DOMRADIO.DE: Sie kennen den Bestatter Peter Holicek seit einigen Jahren. Warum hat Sie dieser Mann einfach nicht mehr losgelassen?
Patrick Budgen (ORF-Fernsehmoderator): Man muss wissen, bei uns in Wien werden Begräbnisse ein bisschen größer zelebriert als im Rest der Welt. Vor allem, wenn Prominente sterben. Ich habe im Zuge meiner Tätigkeit für den ORF sehr viele Prominenten-Begräbnisse begleitet: Udo Jürgens, Peter Alexander, Fritz Muliar... viele große der Stadt, die dort beerdigt wurden. Peter Holecek hat im Hintergrund bei diesen Feiern immer die Fäden gezogen, er war so etwas wie der Ober-Bestatter von Wien. Immer in den Drehpausen hat er mir die wahnsinnig lustigsten Geschichten erzählt, die sich so bei Trauerfeiern abspielen, worüber sich Leute beschweren, was sie sich wünschen. Und ich habe dann irgendwann zu ihm gesagt: "Peter, eigentlich müssten wir ein Buch daraus machen". Aber er fand das zu heikel, das ist natürlich alles vertraulich, was da passiert. Und er sagte: "Das können wir erst machen, wenn ich in Pension gehe und nur, wenn wir die Namen ändern". Und dafür war jetzt der Zeitpunkt gekommen.
DOMRADIO.DE: Sie beschreiben in dem Buch "Schluss - mit lustig" zahlreiche Begräbnis-Pannen auf den Friedhöfen von Wien. Von denen hat Ihnen der Bestatter erzählt. Etwaige Probleme mit der Schweigepflicht oder ähnlichem sind ausgeräumt?
Budgen: Die sind ausgeräumt. Wir haben natürlich die Namen verändert, wir haben das Alter verändert, wir haben den Friedhof verändert. Die Pointen in dem Buch sind alle echt, aber die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, die habe ich ein bisschen ausgeschmückt. Denn erstens kennt die Peter Holicek natürlich auch nicht und zweitens, falls man diese Familie oder Betroffene kennen sollte, damit man einfach dann nicht weiß, wer das war. Das soll ja privat bleiben.
DOMRADIO.DE: Jetzt sind es 71 Kurzgeschichten geworden mit wirklich schönen Namen: Kuschelmonster, Einsamer Altmeister, Telefonjoker oder auch Matchball. Ist das interessant für Tennisspieler?
Budgen: Auf jeden Fall! Man glaubt ja kaum, was Leute dem Verstorbenen alles mit auf den letzten Weg geben. Was man dann noch ins Grab, in die Grube hineinwirft, um zu sagen: "Behaltet das" oder "viel Spaß damit" oder wie auch immer. Und in diesem Fall, beim "Matchball", ist es so gewesen, dass ein passionierter Tennisspieler gestorben war. Der Tennisverein hat sich gedacht, es wäre doch schön, wenn wir da Tennisbälle hineinwerfen.
Nur das Problem war, der Sarg war schon drin, und die Tennisbälle sind abgeprallt und wieder rausgeflogen. Die Leute haben sie mit so viel Wucht hineingeworfen, dass er die quasi wieder zurückgespielt hat, noch aus dem Grab heraus, was natürlich für heitere Stimmung am Friedhof gesorgt hat.
DOMRADIO.DE: Sie wollen mit Ihrem Buch dem Tod den Schrecken nehmen. Wen wollen Sie mit diesem Buch ganz besonders erreichen?
Budgen: Alle Menschen. Der Tod betrifft uns ja früher oder später allemal. Das wissen wir fast ab dem Zeitpunkt, wo wir geboren werden. Das gehört einfach zum Spiel dazu, dass man irgendwann mal stirbt. Das heißt jetzt nicht, dass man sich ständig Gedanken machen muss über den Tod. Aber dass man diesem schweren Thema, über das viele Leute Angst haben zu sprechen oder über das man einfach ungern redet, da einfach sieht, dass es auch da menschelt. Dass es ganz normale Bedürfnisse, Wünsche gibt, die im Leben auch eine Rolle spielen, die auch dann am Ende des Lebens eine Rolle spielen. Ich glaube, je normaler man diesem Thema begegnet, mit Augenzwinkern und ein bisschen schwarzem Humor, dann nimmt es einfach dem Ganzen den Ernst, von jung bis alt.
DOMRADIO.DE: Sie haben vor zwei Jahren die Diagnose Lymphdrüsenkrebs erhalten, gelten zum Glück als geheilt. Warum sind Humor und Optimismus gerade in einer solchen Phase der richtige Weg?
Budgen: Ich glaube, weil es jede Situation einfacher macht. Bei mir war es vor zwei Jahren mit dem Lymphdrüsenkrebs so: Ich konnte mich entscheiden, gehe ich in dieser schwierigen Situation unter oder versuche ich, das Beste daraus zu machen? Die Situation an sich kann ich ja nicht ändern, genauso wenig wie ich ändern kann, dass wir irgendwann mal sterben. Ich glaube, mit solchen Situationen muss man positiv und optimistisch umgehen und sagen, ich suche mir die guten Dinge, die es auch in diesen Zeiten gibt. Glaubt man kaum, aber selbst mit einer Krebserkrankung gibt es das. Ich habe viele neue Freunde gewonnen. Ich habe viele neue Sichtweisen auf das Leben gewonnen, die ich ohne diese Krankheit – nicht falsch verstehen, ich wünsche mir das nicht zurück – nicht gewonnen hätte. Und ich glaube, wenn man das versucht, das Beste aus den Dingen zu machen, dann lebt es sich einfach leichter.
DOMRADIO.DE: Sie müssen mir zum Schluss noch eine Frage beantworten: Wie kam die Bowlingkugel in den Sarg?
Budgen: In dem Fall war es ein passionierter Bowlingspieler. Seine Freunde von Bowling-Club haben sich gedacht, es wäre doch fein, wenn wir ihm eine Bowlingkugel mit in den Sarg geben. Und der Wunsch wurde erfüllt. Es wurde dann extra eine Vorrichtung gebaut, so dass diese Kugel im Sarg ja nicht verrutschen kann. Der Wunsch war da. Er ist leider nicht so in Erfüllung gegangen. Sowie die Sargträger den Sarg dann Richtung Grab bewegt haben, hat sich diese Vorrichtung gelöst und diese Kugel ist so zu sagen wie in einer Truhe hin- und hergerutscht. Und die Freunde des Bowling-Clubs haben das einfach mit "Strikes" quittiert und haben ihn dann mit einem "Strike" begraben.
Das Interview führte Carsten Döpp.