DOMRADIO.DE: Wie sind Ihre Erfahrungen mit selbstfahrenden Autos?
Weihbischof Anton Losinger (Weihbischof und Dompropst im Bistum Augsburg sowie Mitglied der Ethikkommission "Automatisiertes und vernetztes Fahren" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur): Ich habe selber autonomes Fahren ausprobiert, bei einem großen Unternehmen in Bayern. Es ist eine erstaunliche Fortentwicklung, die es hier gibt. In der Ethik-Kommission des Ministeriums haben wir festgestell: Nicht nur die bequemen Momente und die Erleichterungen beim Fahren, sondern primär die Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr ist Ziel dieser intelligenten Systeme.
Hier müssen wir sehr nüchtern realisieren: Der Fehlergenerator Nummer Eins im Straßenverkehr und der häufigste Unfallerzeuger ist der Mensch. Hier muss man eigentlich dankbar sein, wenn assistierte Systeme - Bremssysteme, Lenksysteme - dazu beitragen, dass dort, wo der Mensch Fehler machen würde, die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht wird. Zum Beispiel könnten diese brutalen Auffahrunfälle von LKWs auf Stauenden mit solchen automatisierten Verfahren beendet werden.
DOMRADIO.DE: Haben Sie trotzdem noch irgendwo Bedenken?
Losinger: Technik ist ebenfalls dazu angelegt, dass sie immer wieder Fehler macht. Außerdem wird die technische Fortentwicklung ein erweitertes Mitdenken der Menschen und ein Mitkommen erfordern. Nur Menschen, die das Ganze auch durchblicken, werden diese Instrumente nutzen können. Also: Positiver Effekt, aber er erfordert Mühe und Mitmachen.
DOMRADIO.DE: Der Klimaschutz beschäftigt momentan viele Unternehmen. Auch auf der IAA in Frankfurt spielt er eine große Rolle. Viele Automobilhersteller setzen in Zukunft auf Elektromotoren. Wie ordnen Sie die Frage nach der Bewahrung der Schöpfung im Zusammenhang mit der Automobilbranche ein?
Losinger: Die Frage "Klimabewahrung und Nachhaltigkeit" ist eine dramatische Frage des Überlebens der Menschheit. Auch Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika "Laudatio si" deutlich darauf hingewiesen. Die Autobauer reagieren darauf. Allein die Frage "Stickoxid-Ausstoß, Verbrauch von Rohstoffen, Schadstofferzeugung" hat dazu geführt, dass neue Dinge angedacht werden.
Ich persönlich halte neue Ideen im Bereich der Elektromobilität für gut, warne aber davor, in diesem einen Weg die Lösung aller Probleme zu sehen. Wir müssen vielfältig denken. Wir müssen möglicherweise auch mit Blick auf unsere persönliche Form der Mobilität zurückstecken. Und wir brauchen vor allem neue, wichtige, gute technische Entwicklungen.
DOMRADIO.DE: Manchmal kommt es einem trotzdem so vor, als sei das Ziel der Automobilindustrie "höher, schneller, weiter" und vor allen Dingen "größer". Gerade sind ja vor allem SUVs in der Diskussion. Was denken Sie über die Forderung der Grünen, diese Autos komplett aus der Innenstadt zu verbannen?
Losinger: Ich halte davon nichts. Mobilität hängt zu einem großen Teil mit der Freiheit der Entscheidung der Menschen zusammen. Aber wir müssen sehr deutlich sehen: Große, übergewichtige SUVs sind natürlich aufgrund ihrer Konstruktion größere Ressourcenverbraucher und größere Platzverbraucher. Hier wird sich auch in den Innenstädten bei knappem Raum ein Umdenken ergeben müssen.
Interessant ist ja, dass sehr viele Menschen aufgrund ihres erhöhten Sicherheitsbedürfnises diese SUVs kaufen. Man muss allerdings bedenken, dass für andere Verkehrsteilnehmer, die eben nicht in solchen Fahrzeugen unterwegs sind, das Ganze durchaus auch Schwierigkeiten aufwerfen kann. Wenn das System Elektromobilität kommt, wird ohnehin das Thema Gewicht und Größe von Autos ein ganz neues Thema sein.
Das Interview führte Tobias Fricke.