Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat gerichtliche Schritte gegen den Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller eingestellt. Laut einer Mitteilung des Erzbistums Köln vom Donnerstag distanzierte sich Schüller zuvor von einer Berichterstattung der "Bild"-Zeitung, gegen die Woelki vor dem Landgericht Köln einstweilige Unterlassungen beantragt hat. Der Kirchenrechtler selbst hingegen wiederholte in einer Stellungnahme Teile der infrage stehenden Textstelle. Die "Bild"-Zeitung warf Woelki "juristische Tricks" und Ablenkung von "unbestrittenen Pflichtverletzungen" vor.
Schüller zählt zu den bekanntesten Kritikern des in die Vertrauenskrise geratenen Kardinals. "Bild" zitierte den Kirchenrechtler am 5. Juli in einem Artikel über Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Präsidenten des Kindermissionswerks "Die Sternsinger", Winfried Pilz (1940-2019). Darin berichtete die Zeitung, dass das Erzbistum Köln Vorwürfe gegen den bundesweit bekannten Geistlichen erst sehr spät an das Bistum Dresden-Meißen gemeldet hatte, wo Pilz seinen Ruhestand verbrachte.
Kirchenrechtler Schüller sagte damals laut "Bild", er sehe in dieser späten Meldung eine Dienstpflichtverletzung durch den Kardinal. Weiter schrieb die Zeitung: "Auch beim Motiv für Woelkis Dienstpflichtverletzung legt sich der Kirchenrechtler fest: 'Pilz stand wegen seiner Prominenz bei Woelki unter Denkmalschutz.'"
Nicht mit Fall Pilz befasst gewesen
Der Kardinal verwehrt sich laut Erzbistum gegen die Behauptung, er habe sich selbst mit der nicht erfolgten Meldung befasst und dazu eine eigene Entscheidung getroffen. Woelki habe nicht gewusst, dass die Informationsweitergabe versäumt worden sei. In dem Gerichtsverfahren versicherte er an Eides statt, dass er erst ab der vierten Juni-Woche 2022 mit dem Fall Pilz befasst gewesen sei.
Den Angaben des Erzbistums zufolge erklärte Schüller nun per eidesstattlicher Versicherung, dass er sich entgegen der "Bild"-Darstellung überhaupt nicht zu einem angeblichen Motiv von Woelki geäußert habe. Der Kardinal habe daher den Unterlassungsantrag gegen den Theologen zurückgenommen. Gegen "Bild" und ihren Reporter gehe er jedoch weiter juristisch vor.
Reaktion von Thomas Schüller
Schüllers Anwalt Oliver Stegmann betonte hingegen auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Der Satz von Professor Schüller ('Pilz stand wegen seiner Prominenz bei Woelki unter Denkmalschutz.') wurde von 'Bild' korrekt zitiert - und von Kardinal Woelki nicht isoliert angegriffen."
Für Schüller sei der Satz eine Erklärung für "die eklatanten Versäumnisse des Erzbistums", so der Anwalt weiter: "Viel entscheidender als die Frage, ob man das als 'Motiv' oder als 'Erklärung' umschreibt, ist etwas ganz anderes: Kardinal Woelki hat sich in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln auch nicht dagegen gewehrt, dass ihm von Professor Schüller 'eine klare Dienstpflichtverletzung' vorgeworfen wurde."
Mit der eidesstattlichen Versicherung reagiere der Kirchenrechtler auf "die abwegige Interpretation", Woelki habe sich persönlich mit dem Fall befasst und bewusst gegen eine Nachmeldung nach Dresden entschieden.
Bild: Verfahren noch nicht entschieden
Die "Bild"-Zeitung erklärte auf Anfrage der KNA, dass das Verfahren noch nicht entschieden sei. "Herr Professor Schüller hatte die in 'Bild' veröffentlichten Zitate sowohl isoliert als auch im Kontext der Geschichte freigegeben", sagte ein Sprecher. "Kardinal Woelki versucht weiter mit juristischen Tricks von unbestrittenen Pflichtverletzungen im Fall des Sternsinger-Chefs Winfried Pilz abzulenken."