Wie sieht die Kirche den Wahlsieg der Rechten in Italien?

Ein Fünkchen Hoffnung

Die radikale Rechte hat die Parlamentswahl in Italien gewonnen. Was bedeutet das für die Kirche? Die Vorsitzende der rechtsradikalen Partei "Brüder Italiens", Giorgia Meloni, betonte, dass sie Katholikin sei. Ist das positiv zu sehen?

Giorgia Meloni, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi (v.l.n.r.) / © Alessia Pierdomenico (shutterstock)
Giorgia Meloni, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi (v.l.n.r.) / © Alessia Pierdomenico ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was kommt mit der Vorsitzenden der rechtsradikalen Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni, auf Italien zu?

Stefan von Kempis (privat)
Stefan von Kempis / ( privat )

Stefan Kempis (Radio Vatikan): Auf jeden Fall etwas sehr Neues, denn die Frau hat sehr wenig Regierungserfahrung. Sie war nur ein paar Jahre lang mal Ministerin für Jugend in einem Kabinett mit Silivo Berlusconi von der rechtspopulistischen Partei Forza Italia. Das ist nicht gerade viel, um einen der großen G7-Staaten zu übernehmen.

Die Italiener haben mal wieder eine Protestwahl hingelegt. Das letzte Mal gingen die Stimmen alle an die "Fünf Sterne", die linke Protestpartei, diesmal an die noch unverbrauchte Oppositionspartei, die einzige größere Partei, die überhaupt in den Zeiten von Ministerpräsident Mario Draghi Opposition betrieben hat.

Radikale Rechte feiert Wahlsieg in Italien

Der Wahlsieg von Giorgia Meloni und deren rechtsradikaler Partei Fratelli d'Italia hat bei ihren rechten Verbündeten in Europa Jubel und Genugtuung, vielerorts aber vor allem Sorgen hervorgerufen. Die Nationalistin und EU-Skeptikerin wurde bei der Wahl klar stärkste Kraft, nach Hochrechnungen vom Montagmorgen kommen die "Brüder Italiens" auf mehr als 26 Prozent der Stimmen. Die gesamte Rechtsallianz hat wegen der Besonderheiten des italienischen Wahlrechts künftig eine klare, absolute Mehrheit im Parlament.

Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) / © Oliver Weiken (dpa)
Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) / © Oliver Weiken ( dpa )

Was auf Italien aus meiner Sicht nicht zukommt, ist eine Faschismuswelle. Nach Ansicht vieler Beobachter hat sich Meloni doch sehr glaubhaft von diesen entlegenen Wurzeln ihrer Partei distanziert.

DOMRADIO.DE: Meloni ist die erste Frau an der Spitze Italiens. Können die Italienerinnen jetzt jubeln?

Kempis: Die Hälfte der Italiener wird jubeln, die andere Hälfte wird schimpfen. Wie immer. Das Land ist politisch gespalten zwischen rechts und links. Wer nicht jubeln wird, sind Frauenverbände, die sich eine andere Art Frau in den Palazzo Chigi, den Sitz des italienischen Ministerpräsidenten oder Ministerpräsidentin in Rom gewünscht haben.

DOMRADIO.DE: "Ich bin Mutter, ich bin Christin" hat Meloni im Wahlkampf betont. Wie ist ihr Verhältnis zur katholischen Kirche?

Kempis: Es ist schon auffallend, dass sowohl Meloni als auch der Lega-Vorsitzende und frühere Innenminister Matteo Salvini, mit dem die katholische Kirche in Italien überhaupt nicht glücklich war, doch sehr stark betonen, dass sie katholisch sind.

Das gibt der Kirche in Zukunft vielleicht doch eine gewisse Möglichkeit, dass sie zumindest gehört wird. Eine immer schwächer zu hörende Stimme ist die Kirche in Italien, weil sie auch hier an Mitgliedern, an gesellschaftlichem Einfluss und auch an Rückhalt in den Parteien verliert.

Darum wird es jetzt durchaus den ein oder anderen Bischof geben, der sich klammheimlich denkt: Ist ja gar nicht so schlecht das Ergebnis, denn dann wird wenigstens zukünftig gehört, was wir zu sagen haben.

DOMRADIO.DE: Inwiefern kann man denn von Meloni eine christliche Politik erwarten?

Kempis: Vielleicht in der Hinsicht, dass sie sehr stark für den Lebensschutz eintritt und für sie nur die Ehe zwischen Mann und Frau gilt und sonst nicht. Da liegt sie auf einer Linie mit der italienischen Bischofskonferenz und mit dem Vatikan. Das sind die beiden Hauptpunkte.

Froh wird die Kirche auch darüber sein, dass sie sich doch sehr klar zur Europäischen Union bekennt und sich deutlich von Russland wegen des Krieges in der Ukraine distanziert. Es gibt durchaus Anknüpfungspunkte aus Sicht der Kirche zu einer möglichen Regierung Meloni.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR