch die Option des gerechten Entgegentretens, d.h. Sie unterstützen ihn in diesem Punkt?

Weihbischof König: Ja, natürlich. Das war immer die katholische Position durch all die Zeiten, in denen über dieses Thema gesprochen wird.

domradio.de: Die militärische Operation im Irak ist das eine, das andere ist die humanitäre Katastrophe, die Flüchtlingskatastrophe. Was kann man, was kann auch die Kirche tun, um dem entgegen zu treten?

Weihbischof König: Ich nehme mal an, dass auch in diesem Fall unsere Kirche und die Kirchen in Koalitionen zusammenfinden, diejenigen sind, die wirklich am wirksamsten helfen können und die ganz gezielt Hilfe geben. Die Hilfswerke haben ihre Hilfsfonds und ihre Katastrophenfonds, gerade in solchen Situationen sofort und gezielt einzugreifen, das wird auch jetzt laufen. Und die innerkirchliche Solidarität greift. Es ist gerade für die vertriebenen Christen sicher eine große Tragik, dass nach fast 2000 Jahren das christliche Leben in und um Mossul fast völlig ausgelöscht wurde. Gerade unsere Schwestern und Brüder aus der Chaldäischen, der Asyrischen und der syrisch-orthodoxen Kirche finden oft Aufnahme bei ihren Verwandten in den Nachbarländern oder auch in aller Welt.

domradio.de: Die Solidarität mit den verfolgten und fliehenden Christen ist groß in Deutschland. Immer wieder gibt es Gebete für den Frieden, zu denen auch der Papst aufgerufen hat. Welche Hoffnung haben Sie für die Zukunft?

Weihbischof König: Ja, die Solidarität ist groß innerhalb der Christen. Ich habe mich nur gewundert, dass die Auslöschung christlichen Lebens nur eine kleine Notiz in den Zeitungen wert war. Die Jesiden waren da klüger und haben ihre Leute stärker mobilisiert und große Demonstrationen veranstaltet. Da kam das zu Recht in alle Medien und auf die ersten Seiten. Ich staune immer wieder, dass wir dann doch so wenig Solidarität mit unseren Glaubensgeschwistern zeigen. Ich bitte darum, dass wir viel mehr Mut haben, öffentlich aufzutreten und zu sagen, was da geschieht. Welche Hoffnung ich für die Christen habe? Es ist zu befürchten, dass die wenigsten zurückkehren werden nach diesen traumatischen Erlebnissen. Ich erlebe in anderen Teilen der Welt, dass da auf einmal große Gemeinden dieser Exilchristen entstehen, die sehr lebendig sind. Ich kann immer nur beten und hoffen, dass der Glaube auf diese Weise dort lebendig bleibt und doch irgendwann einmal wieder in sein Ursprungsgebiet zurückkehrt.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR