Die Uhr rennt: Jede Sekunde vergrößert sich die leuchtende Zahl auf der Weltbevölkerungsuhr der Homepage der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) in Hannover. Eine unaufhörliche Dynamik, auch wenn sich die Geschwindigkeit der Uhr verringern wird: Die Weltbevölkerung sei 2017 um rund 83 Millionen Menschen angewachsen, teilte die DSW am Freitag mit. Das sind etwa so viele, wie in Deutschland leben. Zum Jahreswechsel werden voraussichtlich 7,591 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Jede Sekunde wächst die Zahl der Erdenbürger um 2,6, jede Minute um 157 und jeden Tag um 226.184.
"2011 waren wir noch sieben Milliarden Menschen, im Jahr 2050 werden wir 9,8 Milliarden und im Jahr 2100 rund 11,2 Milliarden sein", prognostizieren die Bevölkerungswissenschaftler. Eine steil ansteigende Kurve auf einer Grafik macht die Bevölkerungsexplosion bildlich vorstellbar. Wer Lust hat, kann auf der Homepage sein eigenes Geburtsdatum eintragen und ermitteln, wie viele Menschen zur Zeit seiner eigenen Geburt auf der Erde lebten.
Starkes Wachstum in Afrika
Wer die Grafiken der DSW betrachtet, sieht beeindruckende Verschiebungen: Indien wird China bis 2024 als bevölkerungsreichstes Land der Erde ablösen. Während Chinas Bevölkerung altert und von 1,4 auf 1,36 Milliarden zurückgeht, wird Indiens Einwohnerzahl von 1,34 Milliarden auf 1,66 Milliarden ansteigen. Bis 2050 dürfte Nigeria die USA als Land mit der drittgrößten Bevölkerung der Welt verdrängen.
Besonders stark wächst die Bevölkerung derzeit in Afrika, so die Stiftung. Dort werden 2050 nach Schätzungen der Vereinten Nationen 2,53 Milliarden Menschen leben und damit mehr als doppelt so viele wie derzeit (1,26 Milliarden). Noch vor 15 Jahren sei man von einer Zunahme auf lediglich 1,8 Milliarden ausgegangen, sagt Stiftungsgeschäftsführerin Renate Bähr. Jedoch sei die Fruchtbarkeitsrate von Frauen in Afrika nicht so stark gesunken wie ehedem angenommen.
"Wenn die Welt ein Dorf mit 100 Einwohnern wäre", so lautet ein Gedankenexperiment der DSW: 2017 wären darunter 60 Asiaten, 16 Afrikaner, 8 Lateinamerikaner, 10 Europäer, 5 Nordamerikaner und 1 Ozeanier. Die Zahl der Dorfbewohner würde dann bis 2050 auf 131 steigen: Davon wären 70 Asiaten, 34 Afrikaner, jeweils 10 Europäer und Lateinamerikaner, 6 Nordamerikaner und 1 Ozeanier.
Wichtige Faktoren des Bevölkerungswachstums sind die steigende Lebenserwartung und die höhere Überlebensraten von Kindern. Die Zahl der Menschen über 60 Jahre wird sich laut den UN-Schätzungen von heute knapp einer Milliarde auf 3,1 Milliarden im Jahr 2100 mehr als verdreifachen. Möglich ist das vor allem durch den medizinischen Fortschritt.
Junge Weltbevölkerung
Zugleich ist die Weltbevölkerung jung: Derzeit wächst die größte Jugendgeneration aller Zeiten heran. Von den 7,55 Milliarden Menschen, die aktuell auf der Welt leben sind mehr als ein Viertel (26 Prozent) jünger als 15 Jahre. In absoluten Zahlen sind das 1,9 Milliarden, also zweieinhalb mal so viele Menschen, wie in ganz Europa leben.
"Die Bevölkerungsentwicklung folgt keinem Naturgesetz", sagt DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. Das hohe Bevölkerungswachstum gehe zu einem großen Teil auf ungewollte Schwangerschaften zurück.
Bevölkerungsforscher und Hilfsorganisationen fordern deshalb verbesserte Angebote zu Aufklärung und Familienplanung. Zudem bedürfe es mehr Gleichberechtigung für Frauen in der Gesellschaft Afrikas und in anderen Entwicklungsländern, sagt Bähr.
Noch immer könne jede vierte Frau in diesen Regionen nicht verhüten, obwohl sie es wolle. Würde dieser Bedarf gedeckt, könne damit gerechnet werden, dass sich das Wachstum der Bevölkerung um ein Viertel verringere.