DOMRADIO.DE: Wieso schicken Eltern ihre Kinder in eine katholische Kita? Wahrscheinlich weil sie möchten, dass dort der christliche Glaube vermittelt wird, dass die Kinder christliche Feste feiern und kindgerecht Hintergründe zum Kirchenjahr und zu ihrem Glauben vermittelt bekommen. In katholischen Kitas im Bistum Münster müssen jetzt aber nicht mehr alle Erzieherinnen und Erzieher katholisch sein. Sie dürfen sogar einen ganz anderen Glauben haben und zum Beispiel muslimisch sein. Warum?
Erik Potthoff (Bischöfliches Generalvikariat Bistum Münster): Da gibt es mehrere Gründe. Man kann nicht sagen, dass wir das jetzt neu öffnen. Man nimmt das jetzt neu in den Fokus aufgrund der aktuellen Rechtsprechung, die auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Sie kennen den Fall Egenberger, der vom Europäischen Gerichtshof entschieden wurde. Und nun wird das Ganze noch einmal neu beleuchtet. Aber auch die bisherige Praxis bot schon den jeweiligen kirchlichen Dienstgebern Ausnahmegenehmigungen, erzieherische Aufgaben in Kindertageseinrichtungen auf Personen zu übertragen, die nicht der katholischen Kirche angehören. Da gab es ein Regel-Ausnahme-Prinzip. Das ist also nicht ganz neu.
DOMRADIO.DE: So wird das auch im Erzbistum Köln gehandhabt. Aber in Ihrem Bistum hat das nun bestimmt Folgen für Stellenausschreibungen und wahrscheinlich auch für die Vorstellungsgespräche. Werden Bewerber denn jetzt überhaupt noch nach ihrer Konfession oder einem eventuellen Kirchenaustritt gefragt?
Potthoff: Wir empfehlen den Kirchengemeinden, dass sie für Stellenausschreibungen in bestimmten Funktionen katholische BewerberInnen suchen, da wo es um Leitungsaufgaben und Vermittlung von katholischen Inhalten für die gesamte Einrichtung geht, wo die Leitung darauf achten muss, dass man eben auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigt. Aber wir haben auch andere Bereiche, wo man sagen kann, wir suchen Personen, die sich mit den Zielen der katholischen Kirche identifizieren und die die Kompetenz mitbringen, unsere Werte entsprechend weiter zu vermitteln. So kann man in Bewerbungsgesprächen die entsprechende Haltung von BewerberInnen abfragen: Welche Einstellungen nimmt diese Person zu den Themenbereichen Religionspädagogik im Elementarbereich ein? Welche Vorerfahrung bringt sie mit? Die religiöse Bildung ist als Teil eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses zu sehen. Und es ist somit auch der Bildungsauftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.
DOMRADIO.DE: Besteht nicht trotzdem die Gefahr, dass das Katholische verwässert?
Potthoff: Zeitgleich entwickeln wir ja auch unsere Kindertageseinrichtungen zu Lebensorten des Glaubens. Wir müssen aber auch dem Rechnung tragen, dass wir eine leitbildkonforme Offenheit für Glaubensentwicklung von Kindern fördern, wobei wir auch anbieten, dass wir im Tagesablauf unserer Religion leben und entsprechend auch katholische Angebote setzen: Gottesdienste und das Feiern von Festen im Jahreskreis. Das sind unsere Angebote, die dazu befähigen wollen, dass das Kinder eine eigene Religiosität entwickeln können.
DOMRADIO.DE: Es kommen ja auch zum Beispiel muslimische Kinder in die katholischen Kitas. Wie funktioniert das?
Potthoff: Sicherlich könnte es da auch mal Konflikte geben. Meistens entscheiden sich auch muslimische Eltern ganz bewusst für eine katholische Kindertageseinrichtung. Sie erwarten da eine bestimmte Wertevermittlung von katholischen Trägern. Aber sie müssen natürlich ihre Kinder nicht an allen Angeboten teilnehmen lassen.
DOMRADIO.DE: Ich stelle es mir schwierig vor, wenn ein muslimischer Erzieher in eine Situation kommt, christliche Werte an muslimische Kinder weiterzugeben.
Potthoff: Dazu dienen ja die jeweiligen Bewerbungsgespräche und die Konzeption der Einrichtung. Und man muss sich vorher entscheiden. Wir haben auch bestimmte Fortbildungsangebote. In einer katholischen Kindertageseinrichtung hilft auch die Probezeit beiden Seiten, um herauszufinden, ob es funktioniert. Wir sind so offen. Wir können das anbieten. Wir können sagen, man muss nicht unbedingt katholisch sein. Aber man muss sich mit den Zielen der katholischen Kirche identifizieren und man muss an Aktionen und Gottesdiensten auch teilnehmen. Und wenn man das kann, wenn man diese Offenheit auch trotz eines anderen religiösen Hintergrundes für die Glaubensentwicklung von Kindern mitbringt, dann kann ich mir das sehr gut vorstellen.
Das Interview führte Verena Tröster.
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