Deutscher Ethikrat und die kirchliche Lehrmeinung

Wie passt das zusammen?

Inwiefern ist die kirchliche Lehrmeinung ein Kriterium für Beurteilungen im Deutschen Ethikrat? Die Vorsitzende Alena Buyx hat dazu in einem Interview Stellung bezogen. Über eine ganz andere Entwicklung macht sie sich derweil große Sorgen.

Prof. Alena Buyx (r), Vorsitzende des Deutschen Ethikrats / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Prof. Alena Buyx (r), Vorsitzende des Deutschen Ethikrats / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Für den Deutschen Ethikrat ist eine Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehrmeinung kein Kriterium für seine Beurteilungen. "Wir berufen uns im Rat auf die üblichen Rationalitätsstandards, die für die wissenschaftliche Analyse, Begründung und Argumentation gelten", sagte Vorsitzende Alena Buyx im Interview mit der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Die Vereinbarkeit mit einer kirchlichen Lehrmeinung ist da kein Kriterium."

Die Medizinethikerin hob jedoch hervor, dass die Debatten mit theologischen und kirchlichen Mitgliedern immer sehr fruchtbar gewesen seien, weil dort ethische Fragen und die Analysen eine lange Tradition hätten. Auch bei den Themen Sterbehilfe, Abtreibung, Gentechnik oder Embryonalforschung habe es in den letzten Jahren keine Konflikte gegeben. "Ich kann natürlich nicht in die Köpfe der Mitglieder schauen, ob sie sich in einem inneren Zwiespalt befanden, wenn sie zugleich Kirchenvertreter waren", erklärte sie.

Buyx sieht als "säkulare Ethikerin" keinen Hinweis darauf, dass die Kirchen als Ethik-Instanz ihre Rolle für die Gesellschaft eingebüßt haben: "Dort gibt es viele Räume und viel Platz für die kirchliche Ethik."

Andere Gesundheitsfragen wegen Covid im Hintergrund

Nach Einschätzung der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, sind durch die Corona-Pandemie andere Gesundheitsfragen gesellschaftlich zum Teil in den Hintergrund getreten. "Das liegt daran, dass das Virus eine zentrale Institution unserer gesellschaftlichen Versorgung bedroht", sagte die Münchener Medizinethikerin der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" weiter. "Wenn die Intensivstationen überfüllt sind und das Gesundheitssystem überlastet ist, dann betrifft das die gesamte Bevölkerung."

Covid-19-Patienten hätten keinen ethischen Sonderstatus, betonte Buyx. "Da hat man sicher während der Pandemie - anders als noch zu Beginn - dazugelernt, wenn man auf der einen Seite Versorgungskapazität zur Verfügung stellen muss für Covid-Kranke, gleichzeitig aber auch die medizinische Betreuung für andere Patienten sichern soll."

Die Krankenhäuser seien am Anschlag. "Es wird nach dem, was ich so mitkriege, sehr sorgfältig darauf geachtet, dass alle Patienten gut behandelt werden, aber es ist eine enorme Belastung", sagte Buyx, die im vergangenen Jahr an die Spitze des Ethikrats gewählt worden war.

"Ich bin immer wieder erschüttert, wenn von der Überlastung der Krankenhäuser die Rede ist und viele meinen, diese Überlastung beträfe nur Covid-Patienten. Nach dem Motto: Solange ich kein Corona kriege, interessiert mich das ganze Thema nicht." Einige verstünden nicht, dass das Gesundheitssystem als Ganzes bedroht sei. Wenn es überlastet sei, dann könne es passieren, dass Menschen nicht mehr die Behandlung bekämen, die sie eigentlich bräuchten.


Quelle:
KNA , epd
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