Initiative "Maria 2.0" startet neue Aktionswoche

"Wir haben zu viel Angst in der Kirche"

Nachdem im Mai ein mehrtägiger Kirchenprotest der Bewegung "Maria 2.0" bundesweit für Aufsehen sorgte, folgt ab diesem Mittwoch die zweite große Aktionswoche. Wie wollen die Frauen diesmal auf ihr Anliegen aufmerksam machen?

Frauen mit einem Plakat, das die Muttergottes mit zugeklebtem Mund zeigt, bei einer Mahnwache / © Andre Zelck (KNA)
Frauen mit einem Plakat, das die Muttergottes mit zugeklebtem Mund zeigt, bei einer Mahnwache / © Andre Zelck ( KNA )

DOMRADIO.DE: Bislang wurden von der Aktion "Maria 2.0" Gottesdienste bestreikt, Ehrenämter niedergelegt, eine Menschenkette um den Kölner Dom gebildet, um auf die Anliegen aufmerksam zu machen. Was wird als Nächstes stattfinden? Was ist geplant?

Lisa Kötter (Mitinitiatorin der Aktion "Maria 2.0"): Ich kann erzählen, was für Münster geplant ist. Wir werden jeden Abend ein Feuer vor unserer Kirche machen. Wir laden zu Feuer, Brot und Wein ein, um miteinander zu beten, zu singen und Gespräche am Feuer zu führen. Damit wirklich alle mit uns sprechen können, wird dies jeden Abend zwei Stunden lang angeboten.

Und am Samstag treffen wir uns um 19 Uhr zentral mitten in der Stadt und halten eine Mahnwache mit Lichtermarsch unter dem Titel "Maria macht Licht" ab.

DOMRADIO.DE: Ist das dann auch ein Aufruf für andere Städte, sich anzuschließen?

Kötter: Wenn ich es für das Bistum Münster betrachte, dann kommen viele Frauen auch von außerhalb. Natürlich sind alle willkommen: Männer und Frauen.

DOMRADIO.DE: Der gewählte Zeitpunkt für die neue Aktion jetzt am Anfang des Monats Oktober ist kein Zufall, oder?

Kötter: Anfang Oktober beginnt die Amazonas-Synode, in der es um wichtige Dinge geht, die eigentlich schon lange passieren, aber jetzt öffentlich besprochen werden sollen.

Zudem ist der Oktober der Rosenkranz-Monat, den viele von uns aus der Kindheit noch sehr gut in Erinnerung haben. Das passt gut zusammen.

Außerdem haben wir uns mit dem Zeitraum der kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, Anm. d. Red.) angeschlossen, die ab dem 23. September auch zu einer Aktionswoche aufgerufen hat.

DOMRADIO.DE: Die Aktionswoche steht unter dem Motto "Feuer". Wenn wir mal im Feuer-Bild bleiben, was macht Maria 2.0 denn dann bisher? Ist es eher ein Glimmen oder ein Lodern. Warum wird jetzt gebrannt?

Kötter: Ich glaube, dass viele für die Anliegen von Maria 2.0, nämlich die Erneuerung unserer Kirche - oder man vielleicht eher sogar sagen: für die echte "Reformation" unserer Kirche - kämpfen. Ich glaube, dass viele dafür schon länger brennen. Es bilden sich seit Mai auch immer mehr Gruppen.

Es brennt die ganze Zeit und jetzt machen wir es wieder sichtbar. Diese Aktionen sind ja immer dafür da, dass wir es sichtbar machen, dass wir es nach außen tragen.

DOMRADIO.DE: Also wollen Sie das Feuer der Reformen ein bisschen anfachen?

Kötter: Wir sollen ja für das Anliegen, für die Sache Jesu brennen. Das wollen wir sichtbar machen. Wir möchten ein Zeichen für die Sehnsucht nach einer jesuanischen Kirche setzen.

DOMRADIO.DE: Was hat sich denn seit Mai getan? Wie entwickeln sich Zuspruch und Kritik?

Kötter: Der Zuspruch wird deutlicher und vermehrter. Es haben sich gerade im Süden Deutschlands sehr viele Priester mit Unterschriften der Aktion angeschlossen, die sich immer mehr aus der Reserve trauen. Wir haben auch inkognito sehr viele Priester, die uns unterstützen und uns bitten, weiterzumachen. Das machen auch Bischöfe übrigens. Auch die Öffentlichkeit wird lauter.

Gleichzeitig formiert sich natürlich auch der Widerstand derer, die diese Seite nicht so mögen, die diese Freiheit nicht an die oberste Stelle setzen, sondern eher alles so behalten wollen, wie es bisher ist.

DOMRADIO.DE: Gab es denn Reaktionen, die Sie überrascht haben?

Kötter: Überrascht bin ich eigentlich fast jeden Tag, weil wir gerade von alten Menschen sehr viele positive Zuschriften kriegen. Aber eigentlich überrascht es mich inzwischen nicht mehr, weil ich es auch immer mehr verstehe. Ich glaube, dass die Türme der Frustration und der Traurigkeit zum Teil so hoch gewachsen sind, dass da jetzt eine große Erleichterung einsetzt.

Mich überrascht immer wieder, dass die Angst plötzlich wegbleiben kann. Wir haben zu viel Angst in der Kirche, etwas laut zu sagen, etwas deutlich zu sagen. Und so entsteht bleiernes Schweigen. Das wollen wir weiterhin brechen.


Quelle:
DR