ZdK-Vizepräsidentin sieht Aufbrüche nach Katholikentag

"Wir sind im Austausch"

Der Katholikentag ist zu Ende. Doch die Kirche ist es nicht, findet Claudia Nothelle. Die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Katholiken betont, dass sich Kirche verändern muss. Gleichzeitig sei man aber im guten Austausch.

Claudia Nothelle / © Julia Steinbrecht (KNA)
Claudia Nothelle / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie sieht Ihr Fazit zum Katholikentag in Erfurt aus? 

Claudia Nothelle (Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Das war ein sehr geglückter und ganz großartiger und schöner Katholikentag, der in der ganzen Stadt präsent war und wo wir mit vielen, vielen Menschen ins Gespräch gekommen sind. 

Claudia Nothelle

"Wir haben hier eine sehr offene und sehr gastfreundliche Stadt erfahren."

Hier sind Christen ja die Minderheit in Erfurt, in Thüringen. Sie machen vielleicht 25 Prozent in der Stadt aus, es gibt 75 Prozent Nichtgläubige, die keiner Religion zugehören. 

Und trotzdem haben wir hier eine sehr offene und sehr gastfreundliche Stadt erfahren und viele, viele gute Gespräche am Rande gehabt, aber auch große Podien in einer guten Gesprächskultur. 

DOMRADIO.DE: Was war das Entscheidende, dass der Katholikentag hier in Erfurt so gut funktioniert hat? 

Nothelle: Ich glaube, das ist wirklich diese wunderbare Stadt mit der tollen Architektur und den vielen Kirchen, die für den ökumenischen Geist geöffnet und genutzt worden sind. Wie viele schöne Veranstaltungen haben wir in den evangelischen Kirchen gehabt: Podien, Gottesdienste, Konzerte. Das war alles etwas, was wunderbar klappt hier. 

Helferinnen des 103. Deutschen Katholikentags blicken auf den Dom in Erfurt / © Hendrik Schmidt (dpa)
Helferinnen des 103. Deutschen Katholikentags blicken auf den Dom in Erfurt / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Und dann ist es eine Stadt, wo viel auf einem überschaubaren Raum stattfinden kann. Es geht viel zu Fuß. Der Domberg mit den Stufen ist natürlich der zentrale Ort und für einen Katholikentag eigentlich einer der schönsten Orte, den man sich vorstellen kann. 

DOMRADIO.DE: Kommen wir auf die Inhalte. Ganz viele Politiker waren dabei: die ganze komplette Riege der Bundesregierung, viele Politiker aus Opposition, Landespolitiker. Warum suchen Politiker den Kontakt zur Kirche Ihrer Ansicht nach? 

Nothelle: Wir haben mehrfach gehört – das hat auch der Bundespräsident bei der Eröffnung gesagt – "Wir brauchen Ihre Stimme, geben Sie nicht auf". Das ist etwas, was wir wahrnehmen. Wir suchen das Gespräch. Wir sind lange nicht immer einer Meinung mit den Politikern und Politikerinnen, aber wir sind im Austausch. Und es gibt durchaus ein Interesse daran, mit uns in den Austausch, in die Debatte zu kommen. 

Claudia Nothelle

"Es gibt durchaus ein Interesse daran, mit uns in den Austausch, in die Debatte zu kommen."

Es wird auch wahrgenommen, was all die Christinnen und Christen in der Gesellschaft tun und ehrenamtlich leisten, aber auch in Caritas und in der Diakonie, in all den Institutionen, in denen wir unterwegs sind. 

Und es ist ein interessanter Ort, wo Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen – jung und alt, rechts und links, reich und arm – sich sammeln und miteinander debattieren. Und ich glaube tatsächlich, dass das auch für Politikerinnen und Politiker interessant ist. 

DOMRADIO.DE: Der Bundespräsident hat neben dem Loblied an die Kirche an die Notwendigkeit der Erneuerung erinnert, damit man nicht völlig bedeutungslos wird. Ist das Ihrer Ansicht nach ein Punkt? 

Nothelle: Ja, das ist extrem notwendig. In der Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung sagten über 90 Prozent der Befragten, dass sie sich Reformen in der katholischen Kirche wünschen. Wir brauchen eine Veränderung. Wir müssen glaubwürdiger werden. 

Claudia Nothelle

"Wir müssen unsere Kirche so gestalten, dass wir wahrnehmbar sind."

Wir müssen unsere Kirche so gestalten, dass wir wahrnehmbar sind und dass klar ist, wie mit Macht umgegangen wird und dass das, was wirklich die zentrale Botschaft ist, wieder durchscheinen kann. Ja, das ist unbedingt notwendig. 

Und das ist ein mühsamer Prozess. Der ist nicht leicht, das muss auch ausgerungen werden. Aber es muss weitergehen und es muss sich bewegen. 

DOMRADIO.DE: Es muss weitergehen ist das Stichwort. Es wird weitergehen in Würzburg. Wenn wir nach vorne schauen – sind Sie optimistisch? 

Nothelle: Absolut. Ich freue mich auf Würzburg in zwei Jahren. Das ist ja was Großartiges am Katholikentag. Man lernt immer eine andere Stadt, eine andere Region kennen. 

In jeder Stadt, in jedem Ort, wo wir sind, sind, ist der Katholizismus ja auch anders aufgestellt. Da sind die Menschen anders, es gibt andere Schwerpunkte. Und das ist das Tolle. So schön es hier in Erfurt ist, wir freuen uns schon auf Würzburg in zwei Jahren. 

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen. 

Katholikentage

Deutsche Katholikentage sind Treffen, bei denen sich die Kirche mit ihren Verbänden und Institutionen über mehrere Tage der Öffentlichkeit präsentiert. Sie finden in der Regel alle zwei Jahre in wechselnden Städten statt.

Bei Katholikentagen diskutieren zehntausende Christen über kirchliche und gesellschaftspolitische Themen und feiern Gottesdienste. Veranstalter ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK); Gastgeber ist die jeweilige Diözese des Austragungsortes.

Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle (epd)
Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle ( epd )
Quelle:
DR