domradio.de: Mit dem Reformationsgedenken schwang zum Teil auf beiden Seiten die Hoffnung mit, dass man sich zwischen Protestanten und Katholiken vielleicht wieder mehr annähern könnte. Hat ein "bisschen" Annäherung denn geklappt?
Prof. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken/ZdK): Ja, da ist schon wirklich sehr viel passiert. Wenn wir uns noch einmal klarmachen, dass wir vor vier Jahren noch darüber nachgedacht haben, ob man das Ganze nun Jubiläum oder Gedenken nennt. Niemand hätte damit gerechnet, dass das Jahr so ökumenisch werden würde. Das sind nicht zu unterschätzende Zeichen, dass Kardinal Lehmann die Martin-Luther-Medaille gleich zum Auftakt bekommen hat, der Papst in Lund eine evangelische Bischöfin im Friedensgruß umarmte und wir im März den großen Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim gefeiert haben. Da ist sehr viel passiert - vor allem an Verständnis und gegenseitiger Willensbekundung, gemeinsam zu sein.
domradio.de: Sie haben in einem Grußwort bei der Synode gesagt, man solle die Gemeinsamkeiten der beiden Kirchen nicht bloß auf die Frage des gemeinsamen Abendmahls reduzieren. Was meinen Sie damit?
Sternberg: Es besteht die Gefahr, dass diese wichtige Frage alles andere überdeckt und man glaubt, nur allein diese Frage sei entscheidend. Ökumene geht natürlich noch viel weiter. Man kann sich gegenseitig einladen in die Gottesdienste. Bei öffentlichen Ereignissen sollten wir immer stärker gemeinsam auftreten, so wie das vor Ort übrigens auch meistens schon passiert. Vor Ort klappt die Ökumene ja eh am allerbesten. Dass wir politisch und bei sozialen Dingen gemeinsam auftreten, versteht sich geradezu schon von selbst.
domradio.de: Katholischerseits heißt es ja immer, das Eucharistie-Verständnis ist zu unterschiedlich. Wie sehen Sie das: Sind religiöse Auffassungen verhandelbar, so wie in einer politischen Koalition?
Sternberg: Wenn man einmal in dem Heft "Erinnerung heilen - Christus bezeugen" (ein gemeinsames Wort der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz, Anmerk. der Redaktion) nachliest, findet man, dass es in der Eucharistie-Theologie tatsächlich zwischen den Kirchen keine unüberbrückbaren Hürden gibt.
Zwischen Lutheranern und Reformierten gibt es noch eher Unterschiede als zwischen Katholiken und Lutheranern. Die Frage, um die es geht, ist die des Amtsverständnisses. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das Amtsverständnis wirklich mal eine Hürde darstellen sollte, um zu einer gegenseitigen Anerkennung von Sakramenten zu kommen.
Das Gespräch führte Verena Tröster.