"Woche der Brüderlichkeit" eröffnet - Bundespräsident fordert Fortsetzung des jüdisch-christlichen Dialogs

"So viel Aufbruch war nie"

Bundespräsident Horst Köhler hat angesichts der Auseinandersetzungen um die Holocaust-Leugnung des Traditionalistenbischofs Richard Williamson die Erfolge des jüdisch-christlichen Dialogs gewürdigt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Enttäuschungen wegwischen, was im jüdisch-christlichen Dialog in Jahrzehnten erreicht worden ist", sagte Köhler am Sonntag bei der zentralen Eröffnung der "Woche der Brüderlichkeit" in Hamburg. Und Kardinal Lehmann betont "Es gibt kein Zurück im christlich-jüdischen Dialog".

Zentrale Eröffnungsfeier: Eva Luise Köhler, Bundespräsident Horst Köhler, Preisträger Professor Erich Zenger, Hamburgs Oberbürgermeister Ole von Beust und Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland (KNA)
Zentrale Eröffnungsfeier: Eva Luise Köhler, Bundespräsident Horst Köhler, Preisträger Professor Erich Zenger, Hamburgs Oberbürgermeister Ole von Beust und Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland / ( KNA )

Vor allem Juden seien verletzt worden «von einem Verirrten und Verblendeten, dem der Vatikan die Hand ausgestreckt hatte». Doch an der Einstellung des Papstes zum Holocaust habe nie ein Zweifel bestehen können. «Sie ist eindeutig», sagte Köhler.

Der Bundespräsident sagte, er sei dankbar «für die unmissverständlichen Signale des Dialogs, die es gab und gibt». Die vielen ermutigenden Zeichen in Gegenwart und Vergangenheit dürften nicht übersehen werden.

Nach der Rücknahme der Exkommunikation Williamsons und drei weiterer Bischöfe der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft durch Papst Benedikt XVI. hatten jüdische Organisationen zunächst mit einem Boykott der diesjährigen «Woche der Brüderlichkeit» gedroht. Sie wird seit 1952 vom Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit organisiert und steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten.

Köhler sagte bei der Feierstunde in Hamburg: «Antisemitismus und Antijudaismus haben bei uns keinen Platz und dürfen nirgendwo Platz haben.» Der Dialog müsse weitergehen, vielleicht helfe die «Woche der Brüderlichkeit», Fehler zu vergeben. «Nur gemeinsam können wir aus der schmerzlichen Lage wieder herausfinden und weiter am guten Miteinander bauen», sagte der Bundespräsident.

Lehmann: Es gibt kein Zurück im christlich-jüdischen Dialog
Für Kardinal Karl Lehmann gibt es kein Zurück im christlich-jüdischen Dialog. Auch im Zusammenhang der «unsäglichen Auseinandersetzung der letzten Wochen um den Antisemitismus in unserer Kirche» müsse der eingeschlagene Kurs der vergangenen 50 Jahre beibehalten werden, sagte der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag in Hamburg. Zu einem guten Miteinander von Christen und Juden gebe es keine Alternative, betonte Lehmann bei der Eröffnung der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit.

In seiner Laudatio würdigte der Mainzer Kardinal den diesjährigen Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille, Erich Zenger, als «mutigen Förderer des jüdisch-christlichen Dialogs». Der Ruf des katholischen Theologen Zenger beruhe vor allem auf seiner Fähigkeit, die Schriften des Alten Testamentes mit dem «ganzen heute möglichen Wissen im Blick auf ihre existenzielle, gesellschaftliche und kirchliche Bedeutung» eindrucksvoll zu erschließen.

«Gerade weil Erich Zenger immer überzeugt war, dass das Alte Testament kein vergangenes oder gar veraltetes Buch darstellt, hat er leidenschaftlich nicht nur die Gegenwartsbedeutung der ganzen Bibel betont, sondern sich auch um Rezeption und Integration der zeitgenössischen jüdischen Schriftauslegung bemüht», so Lehmann in seiner Laudatio.

Bei der zentralen Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit im Deutschen Schauspielhaus fand auch die traditionelle Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit statt. Der Preis erinnert an die jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929). An dem Festakt mit rund 1.100 Gästen nahmen unter anderen Bundespräsident Horst Köhler, die Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, und der Botschafter des Staates Israel in Deutschland, Yoram Ben-Zeev, teil.

Das Motto der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit «1949 - 2009: So viel Aufbruch war nie» gelte in allen Bereichen für den emeritierten Alttestamentler Zenger, sagte Lehmann. «Ich bin gewiss, dass das, was er in drei Jahrzehnten, gemeinsam mit vielen Weggefährten aus Christentum und Judentum auf- und ausgebaut hat, die alternativlose Richtung unseres Verhältnisses zueinander ist.»