Wie war es in der Familie Schönborn?

"Wir waren quasi eine Flüchtlingsfamilie"

Über den Kommunismus haben sie sich gestritten - aber sonst prächtig verstanden. Der Schauspieler Michael Schönborn hat ein gutes Verhältnis zu seinem Bruder Christoph Kardinal Schönborn, der an diesem Mittwoch 75 Jahre alt wird.

Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es sind Lebensbilder, die nicht unterschiedlicher sein können: Drei Brüder. Einer ist Fotograf, Sie sind Schauspieler, und Ihr Bruder Christoph ist Erzbischof von Wien geworden. Wie war das Familienleben früher bei den Schönborns?

Michael Schönborn (Schauspieler): Wir waren quasi eine Flüchtlingsfamilie. So muss man sich das vorstellen. Es war ja noch im Schatten des Zweiten Weltkrieges. Wir sind durch die Beneš-Dekrete (Dekret der tschechoslowakischen Exilregierung zur Besiedlungspolitik, Anm.d.Red.) aus Böhmen rausgeflogen. Es war sehr bedürftig, kann man sagen, und ein sehr schmales Leben, denn man war auf der Flucht.

DOMRADIO.DE: Wie war das Miteinander zwischen den Brüdern?

Schönborn: Sehr gut. Wir waren eigentlich immer gut zusammen. Ich bin der Jüngste und habe einen riesigen Abstand zu meinem ältesten Bruder. Den habe ich als kleines Kind nicht mehr so mitgekriegt, weil er ja schon aus dem Hause war. Aber mit meinem Bruder Christoph habe ich mich immer prächtig verstanden.

DOMRADIO.DE: Man sagt, Ihr Bruder Christoph hat schon früher ein geistliches Leben geführt. Er hat nach der Matura die Entscheidung getroffen, ins Kloster zu gehen. Was haben die Eltern dazu gesagt?

Schönborn: Das kann man so sagen. Ich weiß nicht, was mein Vater dazu gesagt hat. Ich habe meinen Vater nicht so mitgekriegt, weil meine Eltern da schon getrennt waren. Meine Mutter fand das im ersten Anlauf, glaube ich, ganz traurig. Ich erinnere mich noch, wie Christoph in der Nähe von Köln, in Walberberg, mit 18 Jahren ins Dominikanerkloster eingetreten ist. Wir sind damals aus Schruns in Vorarlberg, wo wir nach der Flucht gelandet waren, mit einem VW-Käfer nach Köln zur Weihe gefahren. Das war eine unglaubliche Reise.

Die Zeremonie war für mich als kleines Kind sehr beeindruckend. Aber es gibt in der Familie Schönborn auch eine gewisse Tradition an Kirchenmännern. Es gab schon mehrere Priester und auch Bischöfe in unserer Familie.

DOMRADIO.DE: In Kirchenkreisen gilt Ihr Bruder als Vermittler zwischen den verschiedenen politischen Positionen, zwischen Konservativen und Progressiven. Hat sich diese Vermittlerrolle auch in seiner Jugend gezeigt?

Schönborn: Es gab verschiedene Bewegungen, wie in jeder Biografie des Lebens. Von konservativ bis liberal. Wie das Leben so spielt, wird man im Alter vielleicht doch ein bisschen liberaler. Ich habe mich manchmal mit ihm über Positionen, vor allem über politische, gestritten – vor allem in Sturm- und Drangzeiten als Kind oder als Jugendlicher.

DOMRADIO.DE: Können Sie sich da noch an etwas erinnern?

Schönborn: Ja, der Kommunismus war für ihn damals ein Teufelsweg. Ich sah das eher als eine Idee von Christus, aber da hatten wir unterschiedliche Positionen.

DOMRADIO.DE: Ihr Bruder wurde 2005 und 2013 auch als möglicher Papstnachfolger gehandelt. Was hat Ihre Familie dazu gesagt? Was denkt man darüber, wenn so etwas durch die Schlagzeilen geht?

Schönborn: Da denkt man in erster Linie: Um Gottes Willen, lieber Herrgott, tu ihm das nicht an. Es ist eine unglaublich schwierige Aufgabe.

DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie Ihrem Bruder zum Geburtstag?

Schönborn: Ich wünsche ihm beste Gesundheit und vor allem wünsche ich ihm, dass er nach diesem unglaublich intensiven Arbeitsleben einen Weg findet, um zur Ruhe zu kommen und einen normalen bürgerlichen Alltag zu haben. 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
KNA