Weltsynode soll über Kirchenreformen beraten

Änderungsvorschläge im Vatikan vorgestellt

Der Papst will die katholische Kirche verändern. Statt einer Top-down-Herrschaft will er die Beteiligung aller Getauften. Die Weltsynode soll im Oktober Grundlagen dafür beschließen. Es gibt weitreichende Vorschläge.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Papst Franziskus bei der Weltsynode (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus bei der Weltsynode (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Im Vatikan ist am Dienstag das Arbeitspapier zur zweiten Runde der Weltsynode vorgestellt worden. Es enthält konkrete Vorschläge für eine veränderte Rechtsordnung und Funktionsweise der weltweiten katholischen Kirche.

In der Kirchenhierarchie soll es demnach künftig mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben. Auch der Vatikan soll künftig Rechenschaft vor den Ortskirchen ablegen.

Kardinal Jean-Claude Hollerich (l.), Erzbischof von Luxemburg und Generalrelator der Bischofssynode, und Kardinal Mario Grech (r.), Generalsekretär der Bischofssynode / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Jean-Claude Hollerich (l.), Erzbischof von Luxemburg und Generalrelator der Bischofssynode, und Kardinal Mario Grech (r.), Generalsekretär der Bischofssynode / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Das Papier, an dem sich die Debatten der Weltsynode in Rom im Oktober orientieren sollen, stellten die Kardinäle Jean-Claude Hollerich (Luxemburg) und Mario Grech (Malta) vor. Lateinisch wird es als "Instrumentum laboris" bezeichnet, der Titel lautet "Wie wir eine synodale missionarische Kirche sein können".

Keine einsamen Entscheidungen mehr

In der künftigen "synodalen Kirche" soll es demnach keine einsamen Entscheidungen durch Pfarrer, Bischöfe und Papst mehr geben.

Stattdessen sollen auf allen Ebenen synodale Beratungsstrukturen eingeführt werden, die sich allerdings von einer Demokratie unterscheiden.

Die Mitwirkungsgremien sollen, anders als bisher im Kirchenrecht geregelt, nicht mehr eine "bloß beratende Stimme" haben. Zwar müsse die Letztentscheidung durch den Bischof gewahrt bleiben, doch sei diese Kompetenz an Bedingungen gebunden.

Weder müsse künftig der Bischof den Willen des Volkes ausführen, noch solle der Bischof die Gremien dazu benutzen, seine bereits getroffenen Entscheidungen zu übermitteln. Ziel sei vielmehr eine "miteinander geteilte Entscheidung, die dem Heiligen Geist gehorcht", so der Text.

Gegen Wissenschaftshörigkeit bei Reformen

Das Arbeitspapier wendet sich gegen eine Wissenschaftshörigkeit bei kirchlichen Reformen. Während etwa der Synodale Weg in Deutschland manche Reformforderungen in der Sexualmoral mit "neuen Erkenntnissen der Humanwissenschaften" begründete, erkennt das Arbeitspapier der Weltsynode die Nützlichkeit wissenschaftlicher Analysen zwar an, betont aber gleichzeitig, dass die Kompetenz der Wissenschaften nicht das letzte Wort habe. Man müsse dafür sorgen, dass sie ihren Beitrag leisten könne, ohne dass sie über andere Sichtweisen dominiere.

Ein Bischof und eine Ordensfrau bei der Weltsynode / © Lola Gomez (dpa)
Ein Bischof und eine Ordensfrau bei der Weltsynode / © Lola Gomez ( dpa )

Wiederholt fordert das Arbeitspapier Transparenz und Rechenschaft in der Kirchenhierarchie. Diese sollen künftig nicht nur im Umgang mit Fällen von Missbrauch sowie im Finanzwesen gelten, sondern auch bei Pastoralplänen und bei den kirchlichen Arbeitsverhältnissen.

Rechenschaft solle es künftig in zwei Richtungen geben: Auch die unteren Ebenen sollten von den höheren Rechenschaft einfordern können.

Vatikan soll rechenschaftspflichtig werden

Das Arbeitspapier wendet dies auch auf die höchste Ebene der Kirchenhierarchie an und schlägt vor, dass der Papst Gesetze künftig erst nach gemeinschaftlichen Beratungen verkünden solle. Sein Apparat, die vatikanische Kurie, solle vor den Bischöfen der Ortskirchen Rechenschaft ablegen.

Dazu soll auch die Rolle der Vatikanbotschafter neu definiert werden. Die Nuntien waren bislang der verlängerte Herrschaftsarm des Papstes in den Ortskirchen. Die künftige Rolle der Papstbotschafter wird von einer separaten Arbeitsgruppe erörtert.

Diese und weitere Detailfragen, darunter eine mögliche Zulassung von Frauen zum Diakonat und die Reform der Priesterausbildung, hatte der Papst vorab an Arbeitsgruppen von Spezialisten ausgegliedert. Sie sollen noch bis Mitte 2025 beraten und damit die Synode überdauern.

Die Arbeitsgruppen sollen der Synodenversammlung im Oktober Zwischenberichte vorlegen.

Beratungen bei Weltsynode / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Beratungen bei Weltsynode / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Zudem schlägt das Papier die Einführung neuer Ämter und Dienste in der Kirche vor, die nicht an eine Weihe gebunden sind. Eines davon soll sich dem "Zuhören und Begleiten" von Menschen widmen, die sich von der Kirche verurteilt oder bedroht fühlen. Dieser Dienst solle je nach lokalen Umständen anders ausgestaltet werden.

Auf globaler Ebene wird zwischen den armen und reichen Bistümern eine Art solidarischer Finanzausgleich angeregt. Zudem regt das Papier die Schaffung einer dauerhaften Weltsynode an, die anders funktioniert als die von Papst Paul VI. im Jahr 1967 eingeführte Bischofssynode.

An der neuen Synode solle "das gesamte Volk Gottes" teilnehmen.

Darüber hinaus wurde die Gründung einer besonderen Kommission von Kirchenjuristen bekanntgegeben. Sie soll die Synode bei den anstehenden Änderungen des Kirchenrechts beraten, ohne die einige Reformen nicht möglich wären.

Reaktion von DBK und ZdK

In einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz äußerte sich deren Vorsitzender, Bischof Georg Bätzing, überwiegend positiv zu dem Dokument. Inhaltlich halte er es für eine gute Grundlage, mit der man in Rom arbeiten könne.

"Gespannt bin ich auf die Art und Weise, wie wir dazu synodal ins Gespräch gebracht werden. Beim letzten Mal war ein Katalog von Fragen Bestandteil des Instrumentum laboris, der unsere Beratungen sehr gut strukturiert hat", so Bätzing.

ZdK-Vizepräsident Thomas Söding ergänzte, eine synodale Kirche sei "Kirche der Gleichberechtigung", in der sich vieles verändern müsse: "Auch das Kirchenrecht kann nicht bleiben, wie es ist, wenn mehr Partizipation garantiert werden soll." Das Arbeitspapier gehe "einen vorsichtigen Schritt auf genau diese Öffnung zu". Ein Schlüssel dafür seien die Rechte von Frauen.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA