DOMRADIO.DE: Der 101. Deutsche Katholikentag geht zu Ende. Ihre persönliche Bilanz?
Dr. Stefan Vesper (Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken): Für mich bleibt vor allem sehr viel persönliche Begegnung. Ich habe hier dichte, erfüllte und auch fröhliche Tage erlebt, die auch lehrreich waren. Eindrucksvolle Tage. Ich denke an unsere Erzählkirche, in der Menschen mit besonderen Erfahrungen vom Frieden erzählt haben. Dort habe ich auch bedrückendes gehört, zum Beispiel, als jemand über seine christlich-jüdische Geschichte gesprochen hat. Der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, der mit einem Messer bedroht worden ist, war da. Auch die Gedenkstunde für Kardinal Lehmann ging mir sehr nahe.
DOMRADIO.DE: Erstmals war mit Volker Münz auch ein AfD-Politiker auf dem Katholikentag eingeladen. Das ZdK wird von verschiedenen Seiten dafür kritisiert, damit Rechtspopulisten eine Bühne bereitet zu haben. Wie reagieren Sie als Veranstalter darauf?
Vesper: Ich finde es gut, dass diese Veranstaltung stattgefunden hat. Es ist ganz normal, dass man kritisiert wird. Trotzdem ist es die Aufgabe einer Organisation wie dem ZdK zu klären, was sie für richtig hält. Wir haben für richtig gehalten, wenn wir über das Verhältnis von Staat und Kirche sprechen, mit allen Bundestagsparteien sprechen, auch mit der AfD. Die Veranstaltung ist gut gelaufen, obwohl sie am Anfang gestört wurde. Die Störer wurden in den Dialog eingenommen und haben sich auch darauf eingelassen. Ich muss dazu sagen, dass die ganz klare Abgrenzung des Zentralkomitees und aller Katholiken, die ich kenne, auch hier wieder deutlich geworden ist. Es ist wichtig, in so einer Zeit, in der die Menschen verunsichert sind und so eine Partei wie die AfD wählen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Davon bin ich überzeugt. Wir stehen vor der gesellschaftlichen Großaufgabe, diese Wähler wieder zurück zu gewinnen. Dazu muss auch die Kirche ihren Beitrag leisten, indem sie die Sorgen der Menschen anspricht und vielleicht die eine oder andere Sorge auch beheben kann.
DOMRADIO.DE: Dabei wird die politische Ausrichtung des Katholikentages auch von kirchlicher Seite kritisiert. Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer sagt, politische Forderungen, zum Beispiel nach einer Kommunion für evangelische Ehepartner, gehören nicht auf einen Katholikentag. Eine berechtigte Kritik?
Vesper: Das Auseinandernehmen von Glaube und Welt ist aus meiner Sicht falsch. Bischof Voderholzer sagt, dass der Begriff "Laien" uns so klein macht, wir sollen uns lieber "Weltchristen" nennen. Diese Argumentation kenne ich seit vier Jahren, seit wir auch den Katholikentag in Regensburg mit ihm erfolgreich durchgeführt haben. Ich halte diese Argumentation nicht für richtig. Wir sind als katholische Christen mitten in der Welt und mitten in unserer Kirche. Darum müssen wir genau so über Familie, Familienpolitik, Lebensschutz, Eine Welt, Klimawandel sprechen, wie über die Situation in den Gemeinden oder die Glaubensvermittlung, wie auch über den Diakonat der Frau, die Ökumene und andere Fragen. Das gehört alles zusammen und hat alles in Münster intensiv stattgefunden.
DOMRADIO.DE: Was wird bleiben vom Katholikentag in Münster?
Vesper: Münster war ganz besonders. Es war ein großer und starker Katholikentag, obwohl wir mit solchen Aussagen immer ganz vorsichtig sind. Große Zahlen heißen nicht, dass dieser Katholikentag besser war als der in Leipzig, Regensburg oder Mannheim. Das muss man immer im jeweiligen Kontext sehen. Münster war von einer besonderen Wucht, das haben wir an verschiedenen Stellen gemerkt. Die Anreise der Gäste am ersten Tag läuft in der Regel eher langsam, in Münster waren sie sofort alle da. Die Foren waren groß besucht, viele Räume waren überfüllt. Das wäre der einzige Kritikpunkt, dass Leute wegen Überfüllung teilweise gar nicht rein gekommen sind. Es bleibt eine klare Entscheidung der Katholiken, dass sie den Frieden weltweit, gesellschaftlich und in der Kirche fördern wollen, und dass sie auch in der persönlichen Friedenssuche ihren Glauben nutzen um Hoffnung und Zuversicht zu finden.
Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.