DOMRADIO.DE: Beim Pastoralen Zukunftsweg sitzten nicht etwa der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki mit seinem Generalvikar im stillen Kämmerlein und denkt sich ein Konzept für die Zukunft aus. Nein, im Erzbistum Köln macht man das im Team. Mit möglichst vielen engagierten Gläubigen macht man sich auf den Pastoralen Zukunftsweg. An diesem Samstag hat der Diözesanpastoralrat im Maternushaus in Köln getagt.
Wie war denn die Stimmung? Wie haben Sie das erlebt? Wurde kontrovers diskutiert? Wie hat man sich da auf den Weg gemacht?
Monsignore Dr. Markus Hofmann (Generalvikar des Erzbistums Köln): Der Diözesanpastoralrat ist eines der wichtigsten Beratungsgremien des Erzbischofs und schon seit zwei Jahren mit der aktuellen Etappe des Pastoralen Zukunftsweges befasst. Es sind immer Meilensteine, diese Sitzungen des Pastoralrates, und entsprechend intensiv, konstruktiv war die Beratungsatmosphäre. Wir haben gemeinsam auf Lösungsvorschläge geschaut. Es wurden offen und ehrlich Anmerkungen angebracht, aber das Ganze in einer sehr wertschätzenden und lösungsorientierten Atmosphäre.
DOMRADIO.DE: Entscheidend wird sein, was dann in den Gemeinden und in den Pfarreien passiert in der Zukunft. Sie unterscheiden zwischen Gemeinden und Pfarreien. Welche Rollen spielen die Gemeinden und die Pfarreien?
Generalvikar Hofmann: Wir möchten, dass in den schon bestehenden Gemeinden und möglichst auch darüber hinaus in zukünftig zu bildenden Gemeinden das Leben für die Menschen vor Ort erfahrbar ist. Dass das christliche Leben, dass Jesus Christus selber für die Menschen dort nahe ist, dass wir nicht warten, bis die Menschen kommen, sondern zu ihnen hingehen. Gleichzeitig haben wir in manchen Punkten zurückgehende Realitäten, weniger Gläubige, weniger Möglichkeiten, das Ganze zu gestalten. Also müssen wir versuchen, das, was wir einsetzen können, zielgerichtet einzusetzen. Deswegen wird es Vernetzungen geben müssen, noch stärker als bisher. Wir werden zusammenarbeiten müssen zwischen den Einrichtungen der Kirche wie Schulen, Familienzentren, Senioreneinrichtungen und der Pfarrei. Wir werden Verwaltungsstrukturen verschlanken, die aber weiterhin nötig sind.
Die Gemeinden sind die Orte, sind die Gemeinschaften, wo das Leben der Christen für die Menschen konkret wird. Die Pfarrei ist die Dachstruktur, in der gleichzeitig aber auch die Verbindung zum Bistum und zur Weltkirche gelebt wird. Durch den Pfarrer, der als geweihter Priester den Bischof gegenwärtig macht, Christus gegenwärtig macht und immer auch deutlich macht: Eine Gemeinde und auch eine Pfarrei erfindet sich nicht selbst, sondern ist von Christus gerufen und gehört immer zum größeren Teil, nämlich der ganzen Kirche.
DOMRADIO.DE: Vor Ort wird es auch die Pastoralteams geben. Da kann jeder sein Charisma mit einbringen. Wie kann die Arbeit in diesen Pastoralteams aussehen?
Generalvikar Hofmann: Wir haben jetzt schon zum Teil Pastoralteams, die verschiedene Berufe miteinander zusammenführen. Diese Tendenz werden wir in Zukunft ausweiten. Das heißt, es werden weitere Berufsbilder, Berufsbiografien bei den Menschen zu finden seien, die in den Pastoralteams tätig sind. Das Stichwort lautet multiprofessionelle Pastoralteams. Das heißt, wir möchten die Fähigkeiten, die Talente, die Menschen haben aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer bisherigen Biografie, mit hineinnehmen und nicht nur theologisch pastoral gebildete Menschen mit der Seelsorge hinaus senden, sondern auch die weiteren Fähigkeiten nutzen.
