Papst beendet Armenien-Reise mit Appell zur Aussöhnung

Friedenstauben Richtung Türkei

Mit einem symbolischen Appell zur Versöhnung zwischen Armeniern und Türken hat Papst Franziskus seine dreitägige Armenien-Reise beendet. Im Kloster Khor Virap ließ er mit dem Katholikos Karekin II. zwei weiße Friedenstauben aufsteigen.

Friedenstauben vor dem Ararat / © L'osservatore Romano (dpa)
Friedenstauben vor dem Ararat / © L'osservatore Romano ( dpa )

Sie wurden in Richtung des Bergs Ararat in die Freiheit entlassen, der auf türkischem Gebiet liegt. Das Kloster Khor Virap befindet sich unweit der armenischen Hauptstadt Eriwan und in Sichtweite der türkischen Grenzanlangen am Fuß des Ararat. Die Türkei hält die Grenze zu Armenien seit 1993 geschlossen.

Grenzverlauf nicht anerkannt

Armenien erkennt den 1923 festgelegten Grenzverlauf mit der Türkei bis heute nicht an. Diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Staaten gibt es nicht. Der Verhältnis wird durch die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich belastet, die von der Türkei nicht als Völkermord anerkannt werden. Hinzu kommt der Konflikt um die Region Berg-Karabach, in dem die Türkei Aserbaidschan unterstützt. Das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet liegt auf aserbeidschanischem Boden und wird von Armenien besetzt gehalten.

Arche Noah gestrandet

Am Berg Ararat soll der biblischen Überlieferung nach die Arche Noah nach der Sintflut gestrandet sein. Das Kloster ist mit dem Nationalheiligen Gregor dem Erleuchter verbunden, der vermutlich im Jahr 301 den armenischen König Trdat III. taufte und damit als Gründer der armenisch-apostolischen Kirche gilt. Khor Virap bedeutet soviel wie "tiefes Verlies". Der Überlieferung zufolge wurde Gregor dort 13 Jahre in einem Brunnenschacht gefangen gehalten, weil er sich weigerte, dem Kult des damals noch heidnischen Trdat III. zu folgen.

Gemeinsame Erklärung zur Flüchtlingshilfe

In einer gemeinsamen Erklärung, die die beiden Kirchenführer in Etschmiadzin unterzeichneten, rufen sie ihre Gläubigen auch zu Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge auf. Flucht und Gewalt gegen Minderheiten waren ein durchgängiges Thema der am Freitag begonnenen Reise von Franziskus.

Tragödie unschuldiger Menschen

Der Papst und der Katholikos beklagen in dem Dokument eine "Tragödie zahlloser unschuldiger Menschen, die getötet, vertrieben oder durch andauernde ethnische, wirtschaftliche, politische oder religiöse Konflikte im Nahen Osten und in anderen Teilen der Welt in ein schmerzliches und ungewisses Exil gezwungen werden". Für viele Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten sei "das Leiden für den eigenen Glauben zur täglichen Realität geworden".

"Ökumene des Blutes"

Die beiden Oberhäupter sprechen von einer "'Ökumene des Blutes, die historischen Trennungen zwischen Christen übersteigt und uns alle aufruft, die sichtbare Einheit der Jünger Christi zu fördern". An die Regierenden appellieren sie, "auf das Flehen von Millionen von Menschen zu hören, die sich nach Frieden und Gerechtigkeit in der Welt sehnen". Es seien Menschen, "die dringend Brot brauchen, nicht Waffen".

Respekt vor religiösen Unterschieden

Rechtfertigung von Gewalt mit religiösen Motiven weisen Franziskus und Karekin II. ab. Respekt vor religiösen Unterschieden sei Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien und Glaubensgemeinschaften. Ihre eigenen Gläubigen mahnen sie, "ihre Herzen und ihre Hände den Opfern von Krieg und Terrorismus, den Flüchtlingen und ihren Familien zu öffnen". Von der internationalen Gemeinschaft verlangen sie größere Anstrengungen zum Schutz von Rechtsstaatlichkeit und religiösen und ethnischen Minderheiten sowie im Kampf gegen Menschenhandel.

Gemeinsames Friedensgebet

Bereits am Samstag hatte der Papst während eines ökumenischen Friedensgebets in der Hauptstadt Eriwan zur Versöhnung zwischen Armeniern und Türken aufgerufen. Der Besuch von Khor Virap war der letzte Programmpunkt der dreitägigen Armenine-Reise von Papst Franziskus. Von dort aus begab er sich zum Flughafen von Eriwan. Dort wurde von Staatspräsident Sersch Sargsjan und Katholikos Karekin II., verabschiedet. Zuvor trafen sich der Papst und Sargsjan zu einer kurzen als "privat" deklarierten Begegnung in einem Saal des Flughafengebäudes.

Kritik aus der Türkei

Aus der Türkei kam derweil deutliche Kritik an der Armenienreise des Papstes. Türkische Medien griffen dies sogleich auf. Vize-Ministerpräsident Nurettin Canikli warf Franziskus eine "Kreuzzugmentalität" vor. Vatikansprecher Federico Lombardi wies das zurück. "Der Papst versucht nicht Kriege zu organisieren, sondern Frieden zu schaffen." Das Internationale Auschwitz Komitee, in dem sich Überlebende der NS-Konzentrationslager zusammengeschlossen haben, dankte dem Papst für seine Äußerungen. "Er richtet seine Blicke nicht nur auf das Elend der Flüchtlinge unserer Tage sondern er lenkt auch die
Aufmerksamkeit der Welt hin zu jenen, die - wie wir und die Armenier - unter Völkermord und Haß leiden mussten", so Komitee-Präsident Roman Kent. Franziskus will in wenigen Wochen Auschwitz besuchen.

 

Quelle:
KNA