Die US-Bischöfe schlagen Alarm. Wenn das Gleichstellungsgesetz komme, würden "Menschen des Glaubens diskriminiert", schrieben fünf Ausschussvorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Ende Februar an die Mitglieder des US-Kongresses. Der "Equality Act" verwische die Unterschiede zwischen Mann und Frau, weiche deshalb vom Menschenbild Gottes ab und deute das biologische Geschlecht in eine "soziokulturelle Rolle" um, so ihre Kritik.
"Equality Act"
Der als Ergänzung des Bürgerrechtsgesetzes von 1964 abgefasste "Equality Act" hätte zur Folge, dass auch Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität ausdrücklich verboten wird. Nimmt das Gesetz nach der Zustimmung im Repräsentantenhaus nun auch die Senatshürde, kann es mit der Unterschrift von US-Präsident Joe Biden landesweit in Kraft treten.
Aus Sicht der LGBTQ-Lobbyorganisation "Human Rights Campaign" wäre die Regelung ein großer Fortschritt, da Schwule, Lesben und Transgender in 27 Bundesstaaten nicht vor Jobverlust oder Ablehnung bei Vermietern oder Immobilienverkäufen geschützt sind.
Unterschiedliche Perspektive
Der Moraltheologe am katholischen Mount St. Mary's Seminary, Kenneth Craycraft, sieht wie die Bischöfe die Gläubigen als Opfer. Der "Equality Act" ist für ihn eine Attacke auf die Biologie und ein Angriff auf die Religionsfreiheit. In diesem Sinne argumentiert auch der Juraprofessor an der Universität von Virginia, Douglas Laycock. Das Gesetz schütze "die Rechte der einen Seite, aber versucht, die Rechte der anderen Seite zu zerstören".
Doch nicht alle katholischen Wortführer machen Front gegen den "Equality Act". Schwester Simone Campbell, Leiterin des katholischen Sozialdienstes Network, hält das Gesetz für konform mit der katholischen Lehre. "Wenn alle willkommen sind, müssen alle geschützt werden", erklärt sie. Unterstützung für ihre Argumentation erhielt Campbell zuletzt auch von jüdischen und muslimischen Religionsführern.
Evangelikale gegen Gesetzesvorhaben
Einheitlicher fällt der Tenor im evangelikalen Lager aus. Pastor Franklin Graham nannte das Gesetzesvorhaben "sehr gefährlich". Der TV-Evangelist Pat Robertson rief schon 2019 seinem Publikum zu: "Wenn ihr das Gericht Gottes über diese Nation bringen wollt, dann macht weiter so".
Russell Moore, Leiter der Southern Baptist Ethics & Religious Liberty Commission (ERLC), meint, der "Equality Act" bestrafe glaubensbasierte Wohltätigkeitsorganisationen für ihre zentralen religiösen Überzeugungen. "Zu unseren Lebzeiten hat es keinen so bedeutenden Angriff auf die Religionsfreiheit gegeben", so der Präsident der Southern Baptist Convention, J.D. Greear.
Das Gleichstellungsgesetz nahm im Mai 2019 schon einmal die Hürde im Repräsentantenhaus, scheiterte dann aber im Senat, wo die republikanische Mehrheit das Gesetz nicht aufgriff. Der damalige Präsident Donald Trump hatte gedroht, sein Veto einzulegen, sollte es jemals zur Unterschrift auf seinem Tisch landen.
Chancen auf Umsetzung?
Unter Biden haben sich die politischen Chancen für einen Durchbruch verändert. Er hat das Gesetz zur Priorität erklärt. Zwar ist die Hürde für den "Act" im Senat hoch, denn 60 von 100 Stimmen braucht das Gesetz, und die Demokraten verfügen nur über 50 Stimmen. Aber einige gemäßigte republikanische Senatoren haben Zustimmung signalisiert.
Unter der Bedingung von Nachbesserungen wäre auch der republikanische Senator von Utah, Mitt Romney, für die Regelung. Der Mormone fordert einen starken Schutz religiöser Freiheiten ein. Bei einem Fahrplan für einen Kompromiss könnte es um Details gehen - wie die vor Gericht entschiedene Frage, ob es etwa Konditoren gestattet wird, unter Verweis auf ihre religiösen Rechte Torten für LGBTQ-Paare zu verweigern.
Während die katholischen Bischöfe und die Evangelikalen mobil machen, sieht die große Mehrheit der Amerikaner laut der "Werte"-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts PRRI das Thema als wenig bedrohlich an. Acht von zehn Befragte plädierten bei der Erhebung aus dem vergangenen Jahr für einen Schutz von LGBTQ-Personen vor Diskriminierung im öffentlichen Leben.