Seelsorger begleiten und helfen anderen Menschen in Not - aber auch sie selbst brauchen Menschen, mit denen sie sprechen können. Das erklärt David Roth, Mitinhaber und Geschäftsführer des Bestattungshauses Pütz-Roth in Bergisch-Gladbach. Roth spricht auf der Fachtagung "Hilfe für die Helfenden" der katholischen Thomas-Morus-Akademie Bensberg in Bergisch-Gladbach in dieser Woche darüber, was man Seelsorgern mit an die Hand geben kann. Denn viele Situationen und Einsätze seien auch für die Seelsorgenden selbst belastend.
Sein Bestattungshaus führt eine private Trauerakademie, die sich unter anderem an Menschen richtet, die beruflich mit Trauer zu tun haben, etwa Hospizhelfer. Trauer und Tod - was macht das mit den Helfern, was sind ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse? Roth glaubt, dass der Austausch von Erfahrungen und Gefühlen essenziell für Seelsorger ist. Außerdem ist er überzeugt, dass es ihnen helfen kann, sich mit der Bestattungskultur zu befassen. Daraus könne sich zum Beispiel eine gewisse Offenheit für nicht-traditionelle Bestattungen entwickeln.
"Schönstes Ehrenamt" braucht dickes Fell
Hermann-Josef Borjans, 65, ist Seelsorger bei der Ökumenischen Notfallseelsorge in Köln und berichtet auf der Tagung von seinem Alltag als Notfallseelsorger. Der frühere Kriminalbeamte ist ebenfalls davon überzeugt, dass Gespräche und Supervision den Helfern selbst am meisten helfen. "Ich war zum Beispiel bei der Ahr-Flut eingesetzt. Wir hatten zusammen mit anderen Helfern jeden Abend ein gemeinsames Briefing und haben das auch genutzt, um aufzuarbeiten, was tagsüber passiert ist", berichtet er. Bei dem Hochwasser 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen starben allein an der Ahr mindestens 135 Menschen.
Einen anderen Einsatz hat er der frühere Hauptkommissar ebenfalls in prägender Erinnerung: Die Mutter einer hinduistischen Familie mit zwei jüngeren Kindern hatte Suizid begangen. Während er als Seelsorger mit der Polizei vor Ort war, habe der Vater mit den Kindern einen Altar aufgebaut und die Großmutter in Indien angerufen.
Bei der fast zweistündigen "Live-Schaltung" samt Altaraufbau sei er die ganze Zeit mit dabei gewesen. Dass auch so etwas zu einer Trauerkultur gehören kann, sei für Seelsorger wichtig zu wissen, sagt Borjans. Sie wüssten dann, worauf sie sich einstellen könnten.
Als Notfallseelsorger wird Borjans nicht nur bei Suizid alarmiert, sondern zum Beispiel auch bei unerwartetem Tod: schweren Verkehrsunfällen, plötzlichem Säuglingstod oder Katastrophen. "Ein gewisses dickes Fell muss man haben", sagt er. Trotz der Belastungen sei es aber "das schönste Ehrenamt, das ich mir vorstellen kann".
Borjans hat sich in unterschiedlichen Seminaren unter anderem zur Krisenintervention ausbilden lassen; bei der Polizei war er zuletzt mehr als ein Jahrzehnt lang für den Opferschutz und Prävention zuständig.
Keine Dauerverfügbarkeit als Seelsorger
Dennoch könnten sich auch Seelsorger nicht davor schützen, persönlich betroffen zu sein. So sei er als Polizist in der Tatortaufnahme bei einer Familie in der eigenen Nachbarschaft gewesen, bei denen ein Kind am plötzlichen Kindstod verstorben sei. "Wir hatten damals ein Kind im gleichen Alter", erinnert sich Borjans. Um darüber hinweg zu kommen und sich mit seinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen, sei es wichtig gewesen, Gespräche zu führen. Auch die Fachtagung in Bergisch-Gladbach will einen Erfahrungsaustausch untereinander ermöglichen als "wichtigen Baustein in der Krisenintervention".
Er selbst komme nach Einsätzen zur Ruhe, wenn er sich "eine gute CD" auflege, einen Rotwein trinke, nachdenke und dann schlafen gehe. Einmal habe er an einem Tag drei Todesfälle hintereinander betreut. "Dann sind Sie durch", sagt Borjans. Dennoch: "Wenn ich da helfen konnte, dann kann ich ruhig ins Bett gehen."
Laut Bestatter Roth stehen Seelsorgende oft in Gefahr, "sich selbst zu vergessen". "Aber man muss erst sich selbst helfen, bevor man anderen helfen kann - das ist wie im Flugzeug", so Roth. Dafür wachse das Bewusstsein. Für ihn sei es kürzlich eine einschneidende Erfahrung gewesen, dass ein Pfarrer gesagt habe, er arbeite 41 Stunden die Woche. Der Pfarrer habe weiter erklärt, diese Stunden dort zu arbeiten, wo die Gemeinde ihn am besten gebrauchen könne. "Es gibt ein neues Verständnis in der Seelsorge", sagt Roth. Der frühere Anspruch, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche verfügbar sein müssen, habe sich gewandelt.