Seit 100 Jahren haben Frauen in Deutschland das Wahlrecht. Rund 70 Jahre lang hatten sie zuvor dafür gekämpft. Am 12. November 1918 veröffentlichte der Rat der Volksbeauftragten in Berlin einen Aufruf an das deutsche Volk, in dem das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für alle Männer und Frauen über 20 Jahren im Deutschen Reich proklamiert wurde.
Es wurde am 30. November in die Verordnung über die Wahl zur verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung aufgenommen. In Artikel 109, Absatz 2, der Weimarer Verfassung hieß es später: "Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich. Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten." Auch für Männer gilt erst seitdem ein allgemeines, gleiches Wahlrecht, das nicht mehr nach Klassenzugehörigkeit gewichtet wird.
Erstmals zu den Urnen gerufen waren Frauen bei der Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung im Januar 1919. 82 Prozent der Wählerinnen beteiligten sich. Unter den gewählten 423 Abgeordneten Gewählt waren 37 Frauen, ein Anteil von knapp neun Prozent. Vier weibliche Abgeordnete rückten später nach. Der Frauenanteil war der bis dahin höchste, der weltweit in einem Parlament erreicht worden war.
Während des Nationalsozialismus wurde Frauen das passive Wahlrecht wieder entzogen. Sie durften zwar noch wählen, aber nicht mehr kandidieren. In Europa waren Finnland, Norwegen und Dänemark mit der Einführung des Frauenwahlrechts 1906, 1913 und 1915 die Vorreiter. Die Schweiz und Liechtenstein waren 1971 und 1984 die letzten europäischen Staaten. (epd)