Ende 2018 setzte der Vatikan ein Signal angesichts von wachsendem islamistischen Terrorismus in Europa: Die sieben Trappisten von Tibhirine und zwölf weitere algerische Märtyrer wurden seliggesprochen; darunter auch der in die Luft gesprengte Dominikaner und Bischof von Oran, Pierre Claverie (1938-1996), sowie weitere Ordensmänner und -frauen, die für ihren Glauben starben.
Im Kloster Notre-Dame de l'Atlas im Norden Algeriens lebte Mitte der 90er Jahre eine Handvoll französischer Trappisten, in Nachbarschaft mit der weitestgehend muslimischen Bevölkerung. Dorfbewohner besuchten den Arzt, Bruder Luc, oder ließen sich von den Mönchen beim Schriftverkehr mit den Behörden helfen. Doch Ausländer waren keineswegs von allen gern gesehen. Bald forderten Islamisten sie alle auf, das Land zu verlassen - und sie ließen Taten folgen. Als eine Gruppe kroatischer Arbeiter brutal ermordet wurde, stellte sich auch für die Mönche von Tibhirine die Frage: bleiben oder gehen?
Wunden heilen, in Frieden leben
Die französischen Trappisten verstanden sich als Brüder im Dialog zwischen Christentum und Islam. Von 1830 bis 1962 war Algerien französische Kolonie gewesen, Missionsgebiet; die Scheidung verlief im Unfrieden. Die Ordensleute wollten Wunden heilen helfen, in Frieden leben. Sie entschieden sich zu bleiben, die Dorfbewohner nicht im Stich zu lassen. Militärischen Schutz für ihr Kloster lehnten sie ab.
Zu Weihnachten 1995 forderten islamistische Kämpfer die Mönche auf, einen verletzten Waffenbruder zu versorgen - was sie auch taten. Doch ziemlich genau drei Monate später kamen die Islamisten wieder. In der Nacht zum 27. März 1996 führten sie sieben der Mönche ab. Zu der Tat bekannte sich eine terroristische Splittergruppe, die die Freilassung eines ihrer Anführer verlangte.
Ihre Köpfe wurden gefunden - ihre Körper bleiben verschollen
Zwei Monate später, am 30. Mai, vor 25 Jahren, wurden die abgetrennten Köpfe der Mönche gefunden; die Körper blieben bis heute verschwunden. Bis heute ist unklar, ob die sieben Trappisten tatsächlich von ihren Entführern oder aber vom algerischen Militär und Geheimdienst getötet wurden.
Zwei Mönche von Tibhirine blieben damals verschont. Bruder Jean-Pierre Schumacher arbeitete im Gästetrakt; daher war er nachts bei der Entführung nicht bei den anderen. Der letzte Überlebende der einstigen Ordensgemeinschaft, heute 97 Jahre alt, wohnt schon seit langem in der kleinen Kommunität des Trappistenklosters am Atlas im nordmarokkanischen Midelt. 2019 begrüßte ihn Papst Franziskus bei seinem Marokko-Besuch und küsste seine Hand.
Der französische Regisseur Xavier Beauvois griff das Drama von Tibhirine in seinem vielfach preisgekrönten Film "Von Menschen und Göttern" (2010) auf - und machte ihr Schicksal damit einem breiteren Publikum bekannt. Allein in Frankreich besuchten mehr als drei Millionen Menschen den Film.
Leben bald wieder Mönche in Tibhirine?
Unerfüllt bleiben einstweilen Pläne, nach denen womöglich wieder eine religiöse Gemeinschaft ins Kloster Tibhirine einziehen könnte. Entsprechende Pläne hatte 2015 der Vorsitzende der algerischen Bischöfe und heutige Erzbischof von Algier, Paul Desfarges, offenbart. Seitdem bleiben aber substanzielle Informationen darüber aus.
Nach Worten des Bischofs wurde das Kloster seit dem Mord nie ganz aufgegeben. Regelmäßig werde es von im Land lebenden Priestern besucht. Einige einheimische Arbeiter kümmerten sich um die rund 2.000 Obstbäume des Anwesens. Mehr scheinen aber auch die algerischen Behörden nicht zu wünschen und zuzulassen. So bleibt wohl einstweilen Wunschdenken, was ein Unbekannter 1996 in das Trauerbuch schrieb, das für die Pariser Gedenkfeier an die Trappisten von Tibhirine ausgelegt wurde: "Man kann sieben Blumen zertreten, aber man kann den Frühling nicht hindern, wieder aufzublühen."