DOMRADIO.DE: Ist Franziskus der erste Papst, der die Nähe zu Komikerinnen und Komikern sucht?
Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte und Journalist): Das gab es schon früher. Pius XII. etwa war ein großer Fan von Stan Laurel und Oliver Hardy, also von Dick und Doof, und hat sich die Filme angeschaut. Als Papst hat er sich die Filme privat zeigen lassen.
Im Jahr 1950 ist es vermutlich zu einer Begegnung gekommen, denn in diesem Jahr befanden sich die beiden Komiker in Europa, auch in Italien und in Rom. Da soll es zu einer "Geheim-Audienz" mit den beiden Komikern gekommen sein. Es gibt keine Bilder und keine offiziellen Aufzeichnungen davon, aber wir haben diverse, durchaus seriöse Quellen. Auch italienische Filmhistoriker bestätigen das.
Die Frage ist, warum es davon keine Fotoaufnahmen gibt. Stan Laurel und Oliver Hardy waren beide mehrfach verheiratet. Stan Laurel war fünfmal verheiratet, Oliver Hardy immerhin dreimal. Hardy war zusätzlich noch Mitglied einer Freimaurerloge. Meine Vermutung ist, dass die Kurie die Begegnung deshalb nicht öffentlich machen wollte. Ich glaube, dem Papst wäre es eigentlich egal gewesen.
Gerade während dieses Pontifikats gab es zahlreiche Begegnungen des Papstes mit Filmschaffenden und Schauspielern. Allein 1955 gab es im Juni und im Oktober jeweils eine Audienz mit Vereinigungen Filmschaffender und Filmschauspieler. Da wird er wohl auch mit Komikern in Kontakt gekommen sein. Solche Begegnungen wurden aber nicht immer publiziert.
DOMRADIO.DE: Der ziemlich seriös wirkende Papst Benedikt XVI. hat ja ebenfalls Komiker eingeladen.
Nersinger: Ja und es gab auch immer wieder Treffen mit Schauspielern. Ich war Fachberater bei einem Film mit Christine Neubauer, und nach dem Film hat auch Benedikt XVI. Christine Neubauer empfangen. Solche Begegnungen gab es seit Pius XII. immer wieder.
DOMRADIO.DE: Gab es denn auch einen Papst, der selbst für seinen Humor bekannt war?
Nersinger: Eine ganze Menge. So haben wir im 19. Jahrhundert Pius IX. Und noch etwas zuvor Benedikt XIV. Es gibt auch eine lustige Anekdote mit einem Papst der Neuzeit. Johannes XXIII. hatte eine gewisse komödiantische Ader.
DOMRADIO.DE: Er wurde Johnnie Walker genannt. Weshalb?
Nersinger: Da gibt es zwei Erklärungen. Die eine lautet, dass er viel in den Vatikanischen Gärten spazieren ging. Die andere lautet, dass er gerne ab und zu einen Schluck Whiskey trank. Daher im Zusammenhang mit der ersten der Spitzname nach der Whiskey-Marke. Ob das stimmt, weiß man aber nicht.
Aber Johannes XXIII. war ein humorvoller Mensch. Man überreichte ihm einmal eine Sammlung von Kuriositäten und Anekdoten, die ihm zugeschrieben wurden. Der Papst schaute sich das an und entgegnete dem Autoren, das seien ja ganz hübsche Geschichten. Aber das meiste, was er da gelesen habe, habe er schon über Benedikt XIV. und von Pius IX. gehört.
DOMRADIO.DE: Zurück in die Gegenwart. Franziskus hat jetzt 100 Komödianten im Vatikan empfangen. Ist er denn selber als humorvoller Gesprächspartner oder Witzeerzähler bekannt?
Nersinger: Der ganz große Komödiant ist er zwar nicht. Aber er hat durchaus ein Faible für Humor. Er hat schon früher Komiker getroffen und sich auch gut und ziemlich humorvoll mit ihnen unterhalten. Also, da ist schon eine Neigung vorhanden.
Das Interview führte Tobias Fricke.