Kölner suchen nach neuen Ideen für Friedhöfe

"Wir wollen keine Friedhöfe schließen, sondern öffnen"

Umgerechnet gibt es in Köln rund 700 Fußballfelder Friedhof - eine riesige Fläche, die in ein paar Jahren nicht mehr für Gräber gebraucht wird. Da ist sich Manfred Kaune vom Grünflächenamt sicher. Gemeinsam mit Kölnern sucht er nach neuen Ideen.

Melaten - Kölns steinernes Geschichtsbuch 1 / © Robert Boecker (DR)
Melaten - Kölns steinernes Geschichtsbuch 1 / © Robert Boecker ( DR )

DOMRADIO.DE: Was hat Sie denn bewogen, diese Sache anzugehen, die Friedhofsnutzung zu überprüfen?

Manfred Kaune (Leiter des Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen): Alle Friedhofsträger stehen vor größeren Herausforderungen. Es gab in den letzten Jahren einen Trend vom Sarg zur Urne. Zum Vergleich: 1977 wurden noch 92 Prozent der Verstorbenen im Sarg bestattet. Heute sind es nur noch 35 Prozent. Damals machten die Urnenbestattung noch acht Prozent aus, heute bereits 65 Prozent.

Und dann ändern sich die Bestattungsformen. Man kann eine Urne auch im Ruhewald oder auf See bestatten. Das heißt für die Friedhöfe: mehr Flächen, sinkende Einnahmen. Um mit diesen Herausforderungen muss man als Kommune umgehen.

DOMRADIO.DE: Heißt das, weil wir im Grunde mehr Urnenbestattungen haben, brauchen wir weniger Fläche für Friedhöfe?

Kaune: So einfach ist das. Wir brauchen tatsächlich weniger Friedhofsfläche. Die Menschen verlängern auch nicht mehr ihre Grabstellen. Da ist dann tatsächlich sehr oft nach 25 Jahren Ende. Dann wird das Grab eingeebnet. Früher wurden die Gräber häufiger noch einmal um weitere 25 Jahre verlängert.

DOMRADIO.DE: Dann könnte man ja rein theoretisch sagen: Wir machen alle Friedhöfe einfach kleiner, wir halbieren sie oder nehmen ein Drittel weg und sagen: Hier ist jetzt ein Park.

Kaune: Ja, das ist die Alternative, die auch tatsächlich in einigen Gemeinden realisiert wird. Friedhöfe werden geschlossen oder gewisse Flächen herausparzelliert. Aber genau das wollen wir in Köln nicht. Wir wollen keine Friedhöfe schließen, sondern wir wollen sie öffnen.

DOMRADIO.DE: Jetzt haben Sie beziehungsweise Ihre Mitarbeiter Interviews geführt - unter anderem mit Angehörigen von Menschen, die auf dem Friedhof liegen, und mit Anliegern, die dort wohnen. Was haben Sie die Menschen gefragt?

Kaune: Wir wollen die zukünftige Nutzung mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren. Sie sollen dieses Kapitel des neuen Friedhofskonzepts schreiben. Und wir haben uns mit verschiedenen Nutzergruppen auf den Friedhöfen getroffen. Wir haben die Kölnerinnen und Kölner gefragt, was man sich denn noch vorstellen könnte, was auf einem Friedhof passieren kann..

DOMRADIO.DE: Gibt es da ein Trend?

Kaune: Es gibt auf jeden Fall schon mal ein Ergebnis - nämlich, dass ein Friedhof weiterhin ein Ort der Stille und Ruhe bleiben soll. Und dann gibt es über 300 verschiedene Vorschläge - vom Bücherschrank bis hin zu ökologischen Projekten. Damit haben wir auch teilweise schon angefangen. Da gibt es einen großen Wunsch, solche Nutzungen noch weiter auszudehnen.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist es ja in Köln so, dass wir den Ruf haben, eine Party-Stadt zu sein. Möglicherweise werden dann auch Sorgen laut, es könnte eine Cocktailbar neben dem Urnenbestattungen-Feld entstehen und das Rockkonzert in der Trauerhalle.

Kaune: Es ist ja bezeichnend, dass über 300 Vorschläge eingegangen sind und Vorschläge wie eine Cocktailbar und Co. gerade nicht dabei waren. Man geht schon sehr sensibel mit diesem Ort um. Wir haben gesagt, wir wollen Vorschläge hören. Aber für uns steht eigentlich fest: Die Friedhöfe sollen weiter Orte der Stille und der Ruhe bleiben. Es sind würdevolle Orte und da braucht man auch den nötigen Respekt, wenn man einen Friedhof besucht.

DOMRADIO.DE: Beim Auftakt der Kölner Friedhofswoche haben Kinder aus einer katholischen Grundschule etwa Gießkannen auf dem Friedhof bemalt. Es gibt Podiumsdiskussionen zum Beispiel mit der Oberbürgermeisterin im Historischen Rathaus. Dann gab es auch tatsächlich schon ein Theaterstück in der Trauerhalle auf dem Melaten-Friedhof in Köln. Ist das ein Austesten, was möglich ist?

Kaune: Also weniger ein Austesten. Erst mal wollen wir die Kölnerinnen und Kölner auf die Friedhöfe locken, damit sie diese besonderen Orte erleben. Und dann haben wir tatsächlich Veranstaltungen oder Formate ausgesucht, die man sich vielleicht auf einem Friedhof vorstellen kann. Dazu gehörte zum Beispiel das Theaterstück "Die Tochter des Machers." Das passte zum Thema.

DOMRADIO.DE: Arbeiten Sie mit den Kirchen zusammen?

Kaune: Ja, wir haben in Köln einen Arbeitskreis Friedhof. Da sind die Kirchen, aber auch die Bestatter, die Steinmetze und die Friedhofsgärtner vertreten. Dort diskutieren wir diese Themen.

DOMRADIO.DE: Sie nennen das Projekt "Zukunftskonzept Kulturraum Kölner Friedhöfe 2025". Heißt das, es soll erst 2025 fertig sein und umgesetzt sein?

Kaune: Wir haben uns einmal 2025 gedacht, weil es nicht so weit entfernt ist. Wir wollen schon etwas bewegen und wir wollen, dass 2025 vielleicht die Friedhöfe etwas anders aussehen. Wir hoffen, dass sie dann noch intensiver genutzt werden und auch die Funktionen außerhalb der Bestattung vielleicht nochmal ein bisschen verstärkt werden.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR