Zollitsch beklagt Differenzen der Kirchen bei Stammzelldebatte

Gesellschaft, Parlament und Kirchen gespalten

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, beklagt Differenzen von evangelischer und katholischer Kirche bei ethischen Fragen. Er bedauere sehr, dass die beiden großen Kirchen bei der Stichtagsregelung in der Stammzelldebatte "nicht mit einer Stimme sprechen", sagte Zollitsch in einem Gespräch mit dem "Rheinischen Merkur" in Bonn. Umso mehr Respekt habe er vor Politikern, "die sagen und auch dazu stehen, dass der Mensch von der Verschmelzung von Ei und Samenzelle an Mensch ist". Alles andere führe zu Willkür, so der Freiburger Erzbischof.

 (DR)

Auch der katholische Moraltheologe Johannes Reiter beklagte mit Blick auf die Position des evangelischen Berliner Bischofs Wolfgang Huber zur Stichtagsregelung Irritationen über ethische Fragen. Das dürfe aber nicht dazu führen, Hubers Äußerungen auch über das katholische Lehramt als Aufkündigung oder Ende ökumenischer Gemeinsamkeiten in Fragen der Biomedizin zu werten, schreibt Reiter in einem vorab veröffentlichten Beitrag für die in Freiburg erscheinende Zeitschrift "Herder-Korrespondenz". Die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Kirchen seien "nach wie vor groß". Allerdings scheine ihm in der evangelischen Theologie ein Verständnis von ethischem Konflikt und Kompromiss vorzuliegen, das mit der katholischen Auffassung nicht deckungsgleich sei.

Meisner: Warnung vor schwarzem Tag für den Lebensschutz
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte am Dienstag an die Bundestagsabgeordneten appelliert, jede Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen zu verbieten. Das sei "der einzige Weg, um das Unrecht gegen Würde und Leben embryonaler Menschen zu beenden", heißt es in einem am in Köln veröffentlichten Appell des Erzbischofs im Vorfeld der Bundestagsentscheidung über eine Liberalisierung des Stammzellgesetzes.

Von den Politikern hänge es ab, "ob der 11. April zu einem schwarzen Tag für den Lebensschutz in Deutschland wird oder ob er einen Gewinn für die Menschenwürde der Schwächsten und Wehrlosen bringt".

Die Angeordneten müssten ihre Gewissensentscheidung "an der höchsten und wichtigsten Norm des Grundgesetzes ausrichten: Die Würde des Menschen ist unantastbar", so der Kardinal. Leben beginne nach christlichem Menschenbild mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Von dem Zeitpunkt an verbiete es sich, den Menschen "als bloßes Zellenmaterial zu benutzen". Kein medizinischer oder wissenschaftlicher Zweck erlaube es, von dieser Norm eine Ausnahme zu machen.

Am 11. April soll der Bundestag über eine Novellierung des Stammzellgesetzes von 2002 entscheiden. Diskutiert wird eine "einmalige" Verschiebung oder die völlige Aufhebung des Stichtags. Derzeit ist in engen Grenzen nur die Forschung an embryonalen Stammzellen erlaubt, die vor Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden. Die katholische Kirche lehnt eine Liberalisierung ab. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hält hingegen eine einmalige Verschiebung des Stichtags für vertretbar.

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