"Wir haben eine Situation, in der relativ gut absehbar ist, dass wir in einigen Wochen in die Überlastung des Gesundheitswesens kommen würden. Da muss man einfach umsteuern", sagte die Professorin für Medizinethik an der Technischen Universität München am Donnerstag den Sendern RTL/ntv. "In der gegenwärtigen Lage ist das auch ethisch gerechtfertigt."
Man habe im Deutschen Ethikrat bereits im März formuliert, dass "sehr drastische Maßnahmen ethisch gerechtfertigt" wären, wenn es zu einer Überlastung im Gesundheitswesen käme. Allerdings fehle es an einer Diskussion über die psychischen Auswirkungen der Corona-Regeln auf die Menschen. "Diese Pandemie zeigt uns, dass es viele ethische Abwägungsfragen und Konflikte gibt. Aber was unterbelichtet ist, das sind tatsächlich die psychischen Folgen", so Buyx.
Von Lockdown abgeraten
Zu einem Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, in dem die derzeitige Strategie von Bund und Ländern kritisiert wird, sagte die Ethikexpertin, die Stellungnahme gehe an der gegenwärtigen Realität vorbei. "Das kommt nicht zum richtigen Zeitpunkt und bietet auch nicht wirklich etwas an. Das ist dann auch aus ethischer Perspektive durchaus verantwortungslos", sagte Buyx.
Virologen und Ärzteverbände hatten am Mittwoch in einem gemeinsamen Appell dringend von einem erneuten Lockdown abgeraten. Es müsse stärker auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung gesetzt und der Schutz von Risikogruppen in den Fokus gerückt werden.