ZdK-Präsident: Problemlagen nicht auf Religion übertragen

"Kultureller Sinn geht verloren"

Die christliche Kultur werde nicht beeinträchtigt durch Andersgläubige, die ihre Feste feiern. Eher dadurch, dass niemand mehr wisse, wofür der Karfreitag stehe, so der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Thomas Sternberg.

ZdK-Präsident, Thomas Sternberg / © Markus Nowak (KNA)
ZdK-Präsident, Thomas Sternberg / © Markus Nowak ( KNA )

Der Präsident des Zentralkomitees der deutsche Katholiken, Thomas Sternberg, sieht in der Zuwanderung von Muslimen keine Gefahr für die christliche Tradition in Deutschland. "Aber sehr viele Menschen, die sich selbst als säkular bezeichnen, fühlen sich in ihrer Identität hinterfragt, wenn sie plötzlich erleben, dass es Menschen mit ganz anderer kultureller und religiöser Prägung gibt", sagte er der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Samstag). Dadurch kämen Fragen nach der eigenen Identität auf. "Hier fürchten viele Europäer um ihre religiöse und kulturelle Prägung, obwohl sie sich nicht als Christen sehen", erklärte er.

Sinnleere der christlichen Feiertage nimmt zu

Die christliche Kultur werde jedoch nicht dadurch beeinträchtigt, dass Andersgläubige ihre Feste feierten und religiös seien, sagte Sternberg: "Sie wird dadurch beeinträchtigt, dass niemand mehr weiß, an was wir Christen an Christi Himmelfahrt oder an Karfreitag denken." So werde es in Deutschland immer schwieriger, Menschen davon zu überzeugen, dass es einen kulturellen Sinn habe, den Karfreitag als Ruhetag zu begehen.

Von der durch den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angefachten Debatte, ob der Islam zu Deutschland gehört, hält Sternberg nichts. "Wenn viele Muslime bei uns leben, ist der Islam natürlich auch ein Teil von Deutschland", sagte er. Die europäische Tradition sei reich an islamisch-christlichem Austausch. "Es beunruhigt mich sehr stark, dass versucht wird, Problemlagen auf eine Religion zu übertragen." Sternberg erinnerte an Pauschalurteile über Juden in der Vergangenheit. "Das hat es den Nazis ermöglicht, den Antisemitismus bis zum größten Verbrechen der Menschheit weiterzutreiben."


Quelle:
epd