DOMRADIO.DE: Da wird es viel Neues geben, auch in den Gemeinden, in den Pfarreien. Aber das Neue muss ja auch einen Rahmen haben. Das ist der große katholische Rahmen. Nun hat es aus Rom schon Instruktionen gegeben, die in Deutschland ja durchaus ambivalent aufgenommen worden sind. Wie sieht das aus mit dem katholischen Rahmen? Steht man da mit beiden Füßen fest auf dem katholischen Boden?
Generalvikar Hofmann: Wir haben unsere Überlegungen bereits schon vor zwei Jahren begonnen, und wir hatten von vornherein vorgesehen, dass etwa die Leitung der Pfarrei beim Pfarrer als geweihtem Priester liegt. Gleichzeitig haben wir auch gesagt: Wir brauchen Mitverantwortung durch nicht geweihte Personen – durch Laien. Und wir sehen uns durch die Instruktion, die jetzt vor kurzer Zeit erschienen ist, in diesen Überlegungen bestätigt. Unsere Vorstellungen passen mit der Instruktion überein. Wir haben sie nicht daraufhin umgeschrieben, sondern wir waren von vorne herein in diesen Punkten in der richtigen Weise unterwegs.
DOMRADIO.DE: Der Vorsitzende der EKD, der Evangelischen Kirche, Bedford-Strohm, hat gesagt: "Die Säkularisierung ist ein Megatrend. Darauf können wir nur sehr geringen Einfluss ausüben." Das klingt so ein bisschen resignierend. Beim Pastoralen Zukunftsweg schaut man optimistischer in die Zukunft?
Generalvikar Hofmann: Wenn wir auf die Anfänge der Kirche schauen, dann hat die Kirche mal angefangen mit einem Gekreuzigten, drei Frauen und einem Jünger. Da war die Situation deutlich schlimmer, als sie heute ist. Weniger hoffnungsvoll, da schien alles am Ende zu sein. Wir werden es nicht machen aus eigener Kraft. Wenn wir nicht von Christus gesandt sind, wenn wir nicht auf seinen Geist bauen, wenn wir nicht darauf vertrauen, dass er bei seiner Kirche ist, dass er mit seiner Kirche geht, haben wir sowieso keine Chance. Aber die Geschichte der Kirche seit 2000 Jahren zeigt, dass er dabei ist. Und wir sind davon überzeugt, dass er weiter bei ihr bleibt.
DOMRADIO.DE: Der Pastorale Zukunftsweg im Erzbistum Köln ist ein Weg voller Etappen. Jetzt befinden wir uns wieder auf einer Etappe. Es geht wirklich immer voran. Diese Tagung des Diözesanpastoralrats hat auch alle optimistisch gestimmt. Wie schauen Sie in die Zukunft?
Generalvikar Hofmann: Ich schaue gespannt und hoffnungsvoll in die Zukunft. Hoffnungsvoll, weil ich davon überzeugt bin, dass Christus bei seiner Kirche ist, er ist in der Kirche gegenwärtig. Gleichzeitig weiß ich auch nicht, was im Einzelnen kommt. Es ist eine große Herausforderung, Menschen zu begeistern, Menschen zu gewinnen. In Corona-Zeiten, wo vieles auch nochmal fraglicher geworden ist, was vorher sicher schien, müssen wir uns diesen Fragen stellen. Aber wir haben eine Sendung: Wir sollen Christus berührbar machen. Und deswegen stellen wir uns diesen Herausforderungen. Wir werden auch Fehler machen. Dann werden diese auch zugeben müssen und erkennen müssen: Das war jetzt keine goldene Lösung. Und dann müssen wir korrigieren. Das gehört zum Leben. Aber wir sind eben nicht alleine unterwegs.
Das Interview führte Johannes Schröer.