DOMRADIO.DE: Was geben Sie den SPD-Mitgliedern für ihre entscheidende Abstimmung mit auf dem Weg?
Prof. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, ZdK): Ich denke man sollte sich sorgfältig ansehen, was tatsächlich hier erreicht worden ist. Wenn ein Koalitionsvertrag von links und rechts so kritisiert wird, dann scheint offensichtlich ein Kompromissergebnis gefunden worden zu sein. Außerdem: Was wäre denn, wenn die SPD nicht in eine Regierung eintritt? Dann würden viele Ideale der SPD sicher nicht durchgesetzt. Was in Neuwahlen möglich wäre, müsste man auch sehen. Nein, ich glaube ein erster Blick auf den Koalitionsvertrag zeigt, dass er besser ist, als sein Ruf.
DOMRADIO.DE: Erste Reaktionen gibt es auch von katholischer Seite. Bambergs Erzbischof Schick freut sich, dass Familien gestärkt werden sollen. Die Caritas hingegen kritisiert, dass eine Kindergeld-Erhöhung von 25 Euro, zum Beispiel, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei. Wie stehen Sie zu den Ergebnissen im Bereich der Familienpolitik?
Sternberg: Ich habe den Eindruck, dass die Familienpolitik in diesem Papier doch eine sehr wichtige Rolle gespielt hat, und dass beide Koalitionspartner gewillt sind, daran zu arbeiten, dass Kinder kein Armutsrisiko sind. Dass da immer mehr möglich ist, steht außer Frage. Wir sind im Grunde genommen mit dem Kapitel zur Familie durchaus zufrieden und einverstanden. Hier sind die richtigen Ansätze gemacht und werden die richtigen Schritte vorgenommen. Auch im Bereich Renten und Europa sind wir sehr zufrieden.
DOMRADIO.DE: Wie sieht es mit dem Kompromiss zum Familiennachzug aus? 1.000 Familienangehörige pro Monat.
Sternberg: Da haben wir unsere Schwierigkeiten mit. Unsere Position war und ist da eindeutig: Familien haben ein Recht darauf zusammenzukommen, auch bei den subsidiär Schutzberechtigten.
DOMRADIO.DE: Im Koalitionsvertrag heißt es „Die Koalitionäre wollen sich auf Basis der christlichen Prägung unseres Landes für ein gleichberechtigtes Miteinander in Vielfalt einsetzen.“ Das findet sicher Ihre Zustimmung, oder?
Sternberg: Das findet durchaus Zustimmung. Das heißt aber nicht, dass wir als Katholiken der Meinung wären, man müsse jetzt mit Macht eine katholische oder christliche Ausrichtung in der Politik durchsetzen. Nein, das heißt, dass es eine Verantwortung vor den christlichen Wertegrundlagen gibt, die in unserem Land und in Europa gelten und auch unser Grundgesetz prägen.
DOMRADIO.DE: Über die Ministerposten wird im Moment auch viel spekuliert und diskutiert. Ihr Kommentar?
Sternberg: Wir als ZdK freuen uns natürlich, dass unser Mitglied Julia Klöckner wahrscheinlich eine Rolle in der neuen Regierung spielen wird. Was ich durchaus bedauere ist, dass wir mit Thomas de Maizière einen engagierten evangelischen Christen aus der Regierung verlieren.
Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.