Zugverspätung bremst Fastenpredigt von Becquart im Speyerer Dom aus

Text in Abwesenheit verlesen

Sie gilt als einflussreiche Kirchenfrau. Nathalie Becquart spielte bei der Weltsynode im Vatikan eine wichtige Rolle. Weil ihr Zug nicht rechtzeitig ankam, konnte ihre Fastenpredigt im Speyerer Dom nur vorgelesen werden.

Autor/in:
Norbert Demuth
Schwester Nathalie Becquart (m.), Untersekretärin der Bischofssynode, bekleidet eine Führungsposition im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Schwester Nathalie Becquart (m.), Untersekretärin der Bischofssynode, bekleidet eine Führungsposition im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Sie war vom Bistum Speyer als "Kirchenfrau mit mächtiger Stimme" angekündigt worden. Das US-amerikanische "Forbes"-Magazin hatte sie 2024 unter die 50 mächtigsten Frauen der Welt gewählt. 

Doch gegen Bahnverspätungen ist auch Nathalie Becquart, französische Ordensschwester und hochrangige Vatikan-Mitarbeiterin, machtlos. Ihre Fastenpredigt im Speyerer Dom am Donnerstagabend um 19.30 Uhr konnte sie deshalb nicht selbst halten.

Speyerer Dom / © Julia Steinbrecht/KNA (KNA)

"Schwester Nathalie sitzt im Zug fest, mit erheblicher Verspätung", sagte Domdekan Christoph Kohl vor mehr als 100 Zuhörern im Dom und den mehreren Dutzend Zuschauern im Livestream auf Youtube. 

Becquart habe am Donnerstagvormittag noch einen Termin in Innsbruck an der Katholischen Fakultät gehabt, sei in den Zug gestiegen, und dann sei es "zu den fast schon üblichen Komplikationen" gekommen, erläuterte der Domdekan. Er las dann die Fastenpredigt Becquarts vor, die sie ihm vorab geschickt hatte.

"Welt von Turbulenzen durchzogen"

Ihr Thema hätte auch zum Bahnchaos passen könnten: Becquart mahnte Christen dazu, trotz Widrigkeiten die Hoffnung nicht aufzugeben. Man lebe "in unruhigen Zeiten", hieß es in der Fastenpredigt der 56-jährigen Theologin weiter. "Wir gehen gemeinsam durch eine Welt, die von vielen Turbulenzen durchzogen ist: Ökologische Krisen, soziale Spannungen, Kriege, wirtschaftliche Unsicherheiten, die die Grundlagen unserer Gesellschaften und manchmal sogar unseres Glaubens erschüttern." Dennoch dürfe man etwa einem "ökologischen Fatalismus" nicht nachgeben.

In einem Europa, das heute von Unsicherheit und Zukunftsangst geprägt sei, sei der christliche Glaube wie ein Anker für Seeleute, so Becquart. Christliche Hoffnung sei keine Flucht aus der Welt, "keine Projektion unserer Wünsche" und kein bloßer Optimismus. Denn Optimismus hänge von den Umständen ab, "während Hoffnung auch in der Dunkelheit bestehen bleibt". Diese Hoffnung laute, "dass das Leben immer stärker ist als der Tod".

Christliche Hoffnung als "kühne Tugend"

Am 6. Februar 2021 war Becquart von Papst Franziskus zur Untersekretärin im Generalsekretariat der Weltsynode berufen worden.

Mit ihrer Ernennung erhielt sie damit qua Amt volles Stimmrecht in der Weltsynode - als erste Frau überhaupt. In ihrer Fastenpredigt zitierte sie abschließend aus dem Schlussdokument der Weltsynode: Die christliche Hoffnung sei "eine kühne Tugend, die uns drängt, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken". Becquart ist Schwester des Ordensinstituts La Xavière.

Fastenpredigten prominenter Personen im Speyerer Dom haben Tradition: 2024 waren der - am 1. Februar 2025 verstorbene - frühere Bundespräsident Horst Köhler und ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten der Einladung zu Fastenpredigten in den Speyerer Dom gefolgt.

Köhler mahnte Putin in Fastenpredigt

Köhler hatte in seiner Fastenpredigt im März 2024 den russischen Präsidenten Wladimir Putin flehentlich zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine und zu Friedensverhandlungen aufgefordert. Köhler sagte: "Präsident Putin möchte ich von diesem Gotteshaus zurufen: Gehen Sie nicht weiter auf dem eingeschlagenen Weg! Hören Sie die zum Himmel schreiende Stimme des vergossenen Blutes, auch aus Ihrem Volk!"

Horst Köhler hält eine Fastenpredigt im Speyerer Dom (Bistum Speyer)

Köhler forderte Putin weiterhin auf: "Werden Sie Ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen gerecht!"

Tradition seit dem 5. Jahrhundert

Fastenpredigten haben in der katholischen Kirche eine bis in das 5. Jahrhundert zurückreichende Tradition. In früherer Zeit dienten sie auch der Vorbereitung der Taufbewerber auf den Empfang der Taufe in der Osternacht. "Heute sollen sie, entsprechend dem Sinn der österlichen Bußzeit, den Glauben der Zuhörer intensivieren und sie dabei unterstützen, ihr Leben am Evangelium zu orientieren", erläuterte das Bistum Speyer.

Becquart schaffte es auch bis zum Ende der Andacht nicht in den Speyerer Dom. Domdekan Kohl sagte in seinem Schlusswort: "Gern hätte ich natürlich Schwester Nathalie persönlich gehört und ihr persönlich gedankt. Das werde ich nachher tun, wenn sie dann doch noch in Speyer eintrudelt."

Bistum Speyer

Das Bistum Speyer ist eine der ältesten deutschen Diözesen. Das Bistum zählt 436.850 Katholiken und erstreckt sich auf einer Fläche von 5.893 Quadratkilometern. Es umfasst die Pfalz im Bundesland Rheinland-Pfalz und den Saarpfalz-Kreis im Saarland. In seinen heutigen Grenzen besteht das Bistum seit 1817. 

Blick auf den Kaiserdom in Speyer / © Frank Rumpenhorst (dpa)